Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
Einkaufszentrum und teilte Eugenie mit, dass er die Toilette aufsuchen würde. Sie nahm dies mit einem schläfrigen Brummen zur Kenntnis, klappte ihre Rückenlehne nach hinten und versank wieder in einem verebbenden Dunst aus Valium und Alkohol. Shreave sauste schnurstracks in eine Buchhandlung, wo ein verwunderter Verkäufer ihn zu dem letzten noch nicht eingestampften Taschenbuchexemplar von Storm Ghoul führte, das er zusammen mit einer Straßenkarte vom Süden Floridas käuflich erwarb.
    Die Sonne ging unter, als er und Eugenie endlich Everglades City erreichten, keine Stadt im texanischen Sinne des Wortes. Tatsächlich kaum eine Kleinstadt.
    Eugenie ließ ihr Fenster herunter, damit die kühle Luft sie wach machte. »Wo ist denn hier der Strand?«, fragte sie Shreave.
    »Ich weiß nicht genau.«
    »Wo ist hier überhaupt irgendwas?«
    »Warte doch einfach ab«, meinte er.
    Als er an einem Laden anhielt, um nach dem Weg zur Dancing Flamingo Ökolodge zu fragen, schaute der Verkäufer ihn an, als sei er ein einschlägig bekannter Sittenstrolch. Im Rod and Gun Club hatte er mehr Glück. Der Barkeeper betrachtete die Adresse, die die Telemarketing-Verkäuferin ihm gegeben hatte, und verkündete, das wäre zu Fuß zu erreichen. Er zeichnete eine Karte auf eine Cocktailserviette und reichte sie Shreave.
    »Lass uns erst was essen. Ich komme um vor Hunger«, meinte Eugenie und strebte auf das Restaurant zu.
    Der Barkeeper bewunderte ihren Hüftschwung und sagte zu Shreave, er sei ein echter Glückspilz. »Aber ich würde an Ihrer Stelle da schön dicht dranbleiben«, bemerkte er. »Die Kerle hier, die kriegen nicht viele solche Frauen zu sehen.«
    »Viele davon gibt’s auch nicht zu sehen, ganz egal, wo man wohnt«, erwiderte Shreave voller Autorität.
    Das Abendessen war hervorragend – Palmherzen, überbackene Muscheln, Steinkrabben und Limonenkuchen. Von ihrem Tisch aus schaute man auf den Barron River, wo springende Fische wie Quecksilberspritzer unter der Stegbeleuchtung aufblitzten. Eugenie aß mit Appetit, und Shreave merkte, dass sich ihre Stimmung hob. Nach dem Dessert streifte sie sogar einen Schuh ab und kraulte ihn mit den Zehen im Schritt.
    »Wir werden uns heute Nacht blendend amüsieren«, verkündete sie.
    Vor lauter Vorfreude fast im Delirium, beschloss Boyd, die paar Blocks bis zu der Ökolodge zu fahren, damit er ihr Gepäck nicht zu schleppen brauchte. Getreu der Karte des Barkeepers bog er auf eine ungepflasterte Straße namens Curlew Boulevard ab.
    Eugenie versteifte sich auf ihrem Sitz. »Boyd?«
    »Ja, ich weiß.«
    »Das ist ein verdammter Trailerpark.«
    »Das sehe ich«, antwortete er grimmig.
    Die Adresse lautete Curlew Road 543, und sie gehörte definitiv zu einem Doppelwohnwagen. Irgendein Verrückter hatte die ganze Vorderseite mit grellbunten Papageien und Affen bemalt.
    »Sag mir, dass das ein Witz ist«, bat Eugenie Fonda.
    Shreave verspürte prickelnde Hitze und leichten Schwindel.
    »Boyd, kriegst du das hier überhaupt mit?«
    »Ich weiß auch nicht, was hier los ist, ich schwör’s«, beteuerte er.
    Dann schwang die Tür des Trailers auf.
     
    Vor seinem unheilvollen Job bei dem Propellerbootverleih hatte Sammy Tigertail sich kurze Zeit als Alligatorenringkämpfer versucht. Niemand hatte verstanden, warum. Es war kein populärer Beruf, die meisten Seminolen aus dieser Branche hatten aufgehört, sobald die Einnahmen aus dem Glücksspiel zu sprudeln begonnen hatten.
    Durch Zeitungsanzeigen hatte der Stamm eine Schar derber junger Weißer angeworben, um bei den Alligatorenshows aufzutreten, ein Bruch der kulturellen Authentizität, der die Touristen nicht zu stören schien. Sammy Tigertail war von einem ehemaligen Harley-Mechaniker angelernt worden, der dank drei fehlender Zehen auf den Spitznamen Stummel hörte. Er hatte sie bei einem Axtkampf eingebüßt, doch natürlich erzählte er dem Publikum, dass ein Alligatorbulle sie verschlungen hätte. Um Sammy Tigertail einzuweisen, demonstrierte Stummel ein paar grundlegende Haltegriffe und riet ihm, am Tag einer Vorstellung keinen Wels zu essen, denn »diese gottverdammten Teufelsechsen können das an deinem Atem riechen«.
    Sammy Tigertails erster Ringkampf lief so glatt, dass er scherzhaft fragte, wer dem Alligator Beruhigungsmittel verpasst hatte -ein zweieinhalb Meter langer Bulle, der die Wildheit eines Sitzsacks an den Tag legte. Sammy Tigertail war entspannt und zuversichtlich beim nächsten Auftritt, bei dem er es mit einem

Weitere Kostenlose Bücher