Sündiges Verlangen: Erotischer Roman (German Edition)
sie musterte, hatte sie verdient. »Würden Sie ihn bitte da rausholen, damit ich ihn mit nach Hause nehmen kann?«
Weich und schlaff lag der Kater in Nikas Armen. Er atmete viel zu rasch, und unter dem Fell spürte sie seine spitzen Knochen.
»Wir konnten ihn nicht mit den anderen Katzen zusammensperren. Während der ersten Woche hat er gegen alles gekämpft, was sich ihm näherte, egal ob Mensch oder Tier«, erzählte die junge Frau. »Seit ein paar Tagen ist er völlig apathisch. Er hat die ganze Zeit wenig gefressen, und jetzt nimmt er nichts mehr an.«
Nika wischte sich energisch die Tränen aus den Augen. Sie musste Napoleon so schnell wie möglich in sein altes Zuhause bringen. Es hatte keinen Zweck, jetzt noch um das zu weinen, was sie getan hatte. Nun war es an der Zeit, es wenigstens ein bisschen wieder gutzumachen.
Nachdem die junge Frau die Transportbox, in der Nika den Kater abgegeben hatte, aus dem Lagerraum geholt hatte, erledigten sie die Formalitäten. Eigentlich konnte sie sich keine Großzügigkeit leisten, denn sie wusste nicht, ob sie ihren Job bei Delizioso wiederbekommen oder rasch einen neuen finden würde. Dennoch versuchte Nika, ihr Gewissen mit einer großzügigen Spende ans Tierheim zu beruhigen.
Dann saß sie endlich im Auto. Die Box mit Napoleon hatte sie auf dem Beifahrersitz festgeschnallt. Der Kater hockte bewegungslos darin, den Blick seiner goldfarbenen Augen auf sie geheftet.
»Jetzt fahren wir nach Haus, Napo«, sagte Nika aufmunternd zu ihm und zu sich selbst. »Alles wird wieder gut.«
Aber sie wusste, dass nicht nur ihr Kater, sondern auch sie von nun an mit einer Wunde im Herzen leben mussten, die vielleicht nie ganz heilen würde.
Epilog
Es war weit nach Mitternacht, als Nika auf dem Hof von Delizioso die letzten Warmhalteboxen aus dem Lieferwagen nahm und in dem kleinen Raum neben der Hintertür verstaute. Ihre Füße schmerzten nach einem langen Abend, an dem sie die Verantwortung für eine große Party getragen und ein Team von fünf Mitarbeitern geleitet hatte. Alles hatte bestens funktioniert, wie fast immer. Genau aus diesem Grund hatte Franco sie nach ihrer Rückkehr vor nunmehr fast drei Monaten sofort wieder eingestellt.
Nun würde der halbstündige Marsch durch die nächtliche Stadt ihr helfen, sofort einzuschlafen, wenn sie ihren Kopf aufs Kissen legte.
Es war ein kalter Tag Mitte Dezember, und während Nika mit großen Schritten durch die Straßen lief, tanzte plötzlich, funkelnd im Licht der Straßenlaternen, eine Schneeflocke durch die Luft. Sie hob ihr Gesicht zum Himmel, und der nächste schimmernde Kristall fiel ihr auf die Lippen und zerschmolz. Mehr und mehr Flocken wirbelten durch die Luft, verfingen sich in ihren Haaren, blieben an ihren Wimpern hängen, tauten auf ihren Wangen und ihrer Stirn.
Plötzlich ertappte Nika sich dabei, wie sie sich mit ausgebreiteten Armen und in den Nacken gelegten Kopf im Kreis drehte – und dabei lächelte. In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie schon lange nicht mehr gelächelt hatte. Natürlich zog sie für die Kunden und Gäste von Delizioso und manchmal auch für ihre Kollegen und Kolleginnen freundlich die Mundwinkel hoch. Aber dabei lag ihr Herz bleischwer in der Brust. In dieser Nacht erreichte ihr Lächeln zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ihr Inneres. Ihr wurde ein kleines bisschen leichter zumute, irgendwo tief in ihr brannte zaghaft ein kleines Licht.
Es wird besser, dachte sie, während sie durch das Schneetreiben weiterging. Vielleicht haben die Menschen recht, die behaupten, dass man eines Morgens aufwacht und das Leben wieder schön findet. Dass man irgendwann nicht mehr ständig an den Mann denken muss, den man für immer verloren hat. Dass irgendwann fast alles wieder gut wird.
Zehn Minuten später schloss sie ihre Wohnungstür auf. Im Flur kam ihr Napoleon entgegen und strich schnurrend um ihre Beine. Nach seiner Rückkehr aus dem Tierheim in die gewohnte Umgebung hatte er fast sofort wieder wie gewohnt zu fressen begonnen und mit Elan seinen Kratzbaum bearbeitet. Inzwischen war er wieder ganz der Alte, nur noch ein bisschen anhänglicher als vorher. Nie versäumte er, sie zur Tür zu begleiten, wenn sie fortging. Und wenn sie zurückkehrte, wartete er schon im Flur auf sie.
»Na komm, es gibt noch einen Mitternachtssnack«, lockte sie Napoleon in die Küche, wo sie ihm etwas Trockenfutter in den Napf streute. Als ihr Handy surrte, schaute sie überrascht auf die Uhr. Es war
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