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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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getarnt hatte, hatte sie angegrinst, und seine Lippen waren so verführerisch gewesen, dass sie am liebsten sofort über ihn hergefallen wäre. Diese Lippen, die sie überall berührt hatten, die sie besinnungslos vor Lust gemacht hatten …
    »Er hat mich im Gericht angesehen«, hatte Hunt erklärt. »Ich denke zwar nicht, dass er mich erkannt hat, aber wenn er mich jetzt mit dir zusammen sieht oder das Nummerschild des Jaguars überprüft …«
    Er hatte nicht mehr sagen müssen.
    Sophie nahm am Eingang einen roten Einkaufskorb, sah auf ihre Liste und machte sich auf die Suche nach Zahnpasta.
    Es wäre so viel einfacher – und preiswerter – gewesen, nach Hause zu fahren und eine Tasche zu packen. Dort hatte sie alles, was sie brauchte, Zahnbürste, Make-up, Duschzeug und Shampoo. Sie trug noch immer dieselbe Kleidung wie bei ihrer Verhaftung, und sie hätte sie schrecklich gerne gewechselt. Aber Hunt erlaubte ihr nicht, nach Hause zu fahren. Er war sicher, dass ihre Wohnung beobachtet wurde.
    Sie wanderte durch die Gänge und arbeitete ihre Liste ab. Immer wieder wurde ihr Blick automatisch von den roten Kugeln der schlecht getarnten Kameras angezogen. Sie quollen wie große Augen aus der Decke, beobachteten sie und zeichneten jede ihrer Bewegungen auf. Es war mehr als entnervend, sich vorzustellen, dass Julian und das Denver Police Department dies alles in Kürze sehen würden. Fühlten sich so Kriminelle, ständig Adrenalin im Blut, ständig aufs Äußerste angespannt, immer mit dem vagen Gefühl, jeden Moment bloßgestellt zu werden?
    Zahnpasta. Zahnbürste. Zahnseide. Mundwasser. Ein Produkt nach dem anderen wanderte in ihren Korb, während sie im Geist die Liste abhakte, bevor sie sich in den Gang mit den Deos begab.
    Es war seltsam, dass ihre größte Sorge vor drei Wochen noch darin bestanden hatte, wie sie genügend Geld für Davids Frühlingssemester zusammenbekommen sollte. Nun war sie nahe daran, alles zu verlieren, für das sie gearbeitet hatte, ihr Einkommen, ihren Platz im I-Team, den Respekt ihrer Kollegen. Sie war eines schweren Vergehens angeklagt, musste das für David gedachte Geld für eine Kaution ausgeben, versteckte sich nicht nur vor Leuten, die ihr übel mitspielen wollten, sondern auch vor denen, die es nur gut mit ihr meinten, schlief mit einem flüchtigen Verbrecher, war drauf und dran, sich in ihn zu verlieben, und würde gleich ihre Freunde belügen …, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie in einer Drogerie umherlief und sich äußerst merkwürdig verhielt.
    Ihr Leben war außer Kontrolle geraten. Wie war das bloß geschehen?
    Deo. Einmal-Rasierer. Rasierschaum.
    Natürlich wusste sie, wie es passiert war. Dreh- und Angelpunkt ihrer desolaten Lage war eine Person, die ein paar Blocks entfernt in einem schwarzen »geliehenen« Jaguar saß und in gebleichten Jeans, dem schwarzen Rolli und der Denim-Jacke kriminell sexy aussah. Marc Hunter hatte sich mit der Waffe im Anschlag in ihr Leben gedrängt und es auf den Kopf gestellt, und dennoch empfand sie Gefühle für ihn, die sie nicht hätte empfinden dürfen.
    Verdammter Mistkerl! Hunt, du verdammter Mistkerl!
    Sie meinte es nicht ernst, natürlich nicht. Sie konnte ihn nicht für ihre jetzige Situation verantwortlich machen. Jedenfalls nicht nur. Er hatte gewusst, dass jemand hinter seiner Schwester her war, hatte gewusst, dass niemand ihm glauben würde, und hatte getan, was immer nötig war, um Megan und das Baby zu schützen. Es war die Verzweiflung gewesen, die ihn dazu getrieben hatte, ihr eine Waffe an den Kopf zu halten und sie in diesen Alptraum hineinzuziehen, und kein perverser Wunsch, ihr Leben zu zerstören. Nun schien er zu denken, dass es seine Aufgabe war, sie zu beschützen.
    Aber letztendlich war sie zu einem nicht unbeträchtlichen Teil mit schuld an ihrer Situation. Sie hätte Julian sofort alles erzählen müssen, was sie über Hunt und Megan wusste. Sie hätte Hunt schon mehrere Male der Polizei ausliefern können, als er in ihre Wohnung eingebrochen war, als er ihr zum Mittagessen gefolgt war, als er im Gerichtssaal gesessen hatte. Bei keiner dieser Gelegenheiten hatte er sie mit einer Waffe bedroht. Nein, die Entscheidung, es nicht zu tun, war ihre gewesen.
    Handcreme. Gesichtswasser. Tagescreme.
    Ja, sie hatte eigene Entscheidungen getroffen. Gestern war sie aus einem Impuls heraus zu ihm in den Wagen gestiegen, statt zu Tessa und Julian zu fahren. Hunt hatte sie mitnichten gezwungen. Er hatte sie

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