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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Newman
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Scheißnummer abziehst, werde ich dir und mir Vorwürfe machen. Ich denke, aus Schaden soll man klug werden.«
    »Sophie, bitte, du kannst jetzt nicht immer auf der Hut sein. Wie soll es denn mit uns klappen, wenn du so voller Misstrauen bist?«
    »Warum versuchst du denn nicht, mir zu beweisen, dass du gut genug für mich bist?«
    James zuckt die Achseln, nach dem Motto: Ich bin nun mal, wie ich bin.
    Könnte ich all meine schmerzhaften Erinnerungen löschen, würde ich es in diesem Augenblick tun. Oder aber ich fahre ins Krankenhaus und bitte um eine Lobotomie.
    »Manchmal muss man eben auch ein Risiko eingehen«, sagt James.
    Sicher, nur dass es hier ausschließlich auf meiner Seite liegt.
    Doch dann stelle ich mir vor, ein Pferdedieb zu sein und es mit der ganzen Welt aufzunehmen. Ich weiß, dass ich für diesen Mann mehr als gut genug bin. Ich kann hier gewinnen.

Eine Woche nach seinem »Anfall«, wie James seine beleidigenden Worte im Nachhinein nennt, fragt er mich nervös, ob ich Lust habe, mich mit ihm und seinem Freund Specht auf einen Schluck zu treffen.
    »Wer ist Specht?«
    »Also eigentlich heißt er Gary. Er ist einer meiner ältesten Studienfreunde.«
    »Und warum nennst du ihn Specht?«
    »Weil er vor Jahren mal über die Maßen geschluckt hat.«
    »Ist er verheiratet?«
    »Nein, aber zweimal geschieden.«
    »Und warum?«
    »Weil er andere Vorstellungen von Treue hatte als seine Ehefrauen.«
    »Wie nett.«
    »Ach, du weißt doch, wie das ist. Gary handelt mit Wertpapieren, solche Leute arbeiten wie Tiere, und dann hauen sie auf den Putz.«
    »Hat er Kinder?«
    »Fünf.«
    »Mit seinen Ehefrauen?«
    »Drei mit den Ehefrauen und zwei mit seiner Sekretärin. Er wird dir gefallen, Specht ist ein lustiger Typ.«
    Heißt es nicht immer, man könne die Menschen nach ihren Freunden beurteilen? Aber wenn sie alle aus demselben Holz geschnitzt sind wie Rob und Gary, werde ich sie wohl kaum lustig finden.
    Am darauffolgenden Samstagabend sitzen James und ich in der Bar des Soho Hotel , essen die gesalzenen Gratis-Erdnüsse, die es zu unserem Wein für elf Pfund gibt, und warten auf Specht und dessen neue Freundin.
    James hat eine Handvoll Erdnüsse gegessen. Er schiebt die Schale zu mir, und ich mache mich über den Rest her.
    »Verdirb dir nicht den Appetit, Nimmersatt«, sagt James.
    Glühende Hitze schießt mir ins Gesicht, aber ehe ich mich gegen die Beleidigung wehren kann, erscheinen Specht und seine Freundin. Sie kommen Arm in Arm näher und kichern über irgendetwas.
    Ich hätte geschworen, dass die Freundin ein kleines Flittchen ist, aber das ist sie keineswegs. Die Frau an Spechts Seite hat einen intelligenten Blick, das brünette Haar ist zu einem Bob geschnitten, und sie trägt eine Brille, vielleicht ist sie ja von Beruf Optikerin. Abgesehen davon wirkt sie sehr natürlich; ihr Alter schätze ich auf mindestens vierzig. Ihr Kleid ist ein schlichtes Schwarzes, ihre Schuhe sind flach, ihre silbernen Ohrringe dezent.
    »Ich bin Julia«, sagt sie und streckt James die Hand entgegen. Er schaut Julia verwundert an, oder vielleicht auch ein wenig enttäuscht.
    »Du musst Sophie sein«, sagt Specht. Viel hat James mir über ihn nicht erzählt, aber das, was ich gehört habe, hat mir gereicht. Ich glaube nicht, dass ich Specht mögen werde.
    Specht misst höchstens eins achtzig, hat einen Bierbauch, rotes Haar und schlechte Zähne. Er trägt ein gestreiftes Polohemd und Jeans und sieht, im Gegensatz zu James, tatsächlich aus wie fünfundvierzig. Liegt vermutlich an den fünf Kindern und den Unterhaltszahlungen an seine Exfrauen und die Sekretärin.
    Trotzdem hat er etwas, das entwaffnend wirkt, und wie sich herausstellt, ist er großzügig und unterhaltsam. Gleich nach seiner Ankunft bestellt er eine Flasche Champagner und lässt eine obszöne Anekdote über einen Kollegen vom Stapel, in der eine Animierdame und eine Badewanne voller Chablis die Hauptrolle spielen. Irgendwie habe ich den Verdacht, dass er selbst der »Kollege« ist, um den es geht. Dann legt er seinen Arm um Julias Schultern, und sie hält seine Hand. Wir alle lachen über seine Geschichte.
    Nach der zweiten Flasche entschuldigt sich Julia und geht Richtung Toilette.
    Sobald sie außer Hörweite ist, beugt Specht sich zu James vor. »Na, was sagst du?«
    »Ich bin sprachlos«, sagt James.
    »Dachte ich mir. Aber glaub mir, Alter, sie ist genau die Richtige für mich.«
    »Wirklich?«, fragt James skeptisch.
    »Ja, wirklich. Zig Jahre war

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