Sueßer Tod
Entscheidende wissen wir doch: jemand hat versucht, Patrice zu töten oder sie dazu zu bringen, es selbst zu tun. Und für mich heißt das vor allem eines: er hat es wieder versucht und hatte Erfolg.«
»Wie und warum?« fragte Archer.
»Kommen Sie mir nicht mit Nebensächlichkeiten«, antwortete Kate würdevoll.
»Wir wissen die Hauptsache: daß sie nicht aus freien Stücken in diesen See ging.
Nur darauf kommt es an.«
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»Lassen Sie mich als Wissenschaftler etwas dazu sagen.« Dr. Myers drehte seinen Stuhl und streckte seine langen Beine aus. »Ich verstehe durchaus, daß es von Ihrem Standpunkt aus keine Rolle spielt, wer den Betrüger anheuerte, wenn Sie den Mörder auch auf anderem Weg schnappen können. Aber ganz abgesehen davon, daß er sich so unverschämt meiner Praxis bedient hat, bin ich doch der Meinung, Sie sollten herausfinden, wer hinter diesem kleinen Spielchen steckt.
Sollte er je wegen Mordes vor Gericht gestellt werden, dann würde die Zeugenaussage, daß er schon zuvor einen Betrug versucht hat, zweifellos von großem Nutzen sein.«
»Dann können wir also absolut sicher sein«, sagte Archer, »daß der Mörder und derjenige, der den Arztdarsteller anheuerte, ein und dieselbe Person sind?«
»Nur wenig ist absolut sicher, sogar in der Wissenschaft«, sagte Dr. Myers.
»Aber wenn wir von zwei Verrückten ausgehen müssen, die Patrice so haßten, daß sie auf perfide Weise ihren Tod herbeiführen wollten, dann sollten wir vielleicht noch einmal überlegen, ob wir wirklich alles über sie wissen, was wir wissen sollten.«
»Außerdem besteht ja auch immer noch die Möglichkeit«, sinnierte Archer traurig, »daß jemand einmal als Arzt sein Spiel mit ihr trieb und sie sich später zum Selbstmord entschloß, vielleicht aus Verzweiflung, weil jemand sie so haßte, oder aus Angst davor, je zu hören, sie litte an irgendeinem unheilbaren Krebs.«
»Was soll das?« fragte Kate. »Spielen Sie das zurückgebliebene Kind? Sie hören sich allmählich schon an wie Herbert. Wollen Sie etwa andeuten, daß Patrice in heiligem Wahn beschloß, die Erde von ihrer befleckten Existenz zu befreien?«
»Wer ist Herbert?« fragte Dr. Myers.
»Herbert«, antwortete Archer, »ist mein Mitarbeiter, der drauf und dran ist, sich in einen Detektiv zu verwandeln, oder zumindest, einen anzuheuern. Aber ich stimme Ihnen zu, Dr. Myers. Wir sollten zumindest versuchen herauszufinden, woher dieser falsche Arzt kam. Sie scheinen zu glauben, daß er Schauspieler ist, oder war das Kates Vermutung?«
»Gleichwie – es muß ein Schauspieler gewesen sein«, sagte Dr. Myers. »Man braucht schon eine gewisse schauspielerische Gabe oder Ausbildung, um einen Arzt glaubwürdig darzustellen.«
»Warum suchen Sie nicht unter der Besetzung der ›Schwarzwaldklinik‹?« sagte Kate.
»Schlaue Bemerkungen bringen uns nicht weiter«, lächelte Archer. »Ich denke, wir sollten jemanden anheuern, einen Privatschnüffler, wenn Sie den Ausdruck verzeihen, der die Schauspieleragenturen abklappert und nachfragt.«
»Haben Sie eine Ahnung, was das kostet?« fragte Kate. »Wahrscheinlich kam unser Mann aus New York. Und wissen Sie, wie viele Agenturen es dort gibt?
Entschuldigen Sie, aber haben Sie vielleicht einen nach Arzt aussehenden Schauspieler in Ihrer Kartei, der in seiner Vergangenheit irgendwann einmal etwas 110
mit Medizin zu tun hatte? Und wäre der Ihrer Meinung nach bereit, sich für eine private, leicht illegale, aber gut bezahlte Unternehmung anheuern zu lassen?«
»Wir könnten es einfach versuchen«, schlug Dr. Myers vor. »Die Kosten übernehme ich, jedenfalls für den Anfang. Erstens ist mir die Sache persönlich sehr wichtig, und zweitens, wenn wir Glück haben, kann ich den Kerl auf eine Riesensumme verklagen. Außerdem werden Ihnen meine Informationen von Nutzen sein, wenn Sie aufdecken wollen, welche Intrige gegen Patrice lief. Aber gut – soll Herbert den Privatdetektiv anheuern, je eher, desto besser.«
»Ich werde mit ihm sprechen, wenn wir wieder in New York sind«, sagte Archer. »Aber Ihnen ist doch klar, daß der Schuldige sehr wohl auch von hier sein könnte – jemand mit schauspielerischem Talent und einer Verbindung zu Patrice, von der wir nichts ahnen. Wollen Sie wirklich Ihr Geld riskieren, Dr. Myers?«
»Na, ich setze jedenfalls auf jemanden, der nicht von hier ist. Lassen Sie uns also in New York beginnen. Und bitte, nennen Sie mich Dirk. Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Ist
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