Sueße Versuchung
Augen auf. »Tanzen? Mit Ihnen?«
»Das hatte mir tatsächlich vorgeschwebt. Wenn wir schon gemeinsam einbrechen wollen, dann können wir genauso gut zuerst zusammen tanzen.«
»Sie haben vielleicht Mut, mir so etwas vorzuschlagen!«
Edward hob eine Augenbraue. »Tanzen Sie so schlecht? Keine Sorge, wie Sie vielleicht festgestellt haben, bin ich recht kräftig. Ich verspreche, auf den Beinen zu bleiben, wenn Sie stolpern sollten, und werde Sie vor Stürzen bewahren. Allerdings nur, wenn Sie mir umgekehrt versprechen, meine wohlmeinenden Intentionen nicht falsch zu interpretieren und mich nicht wieder tätlich anzugreifen.«
»Wohlmeinende …« Ihr blieb sichtlich die Luft weg. »Sind alle Engländer so wie Sie?«
»Wüstlinge?«, fragte Edward nach.
Sie legte den Kopf zurück, maß ihn vom Scheitel bis zu den Schuhen und sagte: »Bei uns in Schottland würde es keinem Mann von Ehre einfallen, sich an einer schutzlosen Frau zu vergreifen. Das ist feige und hinterhältig.«
»Ich verstehe.« Edward nickte. »Nein«, sagte er dann nach einigem Nachdenken, »so sind nicht alle Engländer. Aber doch einige. Ich denke, ich bin hier eine rühmliche Ausnahme. Die meisten hätten ihr Glück viel vehementer bei Ihnen versucht als ich.«
Sie schnaubte abfällig. »Die meisten wären auch nicht so unversehrt wieder von dort weggekommen und könnten mich jetzt auf so unverschämte Weise ansprechen.«
»Unverschämt? Ja, Sie mögen recht haben. Ich habe es, fällt mir nun auf, tatsächlich versäumt, mich Ihnen vorzustellen. Erlauben Sie mir, diesen Faux-pas gutzumachen.«
Er verneigte sich formvollendet vor ihr. »Edward Harrington. Und ich habe das Vergnügen mit …?«
»Edward Harrington?«, platzte sie zu seinem Erstaunen heraus. »Etwa
der
Lord Edward Harrington?«
»Ich kann mir diese bedeutsame Betonung nicht ganz erklären, aber soviel ich weiß, bin ich hier in Eastbourne der Einzige dieses Namens.«
Seine Schottin starrte ihn fassungslos an. »Sie habe ich mir aber ganz anders vorgestellt!«
Edward war höchst interessiert. »Ach ja – und wie, wenn ich fragen darf?«
»Viel älter. Dicklich. Und natürlich seriöser …« Sie unterbrach sich und begann zu lachen, was bei Edward zunehmende Verwirrung auslöste. »Wenn Augusta wüsste, was Sie für einer …«
»Sophie?«
Edward und seine Begleiterin wandten sich zu der Sprecherin um. Es war Augusta Bailey. Er verneigte sich leicht vor ihr, als sie auf ihn und seine neue Bekannte zutrat.
Sophie hieß sie also. Der Name gefiel ihm. Allerdings irritierte ihn ihre Reaktion auf die Ankunft von Miss Bailey. Ob dies jene Augusta war, von der sie soeben hatte sprechen wollen? Er bemerkte überrascht, dass sich die zarte Röte in den Wangen des Mädchens vertieft hatte, und sie mit einem Mal verlegen auf ihre Schuhe und Hände sah und an ihrem Kleid zupfte. Jetzt hob sie den Blick und sah ihn so flehend an, dass Edward Mitleid bekam.
Was hatte die Kleine denn? Soeben noch eine flammende Schottin, die ihn zuerst mit dem Fächer bedrohte, dann auslachte und mit einem Mal eine verlegene kleine Unschuld? Stand sie etwa in Augusta Baileys Diensten? Oder fürchtete sie, er könnte ihr kleines Abenteuer bei Marian Manor verraten?
»Wie ich sehe, haben Sie meine Cousine aus Schottland bereits kennengelernt, Lord Edward«, sprach da Augusta weiter und brachte damit ein wenig Licht in das Rätsel.
»Ich hoffe nur, sie hat Sie nicht gelangweilt oder irgendetwas Unpassendes gesagt.«
Augusta ließ einen misstrauischen Blick über Sophie schweifen. »Sie neigt leider dazu.«
»Unpassend?« Edwards Gesichtsausdruck wurde kühl, als er sich Augusta zuwandte.
Mit einem Mal hatte er das Gefühl, Sophie vor ihr beschützen zu müssen. »Sie scherzen, Miss Bailey. Wir haben uns soeben sehr reizend unterhalten.«
»Ach ja?« Augustas Gesichtsausdruck war eine Mischung zwischen Unglauben und Pikiertheit.
Sophie nützte Lord Edwards Ablenkung, um das Weite zu suchen. Jetzt, wo Augusta hier war, konnte er ihr wenigstens nicht so leicht folgen. »Sie entschuldigen mich jetzt bitte? Ich sehe dort eine Bekannte.« Sophie machte vor Lord Edward einen halbherzigen Knicks und eilte davon. Anstatt jedoch den Saal zu verlassen und sich in ein anderes Zimmer zurückzuziehen, blieb sie in einiger Entfernung stehen und konnte es sich nicht verkneifen, Lord Edward aus der sicheren Deckung einer Zimmerpflanze zu beobachten.
Da hatte sich dieser Wüstling doch tatsächlich als Augustas
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