Sumpfblüten
ersten Mal die Nerven verliert.«
»Tun sie aber, wenn man jemandem sagt, er soll sich selbst bumsen.«
»Herrgott, Boyd, ›bumsen‹ ist doch nicht so schlimm. Das kriegt man doch andauernd im Fernsehen zu hören. Wenns ›ficken‹ gewesen wäre, dann könnte ich ja verstehen, dass sie dich rausgeschmissen haben, aber doch nicht ›bumsen‹.«
Shreave köpfte ein Bier und ließ sich auf der Couch nieder. »Anscheinend ist ›Schlampe‹ auch verboten.«
Eugenie setzte sich neben ihn. »Es tut mir so leid.«
»Ach, na ja. In dem Moment hat sich’s jedenfalls toll angefühlt, das zu sagen.«
»Hast du’s Lily schon gesagt?«
»Noch nicht«, murmelte Shreave. Lily war seine Frau. »Sie wird sauer sein, aber das ist ja nichts Neues. War sowieso ein Scheißjob«, bemerkte er. »Nichts für ungut.«
Eugenie überlegte, wie sie es Boyd am besten beibringen sollte, dass sie kein Fan der Vorstellung war, ihre Affäre fortzusetzen, nachdem er jetzt nicht mehr bei Relentless arbeitete und sie sich keine aufgegeilten Zettelchen mehr zuschieben konnten. Der Gedanke, die Beziehung zu ihm per Telefon weiterzuführen, machte sie müde.
»Das einzig Gute an dem gottverdammten Laden«, meinte er, »war, dass ich dich kennen gelernt habe.«
Super, dachte Eugenie. »Boyd, das ist echt süß.«
Shreave begann, ihr die Bluse aufzuknöpfen. »Willst du duschen gehen? Ich bin der knackige Weltreisende und du die Hula-Königin.«
»Natürlich, Baby.« Sie brachte es nicht übers Herz, ihm die schlechte Nachricht zu servieren. Vielleicht morgen, dachte sie. Honey Santanas Bruder war gerade mit einer Story beschäftigt, doch er versprach, dass er versuchen würde zu helfen. Während sie wartete, wählte Honey roboterhaft die 0800-Nummer. Ihr war völlig klar, dass Telemarketing-Unternehmen ihre Telefone absichtlich so manipulierten, dass eingehende Anrufe nicht angenommen wurden, doch sie drückte immer wieder auf die Tasten. Sie hatte das Gefühl, diesem neuesten Zwang noch weniger entgegensetzen zu können als sonst.
»Das macht mich total wahnsinnig, dieser Kerl war so was von schrecklich«, sagte sie zu ihrem Bruder, als dieser sie endlich erreichte. »Und die Sache ist die, er hatte so eine nette Stimme.«
»Ja, das hatte Ted Bundy auch«, meinte Richard Santana. »Schwesterchen, was hast du mit dem Namen vor, wenn ich ihn dir beschaffe? Sei ehrlich.«
Richard Santana war Reporter im Bundesstaat New York. Zu den vielen Internet-Datenbanken, die seiner Zeitung zur Verfügung standen, gehörte auch eine äußerst praktische Suchmaschine, mit der man anhand von Telefonnummern die Namen der Anschlussinhaber ermitteln konnte. Es hatte ungefähr sechs Sekunden gedauert, den Besitzer der 0800-Nummer für seine Schwester zu finden.
»Ich will mich nur beschweren«, log sie.
»Bei wem? Bei der Bundeshandelskommission?«
»Genau, bei der Handelskommission. Hast du den Namen?«
Richard Santana wusste, dass Honey manchmal auf gewöhnliche Situationen extrem reagierte. Nachdem er sich schon früher die Finger verbrannt hatte, begegnete er sämtlichen Nachfragen ihrerseits jetzt mit Misstrauen. Diesmal jedoch war er sich sicher, dass die Information, die er ihr geben konnte, zu nichts Schlimmerem führen konnte als einem wütenden Brief, da die Firma, über die sie sich geärgert hatte, ihren Sitz in Texas hatte und seine Schwester weit entfernt in Florida wohnte.
»Ich schick dir ’ne E-Mail mit dem, was ich habe«, sagte er.
»Du bist klasse, Richard.«
Honey Santana sagte ihrem Bruder nicht, dass sie ihre E-Mails nicht mehr ohne Erlaubnis ihres Sohnes abrufen konnte. Er hatte ihr den Zugang zum Computer an dem Tag gesperrt, als sie 97 Mails ans Weiße Haus abgefeuert hatte, um dagegen zu protestieren, dass der Präsident die Ölförderungen im Arctic National Wildlife Refugee in Alaska unterstützte. Die E-Mails waren innerhalb eines Zeitraums von vier Stunden abgeschickt worden, und ihr zunehmend feindseliger Tonfall hatte die Aufmerksamkeit des US-Geheimdienstes erregt. Zwei junge Agenten waren aus Miami nach Everglades City gefahren, um Honey in dem Trailerpark Fragen zu stellen, und sie waren in dem Irrglauben wieder abgefahren, sie sei zu flatterhaft, um eine ernstzunehmende Bedrohung für irgendjemanden darzustellen.
Sie eilte in Frys Schlafzimmer, machte das Licht an und begann, ihn sanft zu rütteln. »Schläfst du, Schatz?«
»Jetzt nicht mehr.«
»Ich muss an den Computer. Richard mailt mir seine
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