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Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition)

Titel: Süss wie Schattenmorellen / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Schreiber
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Pappe und Papier vor, das nach Kadaver stank, vor Fett triefte und grünlich schimmerte.
    »Greif zu!«
    »Was ist das, Hundefutter?«
    Ludmilla starrte sie verunsichert an, aber Schorschi erklärte sich bereit, das Menü zu übernehmen, wenn sie es nicht wolle. Sie nickte und beobachtete dann angeekelt, wie er es
innerhalb von wenigen Sekunden verschlang und seine Finger anschließend an der Hose abputzte. Ihre zwei Kommissare schienen für Kinderfälle zuständig zu sein und benahmen sich
zumindest dementsprechend. Schorschi zappelte herum, zugleich leckte er weiter seine Lippen ab, obwohl er bereits fertig gegessen hatte, scheinbar verdaute er auf diese Art. Der ganze Kerl war
für Annie eine Zumutung. Mollig, fettige Haare und kahle Stellen auf dem Kopf. Über seiner Schulter und dem Bierbauch hing ein schmuddeliger blauer Pullover, auf dem an der Brust ein Logo
aufgestickt war mit einem Doppeldeckerflugzeug in Grün und Gelb. Er roch nach altem Schweiß und hatte Wurstfinger, in billigen Filmen hätte er als Würger mitwirken
können.
    »Was isst du denn so?«, fragte Ludmilla.
    Annie schaute sie verwundert an und antwortete: »Lebensmittel.«
    »Ja klar, aber was genau?«
    »Brot.«
    »Und zu trinken?«
    »Wasser.«
    Schorschi musste grinsen: »Und das bei uns, hihi.«
    Ludmillas Blick vernichtete ihn, doch er bemerkte es nicht, sondern gluckste kindisch weiter. Dann brabbelte er monoton Fragen und Behauptungen vor sich hin, aber Annie konnte nicht aufmerksam
zuhören, weil sie entdeckt hatte, dass an seinem linken Arm Haare um seinen Ellbogen herum wuchsen, die Haut wucherte dort enorm und wölbte sich wie ein Mittelgebirge; es sah beinahe so
aus, als hätten sich ausgerechnet an dieser Stelle bei ihm zwei weitere Hoden entwickelt. Schaudernd wandte sich Annie ab und betrachtete Ludmilla, die auch nicht anziehender war. Sie hatte
Hamsterbacken, einen rot angemalten Schmollmund und pechschwarze kurze Haare. Ihre Augenbrauen waren so gezupft und nachgezogen, dass es aussah, als würde sie ständig über etwas
staunen. Sie trug eine rote durchsichtige Bluse, durch die man ihren Busen im schwarzen BH baumeln sah. Riesige Ohrringe aus
zwei übereinanderhängenden schwarz-weißen Plastikreifen schwankten in die Gegenrichtung, beobachtete Annie genau. Wie ist das physikalisch zu erklären?, fragte sie sich, es
leuchtete ihr nicht ein. Diese Beamtin steckte ihr gerade ein Wattestäbchen in den Mund. Echte Kommissare hatte sich Annie anders vorgestellt, die im Fernsehen waren viel schöner als
diese beiden.
    Sie musste mal, aber hatte noch nie in ihrem Leben bitten müssen, auf Toilette gehen zu dürfen, und die Frage beschämte sie so sehr, dass sie nun einhielt, bis ihr ganz elend
davon wurde.
    »Weshalb bist du eigentlich daheim allein?«
    Also gut. Ihre erschöpfte Mutter sei in Kur – aha –, der Opa habe eine neunzehnjährige Freundin – oho –, und sie selbst sei schon seit
einiger Zeit auf sich gestellt.
    Schorschi kaute an seinem Stift und notierte nach kurzem Nachdenken: Vernachlässigung Minderjähriger Paragraph sowieso.
    »Und die Waffe?«
    »Die ist zum Stareverjagen da und erschreckt alte Männer aus dem Zweiten Weltkrieg.«
    »Ja, was ist das denn wieder für eine Geschichte?«
    »Mein Opa sagt, es geschieht ihnen recht. Und mein Vater ist übrigens Chinese, wenn Sie es genau wissen wollen, oder aus Arizona, das ist mir aber beides recht.«
    So ergaben die Ermittlungen der Streifenpolizisten ein desolates Bild: Die Schutzbefohlene war allein zurückgelassen worden, ihre Erziehungsberechtigte befand sich laut Aussage eines
Bäckers in Urlaub, der im Haushalt lebende Großvater war nach Mutmaßung eines Friseurs in die Ukraine ausgewandert. Der Filialleiter einer ansässigen Bank bestätigte,
dass er nach »Auffindung der Vernachlässigten«, wie er sich gegenüber der Polizei ausdrückte, nun auf einen Randalierer namens Galle aufmerksam machen wolle, der schon
seit Jahren »nicht ganz richtig« sei und in staatliche Betreuung gehöre. Er bot sich an, den Verkauf von dessen Schweizer Haus zu initiieren, der Erlös ergäbe einen guten
Grundstock für die Kosten, die solch eine dauernde Pflege mit sich brachte.
    Die Polizei hatte bei Annie zu Hause Haare aus den Kämmen gezogen und untersucht, die blutige Wäsche eingesteckt, eine Speichelprobe von ihr hatten sie ja schon, Annie kannte sich
damit aus, KTU und DNA , sie verkündeten ihr das Ergebnis.
    »Wir sind verwandt?«, fragte

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