Süßer Tod
überhaupt noch in Betrieb?« , fragte Britt.
»Hoffen wir, dass BellSouth das hier bisher übersehen hat.«
Die Dame mit der wohlklingenden Stimme erkannte seinen Namen nicht und weigerte sich, ihn zu Richterin Mellors durchzustellen, auch nachdem er sich als alten Freund vorgestellt hatte. »Es tut mir leid, Mr Gannon. Ein Team von 60 Minutes soll jeden Moment hier eintreffen, und die Richterin bereitet sich gerade …«
»Fragen Sie die Richterin, ob sie in letzter Zeit ein ungewöhnliches Spielzeug in ihren Cracker Jacks gefunden hat.«
»Verzeihung?«
»Fragen Sie sie das. Sie wird bestimmt mit mir reden wollen.«
Sie seufzte lang und leidend, stellte ihn in die Warteschleife, und die nächste Stimme, die er hörte, war die von Candy. »Friss Dreck und stirb, du Arschloch!«
Er lachte. »Ich wusste, dass ich dich damit ans Telefon holen kann.«
»Ich habe seit Jahren nicht mehr daran gedacht. Ich wette, ich könnte dich immer noch wegen sexueller Belästigung verklagen. Nach wie vielen Jahren verjährt so was eigentlich?«
»Das fragst du mich? Du bist doch die Paragrafenreiterin.«
Als er und Jay im Abschlussjahrgang gewesen waren, war Candy an ihr College gekommen. Sie hatte sich in einen ihrer Freunde verknallt. Sie hatten ihr erzählt, dass der Typ für sein Leben gern Popcornriegel aß und ständig welche futterte. Wenn
sie sein Herz gewinnen wollte, sollte sie eine Schachtel Cracker Jacks mit ihm teilen. Was sie auch tat, nur um zu ihrer endlosen Beschämung zu entdecken, dass Raley und Jay das kleine Plastikspielzeug in der Packung gegen ein in Goldfolie verpacktes Kondom ausgetauscht hatten.
»Wie habt ihr das überhaupt hinbekommen?«, wollte sie jetzt wissen. »Habt ihr den Kartonboden geöffnet?«
»Ich verrate doch nicht meine besten Tricks.«
Als das Lachen abgeebbt war, sagte sie: »Mann, ich freue mich so, deine Stimme zu hören. Gestern Abend habe ich George McGowan angerufen, um mich nach der Beerdigung zu erkundigen. Er hat erzählt, dass du auch dort warst. Ich wünschte, ich hätte kommen können, und sei es nur, um dich zu treffen. Wie geht’s dir so, Raley?«
»Gut, gut.«
»Wirklich?« Ihr war anzuhören, dass sie ihm nicht glaubte. »Ich habe mitbekommen, dass es zwischen dir und Hallie endgültig aus war, nachdem du aus Charleston weggegangen warst. Tut mir leid, dass … also, wie das damals ausgegangen ist.«
Er war überzeugt, dass sie über Jay von ihrer Trennung erfahren hatte, wahrscheinlich weil Jay damit geprahlt hatte. »Für Hallie hat sich alles zum Guten gewendet. Sie ist inzwischen verheiratet und hat Kinder.« Nach kurzem Luftholen ergänzte er: »Das mit deinem Mann tut mir leid.«
»Endlich finde ich einen Typen, den ich heiraten kann, und ehe ich mich versehe, ist er ertrunken.« Trotz ihrer ironischen Antwort hörte Raley ihr an, dass der Verlust immer noch schmerzte. Deutlich ernster fuhr sie fort: »Er war ein wunderbarer Mann. Ihr hättet euch gemocht. Ich war am Boden zerstört, als es passierte, aber…« Sie hielt inne und holte Luft. »Das Leben geht weiter.«
»Allerdings.«
»Ich bin nur dankbar für meine Arbeit.«
»Ach ja, herzlichen Glückwunsch.«
»Glückwünsche nehme ich erst nach der Abstimmung am Freitag entgegen, trotzdem vielen Dank.«
Das Geplauder ging dem Ende zu. Beide hatten sich ihrer gegenseitigen Sympathie versichert. Er stellte sich vor, wie sie auf die Uhr sah und die Zeichen ihrer Assistentin zu ignorieren versuchte, die ihr anzeigte, dass das Fernsehteam eingetroffen sei.
»Raley, hast du angerufen, um mit mir über Jay zu reden?«
»Gut geraten.«
»Ich bin froh, dass du anrufst. Du musst dich endlich mit dem abfinden, was zwischen ihm und Hallie gelaufen ist. George meinte, du wärst immer noch wütend, es ist absolut sinnlos, auf einen Toten wütend zu sein. Ihr werdet euch nicht mehr aussöhnen können.«
Ihm wollte keine passende Antwort einfallen, denn sie hatte recht. Dass Jay ihre Freundschaft verraten hatte, war nicht rückgängig zu machen. Genau wie die Trennung von Hallie. Er suchte schon lange keine Vergeltung mehr für das, was ihm angetan worden war. Falls sich das zusätzlich ergab, falls ihm die Sache mit Suzi Monroe endlich nicht mehr angelastet wurde, war das zwar ein Bonus, aber inzwischen ging es ihm nicht mehr darum, sich reinzuwaschen.
Inzwischen wollte er vor allem Gerechtigkeit für die Opfer des Brandes.
Sieben Menschenleben. Sieben Morde. Sieben Menschen, die grundlos
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