Summer Westin: Todesruf (German Edition)
mitgenommen, und so herrschte beim Abendessen größtenteils Schweigen. Für ein Lagerfeuer war es zu feucht, also teilte Blackstock sie in Gruppen auf und ließ sie Trivial Pursuit spielen. Glücklicherweise hatten sie die Popkultur-Ausgabe. Sam konnte sich nicht recht vorstellen, dass diese Teens mit Fragen zu Geografie und Geschichte zurechtgekommen wären.
Sie zog sich in ihr Zimmer zurück und machte sich ein paar Notizen zu ihrer morgendlichen Feldarbeit und deren Bedeutung für ihren Managementplan. Dann holte sie ihre Quilt-Vierecke aus der Tasche und versuchte abzuschätzen, wie viele sie noch machen musste, damit das Ganze einen Quilt ergab. Sie überlegte, welche Motive sich für die Vierecke eignen würden. Nichts, was ihr in den Sinn kam, gefiel ihr, und allmählich kam ihr die ganze Idee ziemlich narzisstisch vor. Genau genommen verfügte sie auch gar nicht über das Geschick, das man zur Herstellung eines solchen Quilts brauchte. Kinder, an die sie ihn hätte weitergeben können, hatte sie auch nicht. Wozu also sollte sie ihr Leben in Form einer Stickerei dokumentieren? Andererseits, dachte sie und strich über die Stickarbeit ihrer Mutter und Großmutter, wäre es eine Schande, diese herrlichen Kunstwerke nicht zu würdigen. Vielleicht würde sie sie einfach einrahmen. Sie schob sie in die Tasche zurück und legte sie auf das obere Bett. Da die Jungs alle noch beim Spiel saßen, reklamierte sie das Badezimmer für sich und gönnte sich eine Dusche.
Als sie ins Zimmer zurückkam, saß Maya im Schneidersitz auf ihrem Bett und hatte die Quiltvierecke auf der Bettdecke um sich herum ausgebreitet. »Tut mir leid«, sagte sie und sah zu Sam hoch. »Ich konnte einfach nicht widerstehen. Die sind dermaßen schön!«
»Findest du?« Sam hängte ihr Handtuch an einen Haken an der Wand. Ein abgebrühtes Mädchen wie Maya war hingerissen von Stickerei?
»Wofür sind die?«
Sam erklärte ihr das Konzept des Albumquilts.
»Ihre Mom und Ihre Oma haben die für Sie gemacht?« Das Mädchen betastete das Viereck, auf dem Sam auf Comanche durch die Felder galoppierte. »Sie hatten ein Pferd?«
Mayas Fragen klangen derart sehnsuchtsvoll, dass Sam sich regelrecht schuldig fühlte, als sie nickte.
23
Der anhaltende Regen machte es Sam am nächsten Tag etwas leichter, an ihrem Schreibtisch zu sitzen, sich mit Park-Vorschriften und dem dazugehörigen Vokabular herumzuschlagen und ihren Managementplan noch detaillierter auszuarbeiten. Als sie auf der 101 in nördlicher Richtung zur Unterkunft des Wegetrupps zurückfuhr, sprang ihr im Rückspiegel auf einmal etwas Weißes ins Auge, das auf die Forest-Service-Straße 4312 abbog. Ein großer Pick-up.
Nicht der von Garrett Ford – die Nachbarn hatten ihr gesagt, seiner sei schwarz. Erst heute Morgen war sie bei ihm vorbeigefahren, um nachzusehen, ob an seiner Haustür ein Kranz mit Bärenklauen hing oder eine Blutlache unter seinem Garagentor hervorlief, aber er war nicht zu Hause gewesen und sein Pick-up hatte nicht in der Garage gestanden.
Von der Straße Nummer 4312 aus führte die illegale Fahrspur in die Nähe des Marmot Lake. Da keine Campingplätze an der Straße lagen und es bereits dämmerte, schien es durchaus wahrscheinlich, dass die Insassen des Wagens nichts Gutes im Schilde führten.
Sie geriet leicht ins Schleudern, als sie auf die Bremse trat und den Wagen wendete. An der Kreuzung war der Pick-up nicht mehr zu sehen. Sie fuhr die unbefestigte Straße entlang und überprüfte Halteplätze und Nebenwege, entdeckte aber nur haufenweise Müll, den irgendwelche Idioten aus Faulheit oder aus Geiz nicht auf die Bezirksmüllkippe gebracht hatten.
Inzwischen hatte sie den Anfang der illegalen Fahrspur erreicht. Die Büsche, die als Barrikade dienen sollten, waren zur Seite geräumt worden, und neue Reifenspuren hatten sich in den Schlamm gegraben. Sie parkte und sah auf die Uhr – Joe war noch 15 Minuten im Dienst.
Er klang nicht begeistert, als sie ihn anfunkte. Sie gab ihm ihren Standort durch und berichtete, es sähe aus, als sei jemand auf der illegalen Fahrspur zum Marmot Lake unterwegs.
»Sind sie auf unserem Gebiet?«, fragte er.
»Ich bin gerade von der 4312 abgebogen – ich kann es echt nicht sagen. Von hier aus kann ich sie nicht sehen. Ich prüfe es mal nach.«
Sein Nein kam trotz der schlechten Funkverbindung laut und unmissverständlich bei ihr an. »Du bist Zivilistin. Halt dich da raus.«
Ein lautes Krachen tönte durch den tropfenden
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