Summer Westin: Todesruf (German Edition)
würde.
Sie klickte einen Link über John Muir an. Interessant. Sie wusste von Muir und dem Sierra Club, hatte aber nicht geahnt, dass Muir so viel Einfluss auf Teddy Roosevelt gehabt hatte und für die Entstehung vieler Parks im Westen verantwortlich war. Was man doch alles im Internet lernen konnte!
Das brachte sie auf die Idee, in der Suchmaske Lebenssymbol einzugeben. Vielleicht fand sie Lilis Tätowierung. Mehrere Seiten tauchten auf, die unterschiedliche Lebenssymbole erklärten, darunter auch Lebensbäume, Ankhs und keltische Kreuze. Sie arbeitete sich durch die Liste und rief dann die nächste Seite der Links auf. Die zweite dort gelistete Webseite trug den Titel Fotos von Extremistensymbolen, -logos und -tätowierungen. Extremisten? Joes »Schlammleute«-Erklärung fiel ihr wieder ein. Mit einem unguten Gefühl klickte Sam die Seite an.
Hass zur Ansicht. Schau an, eine riesige Datenbank. Sie klickte Grafische Symbole an. Da war sie, Lilis Tätowierung, gleich das erste Symbol in der Liste. Eine Lebensrune, die – so lautete die Beschreibung – ursprünglich ein altes Symbol für Leben, Wachstum, Wiedergeburt und Erneuerung gewesen war. Die Nazis hatten damit die Gräber von SS-Soldaten geschmückt, und heute ehrten Rassisten damit Frauen in der weißen Arierbewegung als »Lebensspenderinnen«.
Oh nein. Lisas und Lilis Kommentare ergaben allmählich einen unguten Sinn. Sam zog ihr Handy heraus und wählte Chases Nummer. Erstaunlicherweise meldete er sich sogar.
»Chase, ich hab’s! Die Tätowierung, Mulatte, Schlammleute, Lisas Bibel, die Zeichnung von dem jüdischen Jungen – jetzt passt alles zusammen.«
»Das höre ich gern, querida . Hol erst mal tief Luft, und dann erklär mir, wovon zum Teufel du redest. Schlammleute?«
Sam wurde bewusst, dass sie kurz vorm Hyperventilieren stand, also atmete sie wie empfohlen tief ein. »Tut mir leid. Wo bist du?«
»Kurz hinter Boise.«
Also entfernte er sich von Minute zu Minute. »Ist Nicole bei dir? Was ist aus den Besprechungen in Seattle geworden?«
»Nicole fährt. Seattle war gestern.«
Ach ja, ihre Welt war so viel kleiner und langsamer als seine. Sie wollte nicht, dass er wegfuhr. Aber er würde zurückkommen. Irgendwann. Wenn er Zeit hatte.
»Was ist jetzt mit dieser Tätowierung?«
»Das ist eine Lebensrune, Chase. Ich habe eine Webseite gefunden, und da steht, sie wird als Symbol von der« – sie warf noch mal einen Blick auf den Bildschirm – »National Alliance benutzt.«
»Ich dachte, die National Alliance gäbe es nicht mehr.« Er klang grimmig. Im Hintergrund hörte sie Nicole etwas sagen, konnte aber nicht verstehen, was.
»Ich nehme an, es könnte auch Zufall sein – immerhin ist es ein uraltes Symbol, aber denk an Lisas Bibel und wie sie über den jüdischen Jungen geredet und das Wort ›Mulatte‹ benutzt hat. Dieses Wort taucht auf der Webseite immer wieder auf. Und Lili Choi trägt die gleiche Tätowierung. Gestern Abend hat sie gesagt, sie wäre kein Schlammmädchen mehr.« Sam nahm das Handy in die linke Hand, damit sie mit der rechten die Maus bewegen und auf Nummernsymbole klicken konnte.
»Schlammmädchen?«
»Vermutlich eine Version von ›Schlammleute‹. Das ist der Jargon der weißen Herrenrasse für …«
»Den Ausdruck kenne ich.«
Kein Wunder, schließlich war er halb Latino und halb Lakota. Sie starrte auf die neue Seite, die sich auf dem Bildschirm aufbaute. »Fünf, Chase. Ich sehe es gerade. Fünf bedeutet ›Ich habe nichts zu sagen‹. Oh je, da ist auch eine 14. Warte mal.«
Jetzt wäre es gut gewesen, über eine schnelle Internet-Verbindung zu verfügen, aber hier gab es leider nur die langsame National-Park-Service-Verbindung. Endlich hatte sich die Seite aufgebaut. »14 steht für ›Wir müssen für die Existenz unseres Volkes und die Zukunft unserer Kinder sorgen‹. Ein Ausspruch von David Lane vom ›Orden‹.« Sie klickte sich auf die Seite davor zurück. »Die Zahlen, die wir an den Bäumen gefunden haben, sind so etwas wie ein rassistischer Code.«
»Gib mir die URL der Webseite.«
Während sie wartete, dass sich die vorige Seite auf dem Bildschirm aufbaute, las sie ihm die Adresse oben am Browser vor. Endlich war die Liste mit den Nummern wieder da. »2818 gibt es nicht, Chase.«
»Das wäre auch zu einfach gewesen.«
»Von den Sprüchen, die zu den Zahlen gehören, richten sich auch viele gegen die Regierung.«
»Die meisten Anhänger der Herrenrassentheorie hassen jede Form von
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