Sündige Seide: Roman (German Edition)
worden. Er konnte das nicht länger dulden.
Als wäre das noch nicht genug, verkündete die zweite Schlagzeile, daß Claire Laurent den Mord an Jackson Wilde gestanden hatte. Warum in Gottes Namen sollte Claire einen Mord gestehen? Das war lachhaft. Und noch dazu gelogen. Vergeblich hatte er sie zu erreichen versucht, um eine Erklärung zu bekommen. Bei French Silk ging niemand ans Telefon.
Die ganze Welt schien durchgedreht zu sein. Er allein bewahrte in all dem Wahnsinn einen klaren Kopf. Um diese entsetzlichen Irrtümer aufzuklären, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit Mr. Cassidy in Verbindung zu setzen.
»Hallo? Sind Sie noch dran?«
»Ja«, antwortete Andre eifrig. »Können Sie mir Mr. Cassidys Privatnummer geben?«
»Tut mir leid, nein. Man hat mir gesagt, er ist schon gegangen und kommt erst morgen früh wieder; wahrscheinlich wird er dann eine Erklärung abgeben.«
»Ich bin kein Reporter.«
»Natürlich nicht.«
»Ich schwöre es.«
»Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen die Telefonnummer eines Detectives, der mit Cassidy zusammenarbeitet. Howard Glenn heißt er.«
Andre erinnerte sich an den widerwärtigen Grobian, der am Morgen nach dem Mord in seinem Hotel herumgeschnüffelt hatte. »Ich werde nur mit Mr. Cassidy sprechen.«
»Wie Sie wollen, Kumpel.«
Der Polizist legte auf; Andre fühlte sich hilflos und überdreht. Fieberhaft überlegte er, was er tun sollte. Auf seine Arbeit konnte er sich nicht konzentrieren. Zum ersten Mal seit seiner Beförderung zum Nachtmanager vernachlässigte er seine Pflichten und seine Gäste. Warum ging bei French Silk niemand ans Telefon? Wo war Claire? Wo war Mr. Cassidy?
Und falls er ihn doch noch erreichte, würde er es schaffen, ihm zu verraten, was ihm auf dem Herzen lag?
Kapitel 31
Von Cassidys Wagen aus rief Claire ihre Mutter in Harrys Haus an. Vorerst war Mary Catherine in Sicherheit. Cassidy hatte Crowder nicht erreicht und machte sich deswegen Sorgen.
»Ruf doch diesen Detective an, mit dem du zusammengearbeitet hast«, schlug Claire vor, nachdem sie eine Litanei von Flüchen zu hören bekommen hatte.
»Nein. Ich weiß, was er von mir verlangen würde.«
»Mich in Handschellen vorzuführen?«
»So in etwa.« Cassidy schüttelte den Kopf. »Ich muß unbedingt erst mit Tony sprechen. Vorher bringe ich dich nicht zurück.«
So war ihr noch eine Nacht Aufschub gewährt worden. Sie waren in Tante Laurels Haus zurückgekehrt. Nachdem sie aufgegessen hatten, was sie sich in Mr. Thibodeaux’ Café gekauft hatten, zog sich Claire erschöpft in ihr Zimmer im ersten Stock zurück. Sie entkleidete sich und hängte ihre Kleider in den Schrank, in dem immer noch ein paar uralte Sachen hingen. Jetzt spritzte sie sich Wasser aus dem freistehenden Waschbekken ins Gesicht und über ihren Hals.
Das Bad sah noch genauso aus wie damals, als sie aus Tante Laurels Haus ausgezogen war. Sie hatte sich in ihrem neuen Apartment ein Art-déco-Bad einbauen lassen, aber sie liebte immer noch die viktorianische Verspieltheit dieses Badezimmers mit seiner klauenfüßigen Badewanne, dem Waschbecken mit Säulenfuß und den Fliesenböden. In der Badezimmerkommode fand sie Handtücher und Waschlappen, die nach getrockneten Blüten rochen.
Mit einem der Handtücher trocknete sie sich das Gesicht ab. Als sie sich wieder aufrichtete, sah sie Cassidy in dem ovalen, gerahmten Spiegel über dem Becken. Schweigend und reglos stand er in der Tür und beobachtete sie.
Das Lampenlicht im Schlafzimmer hinter ihm war dämmrig, deshalb lag sein Gesicht halb im Schatten, was den raubtierhaften Eindruck noch verstärkte. Seine Brust war nackt, und er hatte einen Arm erhoben und an den Türrahmen abgestützt. Der andere Arm hing herab. Obwohl er sich nicht bewegt hatte, drückte seine Haltung Macht, Kraft und unterschwellige Gewalt aus.
Claire trug nichts außer einer aprikotfarbenen Satinkombination aus einem Büstenhalter und Höschen und fühlte sich nackter, als wenn sie nichts angehabt hätte. Sie widerstand dem Impuls, sich hinter einem Handtuch zu verstecken. Der Ausdruck auf Cassidys dunklem Gesicht sagte ihr, daß jeder Versuch, sittsam zu bleiben, vergebens wäre. Außerdem hätte sie sich wahrscheinlich sowieso nicht rühren können. Sein Blick hatte sie in Bann geschlagen.
Er kam auf sie zu und blieb eine Haaresbreite vor ihr stehen. Hungrig betrachteten sie sich gegenseitig im Spiegel. Er hob die Hände, schob sie unter ihr Haar und legte sie auf ihre nackten
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