Sueße Versuchung
Schuldgefühlen und Angst.
Edward hatte in seiner ironischen Manier eine Augenbraue hochgezogen. Er hatte den Besuch bei seiner Schwester dazu genützt, noch andere Dinge zu erledigen. Diese Verlobungsanzeige war eine davon gewesen. »Natürlich. Das gehört sich so. Die Gesellschaft muss informiert werden. Wir müssen auch das Datum für die Hochzeit festlegen. Um die Gästelisten wird sich mein Sekretär kümmern.«
»Gästeliste? Hochzeitsdatum?« Sophie riss die Augen auf. »Sie wollen mich wirklich heiraten?!« Dies war eine Möglichkeit, von der sie zwar heimlich geträumt, sie aber niemals ernsthaft in ihre Suche nach Lösungen einbezogen hatte.
»Das allerdings hätte ich bis vor Kurzem auch bezweifelt«, sagte Tante Elisabeth mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck.
Edward dagegen reagierte milde erstaunt. »Meines Wissens ist es tatsächlich das korrekte Vorgehen, vor der Heirat eine Verlobung zu setzen. Außerdem«, fügte er mahnend hinzu, »schockierst du deine liebe Tante mit deinen losen Scherzen, Sophie.«
Er warf einen warnenden Blick auf Lady Elisabeth.
Sophie schluckte jede weitere Bemerkung hinunter. Tante Elisabeth durfte natürlich nicht wissen, wie diese Verlobung zustande gekommen war. Aber Edward begann ihrer Ansicht nach zu übertreiben. Sophie war ja nicht undankbar - er hatte sie gerettet und bot ihr mit dieser fiktiven Brautzeit die Möglichkeit, ihre Monate in Eastbourne abzusitzen, sich weiter um Henrys Schwierigkeiten zu kümmern, und dann heimzukehren und ihr Leben daheim fortzusetzen. Was immer das bedeutete. Aber jetzt wurde das Spiel ein wenig zu gefährlich.
»Dazu ist noch nicht das letzte Wort gesprochen«, ließ sich Lady Elisabeth kühl vernehmen. »Ich werde selbstverständlich sofort einen Eilboten mit einer Nachricht an deinen Vater schicken, Sophie. Ich nehme an, er wird entweder selbst kommen oder dafür sorgen, dass du heimgebracht wirst. Dies ist eine Verantwortung, die ich nicht übernehmen kann.«
Sophie blinzelte. Sie hatte gehofft, diese Verlobung hinter sich bringen zu können, ohne dass ihr Vater alarmiert wurde.
»Die Hochzeit ist in fünf Tagen.« Edward war froh, dass er den Termin so rasch angesetzt hatte, denn wenn tatsächlich der Vater anreiste, verlor er jeglichen Einfluss auf Sophie. Sie von ihrem Elternhaus in sein Bett zu kriegen war gewiss um einiges schwieriger, weil er es dann nicht nur mit einer einzelnen jungen Schottin aufnehmen musste, sondern mit einem ganzen Clan, und dazu noch mit diesem in Schottland lauernden Verlobten.
»Fünf Tage?!« Sophie und Tante Elisabeth schrien gleichzeitig auf. Aber während Sophie dann vor sichtlichem Entsetzen still war, überschlug sich ihre Tante förmlich.
»Aber das geht doch nicht! Wie soll ich das Sophies Vater gegenüber vertreten!«
»Mein Sekretär und meine Haushälterin werden sich um die Vorbereitungen kümmern. Außerdem lege ich keinen Wert auf eine besonders große Hochzeit. Du etwa, Sophie?« Lord Edward hatte leichthin gesprochen, aber da war ein harter, unerbittlicher Zug um seinen Mund, und seine Augen blickten entschlossen.
Ich lege gar keinen Wert auf eine Hochzeit
, wollte Sophie schreien, aber das stimmte natürlich nicht. Sie blickte Lord Edward an, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Zuvor hatte sie die Aussicht, Phaelas Frau zu werden, abgestoßen, aber jetzt würde ihr Herz dabei brechen. Hier stand der Mann, in den sie sich verliebt hatte, und der sie tatsächlich – aus welchen ominösen Gründen auch immer – heiraten wollte. Und daheim in Schottland drohte ein Gatte, den sie niemals auch nur annähernd so lieben würde wie Edward. War sie denn verrückt, sich dagegen zu wehren?
»So schnell kann man außerdem gar nicht heiraten«, meldete sich Tante Elisabeth, Lord Edward aus zusammengekniffenen Augen betrachtend.
Seine Hand glitt unter seine Jacke. Er zauberte ein Papier hervor und hob es in die Höhe. »Eine Sondererlaubnis.« Er lächelte arrogant. »Ich habe gute Beziehungen.«
»Und die Erlaubnis der Eltern?« Lady Elisabeths letzter Trumpf.
Sophies Gedanken überschlugen sich. Jetzt hatte sie die Wahl: Entweder ein Leben voller Bedauern und unerfüllter Sehnsucht mit Phaelas oder eines mit einem Mann, den sie kaum kannte, und von dem sie nur mit Sicherheit wusste, dass sie ihn liebte.
»Ich würde Sie gerne alleine sprechen, Lord Edward«, sagte sie leise.
»Das kommt nicht in Frage«, fuhr ihre Tante dazwischen.
»Wir haben noch einiges zu besprechen«,
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