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Suendiger Hauch

Titel: Suendiger Hauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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sie tun wollte. Wenn es ihr nur gelänge, nicht erwischt zu werden.
    Sie schlief wieder ein. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit inzwischen vergangen war, als sie plötzlich aus dem Schlaf hochschreckte, weil jemand sie heftig am Arm packte und aus dem Kutschkasten zerrte. Sie wäre im Schlamm gelandet, hätte der zweite Lakai sie nicht am anderen Arm gepackt. Er riss sie so abrupt hoch, dass ihr Kopf nach hinten flog.
    »Lasst mich los!« Kathryn versuchte, sich seinem festen Griff zu entwinden. »Nehmt sofort die Hände von mir!«
    »’ne verdammte Ausreißerin«, rief einer der Männer, während er einen Arm um ihre Taille schlang und sie an seine Brust riss. »Oder vielleicht eher ’ne kleine Diebin.« Kaum hatten diese Worte seinen Mund verlassen, trat Kathryn kräftig gegen sein Schienbein. Er taumelte ein paar Schritte rückwärts, wobei seine silberfarbene Perücke verrutschte. Er stieß einen Fluch aus und versetzte ihr einen leichten Schlag auf den Hinterkopf.
    »Verdammte Bettlerin, noch mal so was, und du wirst’s bereuen.«
    Kathryn richtete sich auf. »Schlagen Sie mich noch einmal, und ich verspreche Ihnen, Sir, dass Sie derjenige sein werden, der es bereuen wird.«
    »Nun ist es aber genug.« Die tiefe Stimme schnitt scharf durch die Szenerie und ließ die beiden Männer augenblicklich verstummen. Erst jetzt bemerkte Kathryn den schlanken, imposanten Mann, der im Schatten gestanden hatte und, wie sie annahm, der Eigentümer der Kutsche war. Er trug ein Paar eng anliegende Kniehosen, einen langen schwarzen Rock mit passender Weste aus fein gearbeitetem, silberfarbenem Zwirn. Der Kragen seines weißen Baumwollhemdes ragte ein Stück heraus, und die Ärmel waren mit einem Volant aus weißer Spitze verziert. Er hatte einen olivfarbenen Teint und dunkles, leicht gewelltes Haar, das von einem schwarzen Band im Nacken zusammengehalten wurde.
    »Lass das Mädchen los, Cedric. Sie scheint für sich selbst sprechen zu können, also geben wir ihr die Möglichkeit, es auch zu tun.«
    Die Lakaien schienen die Worte ihres Herrn zu bedauern, doch sie ließen von Kathryn ab und traten gehorsam einen Schritt zurück.
    »Wie heißen Sie?«, fragte der hoch gewachsene Mann, »und was, in Teufels Namen, tun Sie in meinem Kutschkasten?«
    Kathryn zuckte die Schultern und versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen, welch jämmerliches Bild sie in ihrem zerknitterten, vor Schmutz starrenden Nachthemd und mit ihren wilden, zerzausten Locken bieten musste. Sie sagte ihre Lüge auf, die sie sich für einen Moment wie diesen zurechtgelegt hatte, erstaunt darüber, wie einfach die Worte über ihre Lippen kamen.
    »Mein Name ist Kathryn Gray, und ich sage Ihnen, Sir, dass ich keine Bettlerin bin - und auch keine Diebin. Ich bin eine Dame vornehmer Herkunft, die lediglich in Schwierigkeiten geraten ist. Wenn Sie tatsächlich der Gentleman sind, der Sie zu sein scheinen, dann bete ich, dass Sie mir Ihre Hilfe zukommen lassen werden.«
    Seine schwarzen Augenbrauen zogen sich zusammen. Das letzte Licht des späten Nachmittags verlieh seinen Augen, die ebenfalls fast schwarz waren, einen silberfarbenen Schimmer. Er musterte sie eingehend von Kopf bis Fuß, jeden einzelnen Zentimeter ihrer schäbig aussehenden Gestalt, mit einem derart scharfen Blick, dass sie unwillkürlich die Arme hob und sie vor ihrer Brust kreuzte.
    »Kommen Sie mit ins Haus. Wir können in meinem Arbeitszimmer weitersprechen.«
    Diese Reaktion überraschte sie, war sie doch von ihrem ungewaschenen, schmutzigen Haar bis hinab zu ihren kalten, bloßen Füßen völlig verdreckt und unansehnlich. Und, bei
    Gott, der faulige Geruch des Irrenhauses drang ihr aus jeder einzelnen Pore. Ohne die ungläubigen Blicke der Lakaien zu beachten, folgte sie ihm entschlossen in das Haus, vielmehr in das riesige Schloss, das im Laufe der Jahre stetig erweitert worden war. In der Mitte der Eingangshalle blieb sie stehen.
    »Ich weiß Ihre Höflichkeit zu schätzen, Mylord, doch es gibt einen Gefallen, um den ich Sie bitten möchte.«
    »Sie sind mir noch immer einige Erklärungen schuldig, und dennoch bitten Sie mich um einen Gefallen? Wer immer Sie sein mögen, Sie nehmen jedenfalls kein Blatt vor den Mund. Wie lautet Ihr Wunsch?«
    »Ein Bad, Mylord. Ich kann wohl kaum die Umstände meiner Situation schildern, wenn ich so voller Schmutz und unpassend gekleidet vor Ihnen stehe. Wenn Sie mir erlauben würden, ein Bad zu nehmen und mir ein paar Kleidungsstücke zur Verfügung

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