Sündige Sommernächte - Kent, A: Sündige Sommernächte
beruhenlassen sollte.“
„Wo liegt dann das Problem?“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dieser Entscheidung klarkomme“, gestand Trey.
„Willst du denn Gerechtigkeit? Oder geht es dir um Rache?“
Damit hatte sein Freund den Nagel auf den Kopf getroffen, denn das war genau die Frage, der Trey bisher erfolgreich ausgewichen war. Jeb Worth hatte all die Jahre mit seiner Tat gelebt und würde sein Wissen mit ins Grab nehmen. Seit siebzig Jahren trug er diese Last mit sich herum – war das nicht Strafe genug? Wenn Trey mehr wollte, ging es ihm dann nicht um Rache? Außerdem wäre angesichts der Umstände die einzige Konsequenz, die Jeb zu befürchten hätte, dass alle von seiner Tat wüssten und er mit dieser Schande leben müsste.
Ja, Trey wollte Gerechtigkeit, aber er wollte Jeb nicht öffentlich demütigen. „Nein“, sagte er daher, „ich will keine Rache.“
„Dann sollte dir die Entscheidung leichter fallen.“
„Zumindest hast du mir einige Hinweise gegeben, über die ich nachdenken muss.“
„Ich kann dir noch mehr geben. Sandy behauptet, sie habe noch nie jemanden getroffen, der mehr über absolut nichts reden kann als ich.“
„Und da wundert es dich, dass ich dich nie angerufen habe“, entgegnete Trey trocken.
Sie mussten beide zugleich losprusten. Als sie gerade das verschüttete Bier vom Tisch wischten, gesellte Cardin sich zu ihnen.
„Ist es ungefährlich, sich zu setzen?“, fragte sie, und statt zu antworten, klopfte Trey neben sich auf die Sitzbank. Tater klopfte ebenfalls auf den Platz neben sich, doch statt sich zu einem von beiden zu setzen, nahm sie einen Stuhl vom Nebentisch und setzte sich an den Kopf des Tisches. Erst sah sie von Tater zu Trey, dann auf die Essensreste. „Ich weiß gar nicht, warum ich hier bin.“
„Du bist hier, weil diese Party ein wenig Klasse braucht“, sagte Trey.
„Klasse – ist das eine Rennkategorie?“, meinte Tater.
„Ich glaube, ihr habt beide ein wenig zu tief ins Glas geschaut.“
„Wir hatten uns viel zu erzählen“, verteidigte Tater sich. „Halte deinen Mann nicht unterm Pantoffel.“
„Genau, halte deinen Mann nicht unterm Pantoffel“, pflichtete Trey seinem Freund bei, obwohl ihm längst klar war, dass er nicht mehr allein nach Hause fahren sollte. Nach Hause. Zu Cardins Wohnung,zu ihrem Bett. In dem er nie wieder schlafen würde, wenn er ihren Großvater anzeigte.
Er stand auf. „Komm, bring mich nach Hause, bevor ich eine Dummheit begehe und jedes einzelne Bier bereue, das ich getrunken habe.“
13. KAPITEL
Um zwölf Uhr in der Nacht des Moonshine-Rennens saß Cardin im Licht der gleißenden Stadionbeleuchtung und wünschte, sie hätte ihre Ohrstöpsel nicht vergessen. Ihr Körper vibrierte bis in die Zehenspitzen, wenn die Wagen vorbeidonnerten.
In den vergangenen Jahren hatte sie hier mit Delta gesessen, weil Eddie in Jebs Wagen saß. Heute Nacht saßen ihre Eltern beide auf der Bank hinter ihr, weil Trey den Wagen lenkte.
Trey, der sie liebte und zu seiner Frau machen würde … es sei denn, sein Benehmen in letzter Zeit war ein Zeichen dafür, dass er kalte Füße bekam.
In der vergangenen Woche hatte sie ihn kaum gesehen. Seit dem Abend mit Tater hatte er sich verändert, sodass sie bereits den Verdacht hegte, er könnte die Verlobung bereuen.
Andererseits wusste sie, dass es ihn sicher aufwühlte, im Haus seines Vaters immer wieder mit Erinnerungen an seine Kindheit und seine Familie konfrontiert zu werden – an seine Mutter, die die Familie verlassen hatte, an den Tod seines Vaters. Das war sicher nicht leicht, und sie war nicht gerade mitfühlend gewesen. Im Gegenteil, sie hatte sich egoistisch benommen, weil sich für sie alles nur um Hochzeitstorten,Kleider und Zukunftspläne gedreht hatte. Sie hatte den Mann, den sie liebte, zu wenig unterstützt, als er sie brauchte.
Sie dachte an all die Dinge, die er ihr von sich erzählt hatte, weil er der Ansicht war, dass Cardin sie als seine Verlobte wissen sollte. Davon, dass er Zeit für sich allein brauchte, war keine Rede gewesen. Sie sollte ihn wenigstens fragen, ob sein Schweigen darauf zurückzuführen war.
Vor dem Rennen würde sie allerdings keine Gelegenheit mehr haben, mit ihm zu reden, und natürlich wollte sie ihn auch nicht mit ihrer Unsicherheit behelligen. Aber sie musste ihn einfach sehen, um ihm wenigstens viel Glück zu wünschen und ihm zu sagen, wie sehr sie ihn liebte.
Daher stand sie auf, doch ihre Mutter hielt sie am
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