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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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man erinnert sich nicht, weil man sich nicht erinnern will. Wer an draußen denkt, hat es drinnen nur schwerer. Es gibt gute und schlechte Tage, und dann gibt es Tage, an denen man wirklich glaubt durchzudrehen, weil man an all das denkt, was man nie wieder tun, nie wieder sehen wird. Und noch schlimmer: Man denkt an all das, was man nie getan hat, weil man dachte, man habe ja noch genug Zeit dazu.«
    Halt die Klappe, Hunter. Du klingst wie ein Jammerlappen.
    Aber der Sex musste sein Hirn kurzgeschlossen haben, denn er sprach weiter.
    »Und irgendwann macht man sich klar, dass genau das das Leben ist: jeden Tag dasselbe, jeden Tag dieselben vier Wände. Man fragt sich, ob man im Todestrakt nicht besser dran wäre, weil man dann auf eine Art Erlösung warten kann. Weißt du, die Bezeichnung lebenslänglich ist wirklich ein großer Witz, denn es hat nichts mit dem Leben zu tun … Du stirbst, langsam, jeden Tag ein bisschen mehr. Aber du hältst durch, weil du ohnehin keine andere Wahl hast.«
    Sie beobachtete ihn mit Tränen in den Augen.
    »Was ist es, was du nicht getan hast und so gerne getan hättest?«
    Die Reue schnitt ihm in die Eingeweide, durchbohrte ihn, und er musste kämpfen, Worte zu bilden. Seine Kehle wurde eng, seine Stimme brach.
    »Na ja … ich habe mir immer eine Hütte in den Bergen gewünscht. Eine Frau … und Kinder. Ich wollte … Vater sein … eine Familie haben.«
    Weil er selbst nie eine gehabt hatte. Er hatte seinen Vater nicht gekannt. Seine Mutter hatte getan, was in ihrer Macht stand, aber sie hatte die Schlacht mit der Sucht verloren und war im Gefängnis gelandet. Seine Schwester war zu einer Fremden herangewachsen, während er von Pflegeeltern zu Pflegeeltern gereicht worden war. Nein, er hatte nie Familie gehabt.
    Und würde auch keine haben.
    Sophie nickte, und er wusste, sie verstand zumindest einen Teil seiner Gefühle.
    Sie verstummten beide. Marc versuchte, die emotionale Blutung in seinem Inneren zu stoppen, aber die Wunde war zu tief.
    Doch plötzlich lächelte sie.
    »Hast du wirklich an mich gedacht?«
    Er strich ihr mit den Knöcheln über die Wange.
    »Jede verdammte Nacht. Ich hätte dich an jenem Morgen niemals verlassen dürfen. Hasst du mich dafür?«
    Sie sah ihn verwirrt an, schüttelte dann aber den Kopf.
    »Du musstest doch zur Armee. Du hattest keine Wahl. Und ich wusste das vorher.«
    »Natürlich hatte ich eine Wahl. Ich hätte dich zu deiner Großmutter fahren und ihr gestehen sollen, dass ich dich entjungfert habe. Wahrscheinlich hätte sie mich mit der Schrotflinte zum Altar getrieben.« Sie lachte, und es klang süß wie Honig.
    »Die Schrotflinte hätte sie geholt, aber es hätte eine Beerdigung, keine Hochzeit gegeben. Außerdem hätte ich es damals wohl kaum besonders toll gefunden. Ich hatte hochfliegende Pläne. Ich wollte zur Zeitung und …« Sie schnappte nach Luft und riss die Augen auf. »Oh, nein! Tessa und Julian!«
    In Panik robbte sie über das Bett und packte das Telefon.
    »Nein!« Marc stürzte sich auf sie und entriss ihr den Hörer. »Wenn du von diesem Telefon anrufst, können sie uns finden. Warte, bis …«
    Aber sie hörte ihn nicht. Sie sprang aus dem Bett und lief zur Tür.
    »Wo ist meine Aktentasche? Mein Handy?«
    Marc kam hastig auf die Füße und fing sie mit einem Arm um die Taille ein.
    »Atme tief durch, Sophie. Deine Tasche steht im Flur. Ich habe dein Handy ausgemacht und den Akku rausgenommen. Und jetzt sag mir, was los ist.«
    Sie holte tief Luft.
    »Ich hatte gestern gesagt, ich nähme mir ein Taxi und würde zu Tessa und Julian fahren, wo ich wohnen soll, bis alles vorbei ist. Oh, Gott, sie ängstigen sich bestimmt zu Tode. Julian hat wahrscheinlich schon die Marines zusammengetrommelt. Ich muss unbedingt Bescheid sagen, dass es mir gutgeht.«
    »Ja, musst du, aber du musst dir vorher genau überlegen, was du sagst, und du wirst dich anziehen müssen, denn du telefonierst von einem öffentlichen Apparat. Mit deinem Handy können sie dich über GPS aufstöbern.«
    Sie nickte, entfernte sich von ihm und fuhr sich, splitterfasernackt, mit den Fingern durch ihr prachtvolles, wirres Haar.
    »Ich sage ihnen, dass ich nach Hause gegangen und eingeschlafen bin.«
    Marc schüttelte den Kopf und versuchte, sich auf das Problem und nicht auf ihre schönen Brüste oder ihren extrem knackigen Hintern zu konzentrieren.
    »Wenn dein Julian auch nur ein bisschen was auf dem Kasten hat, lässt er deine Wohnung längst

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