Sueße Versuchung
Sie schon vergessen, dass wir besprechen wollten, wie wir am besten in das Haus einbrechen?«
»Sie haben wirklich gar kein Gefühl für Anstand«, klagte Sophie. Sie war entzückt über seine Aufforderung, auch wenn seine Berührung sie ein wenig schwindlig machte. Sie erinnerte sich nur zu gut an seinen festen Griff, seinen Körper, als er sie an sich gepresst hatte, an seine dunkle, verführerische Stimme und den Hauch seines Atems.
»Nein, das ist nun allerdings einer meiner hervorstechendsten Charaktermängel.«
Edward führte sie zur Tanzfläche. Die Paare stellten sich soeben zu einem Menuett auf. Nicht der Tanz, den er in diesem Moment bevorzugt hätte, da er zu wenig Möglichkeit bot, sich ungehört zu unterhalten. Er vergnügte sich stattdessen jedoch mit dem Anblick der jungen Schottin, die sich mit überraschender Grazie und Anmut bewegte, sich drehte, leichtfüßig die Füße setzte. Sie war wirklich reizend. Eine Tatsache, die offenbar jetzt auch langsam anderen Männern im Saal auffiel, die seine Partnerin aufmerksam musterten.
»Und da ich nun einige Fragen, was meinen Charakter betrifft, geklärt habe«, setzte er nach dem Tanz das Gespräch fort, »werden Sie vielleicht auch die Güte haben, mir diese Nettigkeit zu erwidern. Was haben Sie bei dem Haus gesucht?« Er hatte Vorsorge getroffen, dass niemand auf die Idee kam, seine Begleiterin vielleicht für den nächsten Tanz zu engagieren, indem er sie unter dem Ellbogen fasste und geschickt aus dem Saal und auf die Terrasse beförderte. Dort waren Laternen aufgestellt, und es hielten sich genügend andere Paare auf, um nicht in den Geruch der Unschicklichkeit zu kommen. Es war auch eine warme Nacht, sodass dieses lästige Schultertuch, das ihm den Blick auf ihr Dekolleté verwehrte, genügte, um sie nicht frieren zu lassen.
»Ich muss Ihnen gar nichts beantworten«, funkelte sie ihn an.
»Und wenn ich dafür schweige?«
»Was soll das heißen?!«
»Mein Schweigen gegen Ihre Antwort.« Edward lächelte sie harmlos an. »Wenn Sie mir sagen, was Sie dort getan haben, dann werde ich Ihrer Tante verheimlichen, dass Sie tagsüber in Hosen herumrennen und in Häuser einbrechen.«
»Wie können Sie …«, sie rang nach Luft. Es war ein reizender Anblick, weil ihre vollen Brüste dabei wogten, und das altmodische Kleidchen sich so anziehend darum spannte. »Das ist mein Haus, damit Sie es nur wissen. Es gehört mir! Ich hatte nur keinen Schlüssel mit und wollte mich drinnen umsehen!«
»Ihr Haus?« Sekundenlang war Edward tatsächlich erstaunt. »Marian Manor gehörte einer Mrs. Stourton, einer wirklichen Dame, die es dann an ihre älteste Enkelin vererbte. Und diese lebt nicht hier, sondern in …« Er unterbrach sich. Natürlich! Sie war Augustas schottische Cousine, die Tochter jener Annabelle, die mit einem Schotten nach Gretna Green durchgebrannt war. Seine Mutter und sie hatten zwar keinen engen Kontakt, tauschten aber so ein-, zweimal im Jahr Briefe aus. Welchen Namen hatte der Schotte, mit dem Annabelle auf und davon gelaufen war? McIntosh.
Ja, das war sein Name gewesen. Edward musterte das Mädchen mit neu erwachtem Interesse. Ob sie in Schottland ebenfalls in Hosen herumlief? In diesem Fall hatten die Highlands mehr Sehenswürdigkeiten, als er bisher gedacht hatte.
»Reiten Sie öfter in Hosen aus, Miss McIntosh?«, fragte er aus diesem Gedanken heraus.
»Woher kennen Sie meinen Namen? Augusta hat mich nicht vorgestellt.«
»Aber sie hat Sie ihre Cousine genannt, und wenn das alte Manor tatsächlich Ihnen gehört, dann können Sie nur Mrs. Stourtons Enkelin sein.« Mit einem Mal beunruhigte es ihn, dass er sie bei dem Haus getroffen hatte. Sie hatte keine Ahnung, wer und was dort verkehrte und das leer stehende Haus benutzte. Und ihr Vetter Henry, der vermutlich als Einziger in der Familie davon wusste, hatte jeden Grund, den Mund zu halten. Er betrachtete sie nachdenklich. Plötzlich sah er nicht mehr ein kleines Abenteuer, einen unverbindlichen Flirt in ihr, sondern ein Mädchen, das sich auf höchst gefährliches Terrain begab. Und er machte sich zu seiner eigenen Überraschung Sorgen um sie.
»Ich weiß, es ist etwas zu spät, Ihnen diesbezüglich einen Ratschlag zu erteilen, Miss McIntosh, aber Sie sollten nicht zu dem Haus reiten. Und wenn schon, dann nur in Begleitung.«
»Das hat Henry auch gesagt«, erwiderte sie ablehnend. »Aber er hat seine Warnung auf die Baufälligkeit bezogen und dabei wohl kaum daran gedacht, dass
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