Süsse Küsse und unschickliche Geheimnisse
seines Vaters gewappnet hatte, der diesen Angriff wohl kaum gleichmütig aufnehmen würde. Der Marquess of Dursby war selbst im besten Fall ein mürrischer, humorloser Mann.
Mit etwas Glück würde er die „Gazette“, die die politische Opposition unterstützte, vielleicht nicht lesen. David setzte sich an den Tisch und legte den Grund für sein Missfallen in die Schublade, um ihn nicht sehen zu müssen. Als Nächstes musste er überlegen, wie er am besten auf die Bemerkungen in A. J. Goodfellows neuestem Artikel antworten sollte.
Das Geräusch fester Schritte riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. David konnte sich nur einen Besucher denken, für den Berkley seine Befehle missachten würde, und in dem Moment, als die Tür geöffnet wurde, schickte er ein Stoßgebet zum Himmel.
Es wurde nicht erhört.
„Der Marquess of Dursby“, verkündete Berkley, trat beiseite und ließ Davids Vater ein. Er schloss die Tür, und David wurde von einem Gefühl drohenden Unheils gepackt.
„Vater.“ Er erhob sich und machte eine knappe Verbeugung. „Es erstaunt mich, Sie so früh hier zu sehen.“
Sein Vater nickte lediglich, ohne sich zu einer Antwort herabzulassen.
„Kann ich Ihnen etwas zu trinken oder zu essen anbieten, Sir?“
„Ich verschwende meine Zeit nicht mit so etwas, wenn das Schicksal des Landes auf dem Spiel steht.“
„Ganz so tragisch ist es nicht, Sir.“
„Genau das ist das Problem mit dir, Treybourne. Die Verantwortung, die man dir übertragen hat …“
„Aufgezwungen hat, Sir“, unterbrach David ihn. Unter vier Augen mit seinem Vater konnte er eingestehen, dass es nicht seine Entscheidung gewesen war, als Wortführer für die konservative Tory-Partei zu agieren.
Er betrachtete den Mann, der ihn gezeugt hatte, und staunte wieder über die Tatsache, dass sie trotz der großen äußerlichen Ähnlichkeit – das gleiche braune Haar, die gleichen markanten Gesichtszüge, die gleichen hellblauen Augen – so völlig verschieden waren, was Persönlichkeit und Grundsätze anging.
„Ein Ehrenmann steht zu seinem Wort.“ Die Bemerkung war eine Forderung und darauf angelegt, ihn zu beleidigen. Der Marquess of Dursby duldete es nicht, dass man sich seiner Pflichten entzog, besonders wenn es um die Familienehre ging.
„Und ich werde auch halten, was ich versprochen habe, Sir.“
David straffte die Schultern und wartete, bis der Marquess seinem Groll Ausdruck verlieh. Und da sein Vater noch nie dazu geneigt hatte, irgendjemandes Gefühle zu schonen, ergriff er die Gelegenheit sofort beim Schopf.
„Du hättest diese Widerlegung voraussehen müssen, Treybourne. Jeder hätte es geahnt, der auch nur über ein wenig Erfahrung in der Kunst der Rhetorik verfügt.“
David verschränkte die Arme vor der Brust und heftete den Blick auf eine Ecke seines Studierzimmers, während sein Vater sich in einer Schmährede gegen seine politischen Gegner, die liberalen Whigs, erging.
„Du gibst einfach nicht genügend Acht, Treybourne. Noch eine deiner Schwächen. Wie hoffst du eigentlich, deinen Widersacher zu vernichten und klarzustellen, dass seine Partei eine Politik betreibt, die das Land in den Ruin treiben wird?“
„Welche Antwort wünschen Sie von mir zu hören, Sir? Wenn Sie glauben, ich sei nicht in der Lage, Ihre Ziele zu erreichen, erweisen Sie jemandem die Ehre, in den Sie mehr Vertrauen setzen.“
Diese Wendung des Gesprächs war nichts Neues. Wann immer sein Vater ihm zur Last legte, seine Rolle als Parteiwortführer nicht allzu ernst zu nehmen, bat David darum, von dieser Pflicht befreit zu werden. Tatsächlich hatte er sie sich nur des Geldes wegen aufgebürdet, mit dem er seine eigenen Ziele verfolgte – Ziele, die weit wichtiger waren, als dass die Feindseligkeit zwischen Vater und Sohn sie gefährden dürfte.
„Ich werde weiterhin unsere Abmachung ehren, sofern du das Gleiche tust – zehntausend Pfund im Jahr, für welche zweifelhaften Zwecke du sie auch verwenden magst. Du deinerseits sollst dafür deine Überredungskünste spielen lassen, damit die Abgeordneten des Unterhauses und die Mitglieder des Oberhauses endlich erkennen, wie schädlich die Whigs für die Nation sind.“
David schluckte mühsam bei dem Gedanken, er könne die Geldmittel verlieren. Erst nach dem Tod seines Vaters konnte er über das Familienvermögen verfügen, also musste er sich bis dahin den Wünschen und Launen des Marquess fügen. Gäbe es einen anderen Weg, würde er ihn bei der ersten Gelegenheit
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