Süßer Tod
danach gefragt?«
Hatte er nicht. Warum eigentlich nicht? »Sie hätten es mir sowieso nicht erzählt.«
»Warum hast du mich nicht angerufen, während sie bei dir waren?«
»Konnte ich nicht. Gannon hatte eine Pistole.«
»Und er hat dich mit vorgehaltener Waffe bedroht?«
Eigentlich nicht. Die Pistole hatte fest in Gannons Hosenbund gesteckt. »Es war eine implizierte Drohung. Er hat dafür gesorgt, dass ich sie sehe.« Was auch nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber so klang es wesentlich bedrohlicher, als es gewesen war.
»Was willst du jetzt unternehmen, Pat? Deine Kollegen anrufen und ihnen erzählen, dass die gesuchte Flüchtige in deinem Haus war?«
Das war eine Fangfrage. Er hatte im Gegenteil strikte Anweisung, nichts dergleichen zu tun. »Gannon hat meine Familie bedroht, falls ich irgendwem etwas erzähle.«
»Deine Familie musst du natürlich beschützen.« In der Stimme schwang eine Spur von Ironie. »Falls du Gannon oder Britt Shelley noch mal siehst …«
»Sage ich sofort Bescheid.«
»Auf jeden Fall, Pat. Weil diese Riesenstory, die Jay erzählen wollte, uns alle ruinieren könnte. Dich eingeschlossen.«
Mit dieser unheilverheißenden Bemerkung endete das Gespräch.
R aley tauschte die Nummernschilder gegen die eines dschungeltauglichen Jeeps mit aggressiv wirkendem Hirschfänger aus.
»Du wirst immer besser darin«, bemerkte Britt, als er wieder zu ihr in den Wagen stieg.
»Nicht wirklich. Eigentlich sollte ich den Wagen gegen einen anderen eintauschen, aber ich fürchte, darauf sind die beiden vorbereitet.«
»Butch und sein Kompagnon?«
»Hmm. Sie bräuchten nur die Händler in den gelben Seiten abzuarbeiten. Sobald wir mit einem neuen Auto vom Hof fahren, würde der Verkäufer am Telefon hängen und uns melden, um seine Prämie zu kassieren. Und wir haben keine Zeit, ein Auto von privat zu kaufen. Mal ganz zu schweigen von den Kosten für ein weiteres Auto.«
»Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, ich würde dir die Hälfte deiner Ausgaben erstatten.«
Er lachte auf. »Okay, dann führst du über unsere Ausgaben Buch, während ich versuche, uns diese Profikiller vom Hals zu halten.«
»Du glaubst, das sind Profikiller?«
»Weder Fordyce noch McGowan würden die Schmutzarbeit selbst erledigen. Die Männer, die uns jagen, müssen Profis sein.«
»Ich dachte, so etwas gibt es nur im Film.«
»Dachte ich auch, bis ich gesehen habe, wie sie dich von der Straße in den Fluss abgedrängt haben.«
Er lenkte den Wagen aus dem Parkhaus, in dem er die Nummernschilder
ausgetauscht hatte, und bog auf den belebten Boulevard, wo für jeden anderen Menschen in Charleston alles seinen gewohnten Gang ging. Sie kamen an einer Touristengruppe auf einer geführten Tour durch den historischen Distrikt vorbei. Größtenteils trugen die Gäste festes Schuhwerk und Sonnenschutz und waren mit schweren Kameras und Reiseführern beladen, dennoch beäugte Raley jeden Einzelnen misstrauisch, um festzustellen, ob einer davon nicht in das Stereotyp fiel.
»Butch und Sundance haben wir enttarnt. Vielleicht sind sie nicht die Einzigen«, sagte er.
»Kein besonders tröstlicher Gedanke.« Britt warf einen schiefen Blick auf den Motorradfahrer, der auf der Spur neben ihrer seine Harley aufröhren ließ.
»Diese Männer werden nicht einfach aufgeben und verschwinden, Britt. Und wir drehen uns immer nur im Kreis, ohne dass wir einen Schritt vorwärtskommen. Lewis Jones war ein Reinfall. Sein Hass auf die Bullen und auf alles, was mit der Regierung zu tun hat, war nicht gespielt. Meinst du nicht auch?«
»Meine ich auch.«
»Falls er irgendwas über Clevelands Tod wüsste, das auf kriminelle Machenschaften bei der Polizei schließen ließe, hätte er es uns sofort erzählt. Aber er kann uns nicht weiterhelfen, selbst wenn er will.«
Britt verzog das Gesicht. »Ich will ihn auch gar nicht in unserem Team haben.«
»Mir gefällt die Vorstellung auch nicht.«
»Waren das echte Handgranaten?«
»Ich würde nur ungern den Splint ziehen, um das festzustellen.«
Sie fuhren schweigend weiter, bis Britt sagte: »Pat Wickham …«
»Ja?«
»Lügt.«
»Dass sich die Balken und seine Zähne biegen.«
»Du glaubst das auch?«
»Ich weiß es. Aber wie sollen wir ihn überreden, uns zu verraten, was er verbirgt? Ihm nur vorzuwerfen, dass er lügt, hat nichts gebracht. Wir können ihm die Wahrheit nicht aus dem Leib prügeln. Ich bin für alle Vorschläge offen.«
»Er lügt nicht nur«, sagte sie,
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