Sumpfblüten
eigentlich Gitarre?«, rief Lee.
»Gar nicht.« Sammy Tigertail tauchte das Paddel ein und drehte den Bug stromabwärts. »Aber ich hab alle Zeit der Welt, es zu lernen.«
»Sammy, warte. Was soll ich Ma sagen?«
»Sag ihr, irgendwann komme ich zurück und spiele ein Lied für sie.«
Eugenie Fonda war für kurze Zeit als Geliebte in einer anderen Beziehung berühmt gewesen. Im Sommer 1999 hatte sie etwas mit einem Mann namens Van Bonneville gehabt, einem selbstständigen Baumpfleger in Ferdinanda Beach. Bald nachdem die Affäre begonnen hatte, war ein Hurrikan, der eine viereinhalb Meter hohe Flutwelle vor sich herschob, über die Küste gefegt und hatte Van Bonnevilles Haus zu Zahnstochern verarbeitet. Er überlebte, seine Frau jedoch war verschollen; man nahm an, dass sie ertrunken war.
Da Hurrikane für Baumpfleger dasselbe sind wie Vertretertagungen für Nutten, war Van Bonneville in den Tagen nach der Tragödie ein extrem beschäftigter Mann. Während seine Nachbarn von seiner Haltung beeindruckt waren, zeigten sich seine Schwiegereltern betroffen über den ihrer Meinung nach deutlichen Mangel an Trauerbekundungen seitens des frischgebackenen Witwers.
Gewisse grausige Verdächtigungen wurden der zuständigen Polizei zu Ohren gebracht, doch niemand achtete besonders darauf, bis Mrs. Bonnevilles Leichnam in ihrem Pontiac am Grunde des St. Johns River gefunden wurde. Ihr Ehemann behauptete, Mrs. Bonnevilles Auto sei von der heranbrandenden Flut fortgerissen worden, als sie auf einer verzweifelten Expedition aus der Einfahrt gerollt sei, um sich Marlboros zu besorgen. Zweifel an dieser Darstellung kamen auf, als die Polizeitaucher berichteten, dass Mrs. Bonneville ordentlich angegurtet auf dem Fahrersitz gesessen hätte. Unter ihren Freunden war allgemein bekannt, dass sich Mrs. Bonneville niemals anschnallte, obwohl das Gesetz des Bundesstaates es vorschrieb; als glühende Verfechterin der Freiheit war sie gegen jegliche Einmischung der Regierung in alle Fragen persönlicher Entscheidungen.
Ein weiterer Hinweis war ihre unechte Seiko Titanium, die, anders als das echte Modell, nicht mal im Entferntesten wasserdicht war. Das Ziffernblatt der Armbanduhr war an einem Datum und zu einer Uhrzeit erstarrt, die volle neun Stunden vor dem Zeitpunkt lagen, an dem der Hurrikan die Küste erreicht hatte, was darauf hinwies, dass der Pontiac lange vor dem Unwetter ins Wasser gestürzt war und dass Mrs. Bonnevilles Leichnam darin angeschnallt worden war, um zu verhindern, dass sie vorzeitig auftauchte.
Am Ende wurde das Schicksal ihres Mannes durch den Gerichtsmediziner von Duval County besiegelt, der aus einer stumpfen Delle in Mrs. Bonnevilles Kopfhaut mehrere klebrige, holzige Blättchen barg, die später als Rindenpartikel von einem abgesägten Ast eines Mahagonibaums identifiziert wurden. Das Aststück maß an dem Tag, als es von der Ladefläche von Van Bonnevilles metallic-schwarzem Pick-up Ford 150 konfisziert wurde, einen Meter in der Länge und 15 Zentimeter im Umfang.
Der »Hurrikan-Mord« -Prozess wurde im Gerichtsfernsehen live übertragen und später zur besten Sendezeit auf »Dateline« gezeigt. Die Ankläger stellten Van Bonneville als untreuen Scheißkerl dar, der geplant hatte, seine liebende Ehefrau um die Ecke zu bringen und das Ganze auf den Sturm zu schieben. Als Motiv wurden Habgier (eine Lebensversicherung im Wert von 75000 Dollar) und Wollust genannt, da Van Bonneville sich eine neue Freundin namens Jean Leigh Hill zugelegt hatte. Der lange, sinnliche Marsch des Hochgewachsenen mit rauchdunklen Augen zum Zeugenstand war das unangefochtene Highlight des Prozesses. Eugenie sagte aus, sie habe geglaubt, Van Bonneville sei Witwer, als sie sich mit ihm eingelassen hatte; sie sei auf seine Behauptung hereingefallen, seine Frau sei bei einem bizarren Unfall im Solarium ums Leben gekommen. Erst drei Tage nach dem Hurrikan hatte Eugenie einen Zeitungsartikel über die verschollene Mrs. Van Bonneville zu Gesicht bekommen. Die höchst aufschlussreiche Story enthielt mehrere Zitate des »in Tränen aufgelösten, angstvollen Ehemannes«.
Augenblicklich hatte Eugenie den einzigen Liebesbrief hervorgesucht, den ihr Van Bonneville jemals geschrieben hatte, und war zum Polizeirevier gegangen.
Skandalumwitterten Schlagzeilen folgte der obligatorische Buchvertrag. Alsbald traf ein Ghostwriter aus New York ein, um Ms. Hill dabei zu helfen, ihre Erinnerungen an die Romanze zu ordnen, obwohl es da nicht
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