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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Newman
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war es nur so eine Redewendung. Hör auf, alles bis ins Kleinste zu analysieren. Immer interpretierst du was in die unschuldigsten Dinge hinein. Du bist verrückt, Sophie.«
    Im Moment noch nicht, aber bald.
    »Im Dezember bist du dreimal nach Moskau geflogen.« Ich denke an die Art, wie er die Finger aneinandergerieben hat, wenn er darüber sprach. Da hätte ich etwas sagen und auf eine Erklärung pochen sollen. »War sie damals auch da?«
    »Sophie, ihre Familie lebt in Moskau.«
    »War sie auch da?«
    »Sie hat ihre Familie besucht.«
    »Habt ihr euch da gesehen?«
    »Ich bin nur mit ihr befreundet, sie hat einen festen Freund.«
    »War der auch in Moskau? Warum war er nicht bei der Präsentation?«
    »Ich weiß nicht, wo ihr Freund war oder ist. Ist das hier ein Quiz, oder was?«
    »Wie heißt ihr Freund? Das musst du doch wissen, wenn du mit ihr befreundet bist.«
    »Sophie, ich lasse mich nicht so verhören. Wenn du dich nicht beruhigen und wie ein erwachsener Mensch darüber reden –«
    Ich drücke auf den roten Knopf.
    Als Laura und ich einundzwanzig waren, war sie mit einem Mann zusammen, der Carlos hieß. Irgendwann hatte sie den Verdacht, dass er sie mit einer Frau namens Aimée betrog. Er leugnete es. Eines Tages fuhr Laura zu ihm, schaute durch die Briefkastenklappe seiner Wohnungstür in den Flur und erkannte Aimée, die nackt durch den Flur lief. Laura rief Carlos an und hörte sein Handy in der Wohnung klingeln. Er nahm ab. Durch die Tür hörte Laura ihn sagen, er sei bis zum nächsten Tag in Manchester. Als sie antwortete, sie stehe gerade vor seiner Tür , beharrte er darauf, in Manchester zu sein.
    Auch James will mir einreden, Schwarz wäre in Wirklichkeit Weiß. Er ist der neue Carlos.

Am nächsten Morgen wird mir ziemlich bald klar, dass es keine gute Idee ist, im Bett zu liegen und mich vor der Arbeit zu drücken. Der Gedanke an Devrons Geschwätz ist mir zwar unerträglich, aber in meiner Wohnung zu hocken und an James zu denken, ist die Hölle.
    Im Übrigen steht jetzt ein neuer Punkt ganz oben auf meiner To-do-Liste: Ich muss mich auf Geschlechtskrankheiten untersuchen lassen. Aber sagt man nicht, nach einer Trennung müsse man alles tun, um sich abzulenken?
    Ganz besonders wundervoll ist, dass die Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten nur drei Häuser von der Stelle entfernt liegt, an der James und ich uns auf der Straße geküsst haben, als die verrückte Obdachlose auf uns zukam. In jener Nacht haben James und ich erstmals zusammen geschlafen. Dreimal hatten wir da Sex. Dachte er damals schon, dass ich körperlich eigentlich nicht sein Typ bin? In der Klinik fülle ich ein Formular aus, auf dem ich gefragt werde, ob ich meinen Penis schon einmal in den Anus eines Mannes gesteckt habe.
    »Ich glaube, ich habe das falsche Formular«, erkläre ich der Dame am Empfang.
    »Ach herrje, versuchen Sie es mal hiermit.« Sie reicht mir ein anderes Klemmbrett. Ich fange wieder an, Kästchen anzukreuzen.
    Dienstagnachmittags haben wir im Büro immer Lagebesprechung. Als Devron aufstand, um uns Bilder von »den zehn inspirierendsten Einkaufswagen aus aller Welt« zu zeigen, bin ich gegangen. Da meine Kollegen glauben, ich wäre nur kurz aufs Klo gelaufen, kann ich nicht mehr als zwanzig Minuten in der Klinik verbringen, sonst wird Janelle misstrauisch. Im vergangenen Monat hat sie zweimal mitgekriegt, dass ich mich zu Zoë in den Kühlschrank verkrochen hatte. Seitdem beobachtet sie mich mit Argusaugen.
    »Reicht es, wenn ich nur den Urintest machen lasse? Ohne Gewebetest?«
    »Es ist besser, wenn Sie beides machen lassen.«
    Hm, besser für wen?
    Ich pinkle in einen Becher und stelle ihn in die Durchreiche. Eine Viertelstunde später sitze ich wieder an meinem Schreibtisch.
    »Wo warst du?«, erkundigt sich Janelle.
    »Pipi machen.«
    Da ich die Wahrheit sage – zumindest eine Wahrheit à la James –, wirke ich anscheinend aufrichtig, denn sie gibt sich damit zufrieden, statt darauf hinzuweisen, dass ich Devrons wöchentlichen Beitrag zu tödlicher Langeweile versäumt habe.
    Zum zweiten Mal in einem Monat sagt Laura: »Wenn du ihn anrufen willst, tu es nicht. Schreib ihm eine E-Mail, aber schick sie nicht ab.«
    Also schreibe ich James wieder täglich eine E-Mail. Aber da Devron nicht mehr auf den Malediven ist und ich in der Endphase meiner Puddingserie bin, starre ich nur den halben Tag auf meinen Bildschirm, während ich eine E-Mail entwerfe, die Schriftarten ändere, lösche, kürze,

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