Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
Leitung tutet es mehrmals. Schließlich meldet sich eine verschlafene Stimme: »Hallo?«
»Capote?«
»Ja?« Er gähnt.
»Ich bin’s. Carrie Bradshaw.«
»Ich weiß, wie du mit Nachnamen heißt, Carrie.«
»Darf ich hochkommen?«
»Es ist vier Uhr morgens.«
»Bitte?«
»Meinetwegen.« In seinem Apartment geht das Licht an und ich sehe seine hin und her laufende Silhouette am Fenster. Dann reißt er es auf und wirft den Schlüsselbund hinunter.
Er landet mit einem klirrenden Geräusch in meinen wartenden Händen.
37
Ich öfne ein Auge und schließe es wieder. Öfne es erneut. Wo bin ich? Das muss einer dieser seltsamen Träume sein, in denen man wach zu sein glaubt, obwohl man in Wirklichkeit noch schläft.
Aber ich habe nicht das Gefühl, zu schlafen.
Außerdem bin ich nackt. Und es brennt ein bisschen zwischen meinen Beinen.
Aber dass liegt daran, dass es … Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen. Es ist passiert. Mein Jungfrauen-Dasein ist offiziell beendet.
Ich bin bei Capote Duncan. Liege in seinem Bett. Dem Bett mit der karierten Bettdecke, die seine Mutter ihm gekauft hat, und den beiden Schaumstoffkissen (warum legen Männer eigentlich so gar keinen Wert auf weiche, schöne Kissen?). Am Fußende liegt die kratzige Armeewolldecke von seinem Großvater, der sie wiederum von seinem Vater geerbt hat, der noch im Bürgerkrieg kämpfte. Capote hat eine ausgesprochen sentimentale Ader. Ich habe noch Patsy Clines Stimme in den Ohren, die »I Fall to Pieces« aus den Boxen haucht. Von jetzt an werde ich immer an Capote und unsere gemeinsame Nacht denken, wenn ich diesen Song höre. An die Nacht, in der er mir sanft meine Unschuld nahm.
Ich glaube, ich kann mich glücklich schätzen, weil es eigentlich genau so war, wie ich es mir immer erträumt habe. Während wir miteinander geschlafen haben, hatte ich das Gefühl, wirklich verliebt in ihn zu sein, und er hat mir die ganze Zeit
gesagt, wie schön ich sei. Und dass ich keine Angst haben müsse. Und wie glücklich es ihn mache, mit mir zusammen zu sein. Und dass er mich von Anfang an toll fand, aber geglaubt hätte, ich könne ihn nicht ausstehen. Als er dann hörte, dass ich mit Bernard zusammen war, dachte er, er hätte seine Chance endgültig verpasst. Und nachdem ich es auch noch geschafft hatte, tatsächlich ein Stück zu schreiben, war er sich sicher, sowieso nicht »gut genug« für mich zu sein, weil er selbst fast gar nichts zu Papier gebracht hatte.
Wow. Ich hätte nicht gedacht, dass auch Jungs solche Selbstzweifel haben können.
Natürlich habe ich ihm nicht gesagt, dass ich ihn anfangs tatsächlich ziemlich unausstehlich fand.
Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass er das hinreißendste Geschöpf auf Erden ist.
Ich drehe mich zu ihm um und betrachte ihn zärtlich. Er liegt schlafend auf dem Rücken und sein Gesicht ist so friedlich und entspannt, dass ich fast meine, ein Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen. Ohne seine Brille wirkt er unglaublich verletzlich. Gestern Nacht hat er mit einer sehr sexy Bibliothekarsgeste seine Brille abgenommen und wir haben uns geküsst und dann unendlich lang in die Augen gesehen. Mir war, als könne ich seine ganze Lebensgeschichte darin lesen.
Ich habe noch nie zuvor im Leben mit jemandem eine solch tiefe Vertrautheit empfunden wie mit ihm. Es war fast ein bisschen unheimlich, aber gleichzeitig zutiefst berührend.
Ich glaube, das ist es, was mich am Sex am meisten überrascht hat: Dass zwei Menschen einander so instinktiv begreifen können.
Ich beuge mich über den Rand des Betts und suche nach meiner
Unterwäsche. Ich möchte gehen, bevor Capote aufwacht. Das habe ich mir so geschworen und daran werde ich mich halten.
Vorsichtig steige ich aus dem Bett, um die dicke, weiche Matratze nicht zum Beben zu bringen. Sie stammt noch von den Vorbesitzern und Capote meinte, sie sei bestimmt an die hundert Jahre alt. Ich frage mich, wie viele Leute in diesem Bett schon Sex hatten. Hofentlich waren es viele. Und hofentlich ist es für sie genauso schön gewesen wie für mich.
Ich sammle meine Sachen zusammen, die rings um das Sofa im Wohnzimmer verstreut sind. Die Chanel-Tasche liegt neben der Tür, wo ich sie fallen gelassen habe, als Capote mein Gesicht zärtlich in die Hände nahm, mich gegen die Flurwand drängte und leidenschaftlich küsste, woraufhin ich ihm praktisch die Kleider vom Leib riss.
Aber das war gestern und ich werde ihn nie mehr wiedersehen. Weil ich jetzt der Zukunft ins
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