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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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nicht völlig übergeschnappt ist, was ich unter den Umständen für sehr unwahrscheinlich halte –
    o Gott, mir geht die Puste aus und noch viel schlimmer: jetzt, wo ich Ihnen alles erzähle, glaube ich fast, ich war das Opfer eines perfiden Scherzes.«
    »Setzen wir uns«, sagte Kate.
    »Gute Idee, aber wohin?«
    »Auf die Erde, Sie Großstädter. Lassen Sie Ihr Hinterteil auf den Boden und lehnen Sie sich gegen einen Baum.«
    »Wird das meinen Hosen auch keinen irreparablen Schaden zufügen?«
    »Archer, nehmen Sie sich zusammen. Was, um Gottes willen, hat der Mann denn gesagt?«
    »Sie müssen mich ganz von vorn anfangen lassen und in meinem eigenen Tempo, auch wenn Sie das an eine Schnecke erinnert.«
    »Gut. Nur – um sieben erwartet Veronica mich. Wenn Sie also nicht bald ein bißchen in Schwung kommen, werde ich sie anrufen müssen.« Archer sah sich um, als rechnete er damit, am nächsten Baum eine Telefonzelle zu entdecken.
    »Es ist schon ziemlich dunkel, nicht wahr?«
    »Ich weiß, was ich tun werde«, sagte Kate. »Ich hole Herbert her. Ohne ihn ist nichts anzufangen mit Ihnen.«
    »Es geht schon wieder.« Archer sank zu Boden. »Dieser Arzt hat Patrice bei irgendwelchen Leuten getroffen, und sie kamen ins Gespräch. Irgendwie fand sie 95

    heraus, daß er Arzt war, vielleicht hat er es ihr selbst gesagt – jedenfalls rief sie ihn am nächsten Tag an und fragte ihn, ob sie für ein Gespräch zu ihm kommen könne…«
    »Eine Konsultation?«
    »Genau das war auch meine Frage. Nein, sie sagte, zu einem Gespräch, fügte aber hinzu, sie bestünde darauf, ihn zu bezahlen wie für eine Untersuchung. Er gab ihr einen Termin für wenige Tage später, und sie kam. Ich sollte hinzufügen, daß er in einem Vorort von Boston lebt und seine Praxis in der Nähe seiner Wohnung hat, in einer ausgebauten Scheune, wie er sagte, ein paar Häuser weiter. Wir werden hinfahren und uns alles angucken müssen, falls sich nicht doch noch herausstellt, daß ich halluziniere – oder er. Jedenfalls, der springende Punkt des Ganzen kommt später.«
    »Ist er verheiratet?«
    »Nein, aber da Sie schon so klug fragen – ich glaube, er ist schwul. Das hat er natürlich nicht ausgesprochen, und niemand scheint es zu interessieren. Er wohnt mit einem Musiker zusammen. Aber spielt das alles eine Rolle?«
    »Alles, was uns Aufschluß darüber gibt, ob er Ihr übergeschnappter, gefährlicher Doktor ist, oder ein Mann, in den Patrice offenbar Vertrauen setzte.
    Aber eigentlich wollte ich nichts über sein Geschlechtsleben wissen, sondern über seine Lebensgewohnheiten. Fahren Sie fort.«
    »Patrice ging also zu ihm und fragte ihn nach seinen Minimalbedingungen, falls sie ihn zu ihrem Arzt machen wollte.«
    »Womit sie höchstwahrscheinlich nicht seine Abrechnungsmodalitäten mit der Krankenkasse meinte.«
    »Er war klug genug, das sofort zu verstehen. Für einen Arzt ist er überhaupt erstaunlich klug, was ich natürlich nur zu sagen wage, weil ich weiß, daß wir das gleiche Vorurteil gegen Mediziner haben. Sie wollte seine Patientin werden, ohne sich von Kopf bis Fuß untersuchen zu lassen. Sie wollte einfach jemanden, der ihr gefiel und dem sie vertraute, um sich in Notfällen an ihn zu wenden – falls der Krebs wiederkam oder sie irgendwelche Medikamente brauchte. Es stellte sich heraus, daß er schon von ihr gehört und sogar ›Die Jahre der roten Katze‹ gelesen hatte und begeistert davon war. Sie erzählte ihm von Auden, der nur einen Arzt haben konnte, mit dem er auch befreundet war und der nach dem Tod seines Doktorfreundes ohne auskommen mußte.«
    »Er war also einverstanden mit ihren ›Minimalbedingungen‹?«
    »Mehr oder weniger. Er begriff, daß sie nicht glücklich darüber war, wie man ihren Brustkrebs, zumindest zu Anfang, behandelt hatte. Ihr damaliger Arzt war einer jener aufgeblasenen Ich-weiß-alles-und-du-weißt-nichts-Typen, die Sorte, bei denen man sich fragt, um wessen Körper es eigentlich geht. Unser Arzt erbat lediglich ihre Zustimmung, ihren Blutdruck zu messen, Blut und Urin zu testen, und Herz und Lunge abzuhören – und alles, ohne daß sie auch nur einen 96

    Blusenknopf öffnen mußte. Er fand alles in bester Ordnung, außer ihrem Blutdruck, der ein wenig hoch war; aber Patrice sagte ihm, kein Grund zur Sorge, der sause immer in die Höhe, wenn sie bei einem Arzt sei. Wissen Sie, der Boden hier ist bemerkenswert unbequem. Ich wette, diese Frischluftfanatiker lassen sich nirgendwo nieder, ohne eine

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