Sueßer Tod
hüten, Ihnen für das Dinner zu danken.«
»Was ich jetzt auftragen werde«, sagte Gladys und rauschte hinaus. »Und trinken Sie sich nicht um den Verstand mit diesem schrecklichen Zeug«, sagte sie noch. Effektvolle Abgänge waren eindeutig ihre Spezialität. Und welchen noch effektvolleren Satz könnte ich ihr erwidern? fragte sich Kate. In Ihrer schrecklichen Gegenwart muß ich mich einfach um den Verstand trinken?
»Ist März zu früh, um Wasser in den Swimmingpool zu lassen?« fragte sie dann. Hätte das Schweigen noch länger angedauert, wäre es vielleicht noch zum ewigen Schweigen ausgeartet. »Wie füllen Sie ihn eigentlich? Mit einem Schlauch oder nehmen Sie die Abdeckung herunter und sammeln das Regenwasser?«
Ted lachte nervös. »Mit einem Schlauch. Und es wird noch einige Zeit dauern, bis wir das Wasser einlassen. Außerdem«, fügte er geradezu wütend hinzu, »regnet es das ganze Jahr nicht so viel, daß man einen Swimmingpool füllen könnte; auf Regen zu warten, wäre also eine völlig unsinnige Methode.«
»Ungefähr so unsinnig«, sagte Kate, »wie sich auf das Alter zu freuen. Trauern Sie Ihrer Jugend nach?«
»Ja, das tue ich. Lieber bin ich jugendlich ungestüm als mild und weise.«
»Und Gladys ist ganz Ihrer Meinung?«
»Und das, Frau Professor Fansler, war keine nette Bemerkung.«
Aber sie hat dir gefallen, du Arschloch, dachte Kate. Du magst deine Frau genausowenig wie ich. Ehrlich, ich glaube, sie sollte auf der Stelle damit anfangen, sich in Weisheit zu üben, so wie andere Frauen sich hinsetzen und neue Häkelstiche ausprobieren.
»Tut mir leid«, sagte Kate. »Ich meinte nur ihre laut verkündete Vorliebe für die Jugend. Aber da ich mit Patrice einer Meinung bin, was die Glorien der mittleren Jahre und Laphroaig angeht – meinen Sie, ich dürfte noch ein Schlückchen haben?« Kate hielt stumm ihr Glas hin. Ted Geddes füllte es.
»Erzählen Sie mir von Ihrer Arbeit«, sagte sie. »Was genau haben Sie über die verschiedenen Lebensphasen herausgefunden?«
Ted erzählte es ihr. Als sie, von Gladys zu Tisch gerufen, mit dem Dinner begannen (frisch gebackene Hörnchen, stellte Kate fest: ich muß daran denken, mich nicht zu bedanken), fuhr Ted mit seinem Bericht fort. Gladys warf gelegentlich einen Satz ein. Schon seit sehr langer Zeit war Ted mit seiner Studie zugange – er hatte ungewöhnliches Glück gehabt, als Sozialwissenschaftler ein Stipendium für eine Langzeitstudie zu bekommen und so seine Forschungen über mehrere Jahre fortsetzen zu können. Das Ergebnis würde bald in Buchform erscheinen und groß einschlagen. Kate hatte es schon erraten, ehe er es aussprach.
92
Um es nicht zu erraten, hätte man sich, wie sie später Archer berichtete, nicht nur um den Verstand getrunken haben müssen – was Gladys eindeutig von ihr glaubte – sondern schon im Koma liegen müssen.
Als Kate die Geddes verließ – Ted hatte darauf bestanden, sie zum Haus der Rektorin zu fahren – war sie so aufgebracht und gleichzeitig so deprimiert, daß sie ihm von der Veranda aus noch zuwinkte und dann schnell zu Bertie und Lucy hinüberging, um Archer zu sehen.
Archer war so erschrocken über ihren Zustand, daß er tatsächlich einwilligte, einen Spaziergang mit ihr zu machen. »Aber nicht um den See«, sagte er. »Bei dieser Dunkelheit werden wir nur hineinfallen.«
»Ich bin mir jetzt sicher, daß Patrice absichtlich hineingegangen ist«, verkündete Kate finster. »Wenn ich nicht wüßte, daß ich hier nach einer festgesetzten Zeit, die garantiert kürzer ist als zehn Tage, wieder fortkönnte, würde ich selbst ins Wasser gehen. Mein Gott, was für ein Ort!«
»Es muß ein köstliches Dinner gewesen sein«, sagte Archer, »wenn das Essen genauso war wie die Gespräche.«
»Das eine ist immer wie das andere, ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?«
sagte Kate. »Das einzige, was sie nicht verderben konnten, war der Laphroaig.
Übrigens gab es Hähnchen mit Sahnesoße auf Reis.«
»Ah«, sagte Archer, »die Sorte Essen, die dick macht, ohne einem Wohlbehagen zu bereiten. Nun, ich hatte ein exzellentes Dinner, allein wegen des guten Gesprächs mit Bertie und Lucy, wenn Sie so wollen. Aber ich hatte noch mehr: einen mysteriösen Anruf. Über den ich mich zu allerstrengstem Stillschweigen verpflichtet habe.«
»Erzählen Sie!«
»Morgen. Wenn ich noch einmal mit ihm gesprochen habe. Ich verspreche es.«
»Sehr unfair, eine Detektivin anzuheuern und dann Geheimnisse vor ihr zu
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