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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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habe ihre Nachricht bekommen und vertrete Dr. Myers (also gut, so heißt er, aber ich habe beim Grab meiner Mutter geschworen, es niemandem zu sagen. Sie müssen also die Diskretion in Person sein…).«
    »Aber Herbert hat mir erzählt, daß Ihre Mutter fast so charmant ist wie Sie, und er sprach im Präsens.«
    »Keine Haarspalterei, bitte. Wir müssen sehr vorsichtig sein, liebe Kate. Der Mann setzt wirklich Vertrauen in uns.«
    »Archer, Sie sollten nicht nervös werden, das ist nicht Ihr Stil. Dieser andere Arzt vertrat also Dr. Myers…«, flüsterte Kate ermutigend.
    »Nun, Patrice wollte sich ihm nicht recht anvertrauen, aber er schlug ihr vor, viel Vitamin C zu schlucken und, falls sie Fieber bekäme, sich von der Collegekrankenstation Antibiotika geben zu lassen. Vorläufig wolle er nur eine Blutprobe nehmen, um sicher zu gehen, daß es nichts Ernstes sei… na, Sie kennen das ja. Und in zwei Wochen sei Dr. Myers wieder zurück.«

    98

    Archer hielt ihr das Glas zum Nachfüllen hin und bot Kate den ersten Schluck an. »Der Vertretungsarzt hatte sich aber ihre Telefonnummer notiert, und am übernächsten Tag rief er an, sie solle noch einmal zu ihm kommen. Irgendwas mit ihrem Blut sei nicht in Ordnung. Sie fuhr also hin, und er sagte, er hielte es für besser, sie wissen zu lassen, daß der Bluttest auf Bauchspeicheldrüsenkrebs hindeute. Er wolle sie noch mal untersuchen, und vielleicht sollten sie auch noch einen ihm bekannten Arzt von der Bostoner Poliklinik hinzuziehen, aber er fürchte, die Diagnose sei eindeutig. Bauchspeicheldrüsenkrebs sei extrem bösartig und führe häufig schnell zum Tod. Außerdem brachte er es noch fertig anzudeuten, daß dieser Tod sehr qualvoll sei. So hat Patrice es später Dr. Myers erzählt, und so erzählte er es mir.«
    »Und was tat Patrice?«
    »Patrice ging nach Hause, um nachzudenken. Sie wollte überlegen, ob sie ihre Tochter anrufen oder in die Bostoner Poliklinik gehen sollte, wo man sie zuvor behandelt hatte. Eine Woche verstrich, und sie beschloß, diesen Vertretungsarzt anzurufen, um mit ihm zu sprechen, aber Dr. Myers war selbst am Telefon. Sein Musikerfreund hatte in England die Nachricht bekommen, daß eine seiner Kompositionen aufgeführt werden sollte, und er flog zurück, um an der Orchestrierung zu arbeiten. Dr. Myers war mit ihm zurückgefahren. Und sagte:
    ›Kommen Sie auf der Stelle her.‹ Zu Patrice natürlich.«
    »Und?«
    »Sie haben es bestimmt schon erraten. Er hatte gar keinen Vertreter bestellt.
    Wenn er verreist war, wurden seine Patienten von einem anderen Arzt in der Gegend mitversorgt. Außerdem, so versicherte er Patrice, würde kein Mensch aufgrund eines Bluttests allein die Diagnose Krebs stellen, und deshalb sei er sich mehr als sicher, daß der Betrüger nie im Leben ein Arzt war. Natürlich untersuchte Dr. Myers sie und führte alle möglichen Tests durch. Ihr Husten war inzwischen viel besser, aber nicht selten ist dieses Symptom der erste Hinweis auf Bauchspeicheldrüsenkrebs.«
    »Ich weiß«, sagte Kate. »Ich kenne mehrere Fälle an meiner Universität.«
    »Und natürlich hatte sie keinen Krebs. Dr. Myers war völlig außer sich. Stellen Sie sich vor, Kate, jemand war in seine Praxis eingedrungen, hatte eine seiner Patientinnen empfangen, keine Spur hinterlassen und nichts mitgenommen. Und, abgesehen von dem, was Patrice ihm erzählt hatte, gab es keinerlei Hinweis darauf, daß das Ganze überhaupt passiert war. Was sollte der Mann tun? Er mochte und bewunderte Patrice; aber die ganze Geschichte war so unwahrscheinlich! Myers war sich sicher, daß kein Arzt zu verleiten gewesen wäre, bei einer solchen Farce mitzuspielen. Und davon ganz abgesehen – welchen Sinn hätte das Spielchen haben sollen? Also gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder hatte man es mit einem hochkarätigen Betrüger zu tun, der so gut Blut abzapfen konnte, daß eine Patientin, die zahllose Bluttests hinter sich hatte, keinen Verdacht schöpfte und der 99

    sich außerdem noch den ganzen Rest des Ärztebrimboriums draufgeschafft hatte.
    Aber welches Motiv hätte dahinter stecken sollen? Oder, zweite Möglichkeit: Patrice war ein wenig meschugge. Und nachdem ihm dieser Gedanke erst einmal gekommen war, nahm er allen möglichen Klatsch über sie dankbar auf, und wie Sie ja wissen…«
    »Also kam er zu dem Schluß, Patrice hätte das Ganze erfunden. Verdammt!«
    »Kate, Liebste, seien Sie nicht so streng. Übrigens kam er zu gar keinem Schluß, er hielt

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