Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
geschafft, das Segel zu hissen. Ich musste die Mission abbrechen und einen anderen Steuermann finden, einen der weiß, wie man das Boot in den Hafen manövriert.«
»Also wirklich, Carrie. Du hörst dich schon an wie Samantha. Ich fasse es nicht. Was hast du jetzt vor?«
»Erst mal gehe ich den neuen Eisbären besuchen«, lache ich und lege auf, bevor sie noch mehr Fragen stellen kann.
Bin ich jemals verliebt gewesen? Ich meine, wirklich verliebt? Und warum habe ich bei jedem neuen Mann das Gefühl, viel verliebter in ihn zu sein als in den vorherigen? Ich muss an Sebastian denken und lächle. Was um Himmels willen habe jemals an ihm gefunden? Was wollte ich von Bernard? Ich lehne mich noch etwas weiter über die Mauer, um einen besseren Blick auf den Eisbären zu haben. Armer Bernard. Inzwischen weiß ich, dass er noch viel verwirrter ist, als ich es jemals war.
»Worüber lachst du?«, fragt Capote und schlingt von hinten die Arme um mich. Wir schafen es noch nicht einmal eine Minute
lang, die Hände voneinander zu lassen. Weder in der U-Bahn, wo wir eng aneinandergeschmiegt saßen, noch auf der Fifth Avenue, die wir Arm in Arm entlangschlenderten, oder in der Warteschlange an der Kasse des Zoos, wo wir uns leidenschaftlich küssten. Mein Körper hat sich in ein hochsensibles Instrument verwandelt, das bei der leisesten Berührung von Capote in Schwingung gerät. Ich kann nicht glauben, dass ich den ganzen Sommer damit verschwendet habe, Bernard hinterherzujagen, während Capote doch die ganze Zeit nur auf ein Zeichen von mir wartete.
Aber vielleicht wäre er dann nicht so verrückt nach mir.
»Ich lache doch ständig«, sage ich.
»Und warum?«, fragt er und vergräbt das Gesicht in meinen Haaren.
»Weil das Leben mich zum Lachen bringt.«
Wir kaufen uns Hotdogs und Eisbären-Baseballkappen im Zoo und als wir später auf der Fifth Avenue an dem alten Mann vorbeikommen, der vor Saks immer Kugelschreiber verkauft, muss ich an meine erste Begegnung mit Miranda denken. Im Empire State Building schließen wir uns einer Touristengruppe an, mit der wir bis zur Aussichtsplattform hinaufahren. Wir bewundern die Stadt durch eines der fest installierten Fernrohre und küssen uns, bis unsere Lippen wund sind. Dann nehmen wir uns ein Taxi und fahren zu Capote zurück, wo wir so lange und ausgiebig Sex haben, bis wir vor Hunger beinahe sterben. Eine Stunde später esse ich in Chinatown meine erste Pekingente. Anschließend spazieren wir durch SoHo und lachen bei der Erinnerung an Teensie und ihren Pillentrip auf Barry Jessens Vernissage und all die anderen verrückten Dinge, die wir im Laufe des Sommers erlebt haben. Mittlerweile ist es spät geworden
– kurz nach Mitternacht –, und ich beschließe, eine letzte Nacht mit Capote zu verbringen.
Aber am nächsten Morgen schafen wir es wieder nicht, uns voneinander loszureißen. Wir ziehen um und lieben uns zur Abwechslung in Samanthas Bett. Danach packe ich meine Zahnbürste und eine frische Garnitur Unterwäsche in meine Werkzeugtasche und schlüpfe noch einmal mit meinem wunderbaren neuen Freund in die Rolle des Touristenpärchens. Wir lassen uns von einer Fähre der Circle Line um die Insel Manhattan schippern, erklimmen die Freiheitsstatue, wundern uns darüber, wie klein sie eigentlich ist, wenn man erst einmal oben in der Krone steht, und kehren danach zu Capote zurück.
Wir essen Hamburger im Corner Bistro und Pizza bei John’s. Ich habe meinen ersten Orgasmus.
Durch die trunkene Glückseligkeit, die die Zeit so schnell vergehen lässt und uns dennoch ein Gefühl von Ewigkeit gibt, zieht sich ein Faden der Verzweiflung. Denn von ewig kann keine Rede sein. Capote fängt Anfang September an, für eine Werbeagentur zu arbeiten. Und ich muss mein Studium an der Brown antreten.
»Musst du wirklich?«, fragt er leise.
»Mir bleibt gar nichts anderes übrig. Ich hatte die ganze Zeit gehofft, dass mein Theaterstück so gut ankommen würde, dass sich daraus irgendeine Möglichkeit ergibt, hierzubleiben. Vielleicht hätte ich meinen Vater dann dazu überreden können, mich auf die NYU gehen zu lassen.«
»Vielleicht erlaubt er es dir auch so?«
»Nein, bestimmt nicht. Dafür bräuchte ich schon eine wirklich gute Begründung.«
»Ich hätte da eine: Du hast einen Typen kennengelernt, der
dir total den Kopf verdreht hat und ohne den du nicht mehr leben kannst.«
»Wenn ich das sage, würde er einen Herzinfarkt bekommen. Er hat mich dazu erzogen, meine
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