Summer Westin: Todesruf (German Edition)
nicht erreichbar war. Sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, was alles der Grund dafür sein konnte.
» Querido «, murmelte sie. »Ich finde es auch schade, dass ich dich nicht erreiche. Ich schlafe heute drinnen, und du hoffentlich auch. Pass auf dich auf, Liebster.«
Die Unterkunft war bereits still und dunkel, als Sam dort ankam. Der Wegetrupp musste einen harten Arbeitstag hinter sich haben – sogar Blackstock schnarchte schon in seinem Bett. Auch Sam war todmüde. Sie setzte sich ein paar Minuten an den Küchentisch, trank Shiraz aus ihrem Thermobecher, atmete den noch in der Luft hängenden Chiligeruch ein und beobachtete durch das Fenster, wie die Wolken die Sterne verschluckten. Sie vermisste die Wärme einer Katze auf ihrem Schoß.
Nach dem Zähneputzen zog sie sich noch im Badezimmer um und kroch dann leise ins Bett. Regen trommelte inzwischen in gleichmäßigem Rhythmus auf das Blechdach der Unterkunft. Der Wegetrupp war nicht zu beneiden – wenn es regnete, war man den ganzen Tag nass, egal ob ohne oder mit Regenanzug, in dem man unweigerlich im eigenen Schweiß schwamm.
Bevor Sam die Augen schloss, hielt sie ihr Handy ans Ohr und ließ Chases Nachricht noch einmal abspielen. Te amo.
»Ich glaube, ich liebe dich auch«, flüsterte sie leise.
»Wie nett«, ertönte Mayas verschlafene Stimme aus dem anderen Bett. »Aber Sie sind echt nicht mein Typ.«
21
Am nächsten Morgen regnete es noch immer, und die Fahrt von der Unterkunft zum Distriktbüro erwies sich als rutschige Angelegenheit. Im Gebäude angekommen schüttelte Sam ihren Regenmantel aus und hängte ihn an den Haken des großen Büros, das sie mit anderen Mitarbeitern teilte. In ihrem Postkasten lag schon wieder ein Fax. Hoyle wollte wissen, welche Fortschritte ihr Managementplan machte und ob er sich ihre Rede für die bevorstehende Konferenz ansehen dürfe.
Das war wirklich die Höhe! The Edge bezahlte sie für die Rede, und wenn sie sich schon von Richard Best nicht deren Inhalt absegnen ließ, dann erst recht nicht von Peter Hoyle. Der hatte ihr nichts zu sagen, oder zumindest würde er ihr in zehn Tagen nichts mehr zu sagen haben. Außerdem hatte sie gerade mal den ersten Satz ihres Vortrags geschrieben, und selbst bei diesen fünf Wörtern war sie sich nicht sicher.
Wutschnaubend klappte sie ihren Laptop auf und wartete, dass er hochfuhr. Bis ihr einfiel, dass das Büro nicht über W-Lan verfügte und sie das Telefonkabel des Uraltcomputers aus- und in ihren Laptop einstöpseln musste, hatte sie sich ein bisschen abgeregt. Hoyle besaß durchaus das Recht zu fragen, was seine Angestellte trieb, zumal jetzt, so kurz vor Ablauf ihres Arbeitsvertrags.
Sie loggte sich in das Intranet des National Park Service ein und schickte ihm die Nachricht, dass alles nach Plan lief und sie ihm in zwei Tagen den Entwurf des Managementplans mailen oder, falls ihm das lieber wäre, durch den Boten zukommen lassen würde. 60 Meilen zu fahren und ihm persönlich das Manuskript vorbeizubringen, bot sie ihm allerdings nicht an.
Sie hatte die Mail bereits losgeschickt, als ihr die geniale Idee kam, Hoyle zu gestehen, dass sie mit ihrer Rede feststeckte, und ihn um Vorschläge zu bitten. Sie musste sie ja nicht unbedingt aufgreifen. Aber vielleicht war es aufschlussreich, welche Vorstellungen leitende Angestellte des Nationalparks zum Thema »Umweltschützer als vom Aussterben bedrohte Art« hatten.
Hoyles Antwort traf umgehend ein. Er bat, ihm den Plan zu mailen und schlug vor, sie solle ihre Rede mit einem Rückblick auf die Geschichte der Umweltbewegung beginnen, mit Umweltschützern wie Teddy Roosevelt und John Muir. Werfen Sie die Frage auf, wo das Land heute stünde, wenn sich ihre Gegner durchgesetzt hätten , schrieb Hoyle.
Eine verdammt gute Idee. Sam war sofort klar, wie sie von da aus zum heutigen Kampf für die Umwelt überleiten konnte. Dabei ließ sich wunderbar aufzeigen, welche Bedeutung führende Umwelt- und Naturschützer für Amerikas Landschaft und Geschichte hatten. Es beschämte sie, dass ihr diese Idee nicht selbst gekommen war. Vermutlich wäre es besser, wenn Hoyle die Rede hielt und nicht sie.
Supervorschläge – danke! , schrieb sie zurück. Endlich konnte sie mal ehrlich zu ihrem Chef sein.
Kaum hatte sie fünf Minuten am Entwurf ihres Managementplans gearbeitet, da sandte Hoyle ihr schon eine Liste mit Links und schrieb dazu, dass er ihr Mittwoch nach dem Gottesdienst für Lisa Glass einen Ordner mit Artikeln geben
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