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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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gar nicht erst abzuwarten brauchte. Darüber hinaus hatte sie das schreckliche Gefühl, daß dies nur das erste von vielen ähnlichen Gesprächen war. Solche Gespräche, das war ihr schon vor Jahren klargeworden, verliefen immer nach demselben Muster, wichen so wenig von der festgefahrenen Bahn ab wie die Soldaten bei einer Parade.
    »Und bedenken Sie doch bitte«, sagte er. »Wenn wir anfangen, in jedem Kurs eine Autorin anzubieten, dann wird es nur eine Alibi-Frau sein. Das wollen die Frauen doch nicht, oder? Und doch wohl auch nicht, daß ihnen irgendeine zweitklassige Schriftstellerin vorgesetzt wird, nur weil sie eine Frau ist.«
    »Bisher ist mir wirklich noch nie aufgefallen«, sagte Kate, »wie viele zweitklassige Männer wir hinnehmen, nur weil sie Männer sind. Nicht, daß ich kein Verständnis für Ihr Problem hätte«, fügte sie schnell hinzu, ehe er sie fragen konnte, ob sie immer noch über Literatur sprachen. »Ich bin Professorin für englische Literatur des 19. Jahrhunderts, und dort gibt es so viele bedeutende Schriftstellerinnen, daß sich die Frage, ob man sich mit schreibenden Frauen beschäftigen soll, gar nicht erst stellt. Viel eher stellt sich die Frage, ob wir uns mit jemandem wie Trollope beschäftigen wollen.«
    »Nun«, sagte er. »Willkommen an Bord. Lassen Sie mich wissen, wenn irgend etwas, auch nur irgend etwas ist. Und viel Glück.«
    »Nein«, sagte eine Stimme hinter Kate. »Sie haben sich nicht verhört. So redet er, wenn er nicht denkt. Immer noch besser so, meiner Meinung nach, als wenn er denkt. Ehrlicherweise will ich Ihnen aber gestehen, daß er mir das Kompliment jederzeit zurückgeben würde. Geddes ist mein Name. Professor für Psychologie, Freund und Bewunderer der verstorbenen, so schmerzlich vermißten Patrice. Bertie meinte, Sie brauchten vielleicht Hilfe. Und ich wurde eigens für derartige Rettungsmaßnahmen eingeladen. Möchten Sie vielleicht etwas frische Luft schnappen? Hinter dem Haus gibt es einen hübschen Garten.«
    »Frische Luft«, sagte Kate, »wäre mir im Augenblick wirklich sehr lieb. Wie klug von Ihnen.«
    »Kannten Sie Patrice?« fragte Geddes, als sie draußen auf einem kleinen Rasenstück standen, das man unter keinen Umständen und zu keiner Zeit als Garten hätte bezeichnen können.
    »Unsere Beziehung«, sagte Kate, »war rein theologischer Natur. Professor Fiorelli hätte uns zweifellos ein Nonnenkloster empfohlen. Wie gut kannten Sie Patrice?«
    »Als sie starb, waren wir dabei, gute Freunde zu werden. Wir hatten an vielen Dingen unser gemeinsames Interesse entdeckt. An einem College, wo man schon so viele Jahre verbracht hat und so viele Routinebeziehungen hat, sind neue Freundschaften fast ein Wunder. Der Verlust Patrices ist sehr schmerzlich für mich.«
    »Verstehe ich richtig«, sagte Kate, »daß Sie sich, im Gegensatz zu Professor 45

    Fiorelli, nicht entmannt fühlen, weil Sie Frauen unterrichten?«
    »Es gab Zeiten, wo es auch mir so erging. Ich würde lügen, wenn ich nicht zugäbe, daß ich davon träumte, an eine der großen Universitäten zu gehen, wo die wichtigen Dinge geschehen. Aber dann entwickelte sich meine Arbeit hier sehr interessant. Ich bekam ein großes Stipendium für eine Langzeitstudie, und ich glaube, ich habe Wichtiges getan. Das ändert alles.«
    »Worum geht es in Ihrer Studie?« fragte Kate. »Oder ist diese Frage nicht zu beantworten in der Kürze der Zeit, die man neuen Bekanntschaften auf einer Cocktailparty widmet?«
    »Doch, natürlich. Womit ich mich befasse, läßt sich mit zwei Sätzen sagen. Ich untersuche die verschiedenen Lebensstadien – das, woraus die Menschen in den jeweiligen Phasen Befriedigung beziehen. Denn eines gilt es zu lernen: wir müssen aufhören, von bestimmten Gewißheiten auszugehen, wie zum Beispiel, daß alle Witwen unglücklich sind. Wir müssen herausfinden, was die Menschen wirklich empfinden. Und da sich die Studie sowohl mit Männern als auch Frauen befaßte und ihre Ergebnisse ziemlich revolutionär waren, hatte Patrice natürlich ein Interesse daran. Wir sprachen sogar darüber, daß sie das Vorwort zum Buch schreiben sollte. Aber, ach, es sollte nicht sein.«
    »Wollen wir wieder hineingehen?« fragte Kate. »Ich hätte Ihnen natürlich gern noch endlos Fragen gestellt, aber ich sollte wohl den geselligen Anlaß hier nutzen, noch mehr Fakultätsmitglieder kennenzulernen, so entzückend und herausfordernd wie sie alle sind.«
    »Nun, ich bin froh, daß es Bertie gelungen

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