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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Kopf.
    »Ethan will wissen, ob du derselbe Verrückte bist, der auf der Insel auf sie geschossen hat. Was soll ich ihm sagen?«
    »Sag ihm, er soll die Finger vom Dope lassen. Niemand hat auf irgendjemanden geschossen.«
    »Mein neuer Freund ist ein bisschen schüchtern«, sagte Gillian ins Telefon.
    Sammy Tigertail glaubte, tatsächlich spüren zu können, wie seine Schädeldecke Sprünge bekam wie ein Ei. Er legte sich hin und drückte das Gewehr fest an die Brust. »Ich weiß nicht, wann ich zurückkomme«, hörte er Gillian zu ihrem Freund sagen. »Tallahassee ist so was von langweilig, verstehst du?«
    Der Indianer schloss die Augen, doch es bestand keine Hoffnung auf Schlaf. Als Gillian das Handy ausschaltete, bemerkte sie: »Du siehst furchtbar aus.«
    »Danke, dass du mich nicht verpfiffen hast.«
    Sie lachte. »Wie soll ich ihm denn deinen Namen verraten, wenn ich ihn kaum aussprechen kann?«
    »Wenn die wüssten, dass ich Seminole bin, wären sie mit Sicherheit hinter mir her.« Sammy Tigertail erhob sich. Er hoffte, dass der Schwindel vom Hunger kam und nicht vom Hirnfieber des weißen Mannes.
    »Ethan hat mir versprochen, dass er die Suche abblasen lässt, aber ich hab gemerkt, dass er schmollt. Er will einfach nicht glauben, dass ich lieber mit jemand anderem zusammen bin«, meinte Gillian. »Ihr Jungs und eure Egos.«
    »Wo wir gerade von Namen reden, heißt du wirklich St. Croix?«
    »Warst du da mal? Die Strände sind super – du solltest da mal mit deiner Freundin hinfahren oder wem auch immer.«
    »Nein, ich verlasse die Everglades nicht«, wehrte der Indianer ab. »Nie wieder.«
    Sie gingen hinaus, und Gillian zählte vier verschiedene Schmetterlingsarten. Sammy Tigertail konnte einen Zebrafalter und einen Schwalbenschwanz identifizieren, aber nicht die beiden anderen; Gillian war trotzdem beeindruckt. Sie kletterte auf den alten Flammenbaum und hockte auf halber Höhe am Ende eines gewaltigen Astes, hoch über den leuchtend roten Blüten. »Hey, Thlocko«, rief sie. »Warum will ich nicht nach Hause?«
    Sammy Tigertail freute sich insgeheim darüber, dass Gillian sich seinen seminolischen Namen gemerkt hatte, auch wenn sie das zweite 1 weggelassen hatte. Andere taten sich auch schwer mit Thlocklo. In der öffentlichen Bibliothek von Miami hatte er einmal eine Liste von »99 Florida-Indianern und Negern« gefunden, die am 7. Januar 1843 in die Kasernen der US-Army in New Orleans geschafft worden waren. Darunter waren »die Schar Indianer mit dem Häuptling Tiger Tail oder Thlocko Tustenuggee«, transportiert zwecks unfreiwilliger Umsiedlung westlich des Mississippi. Der Mann war Sammy Tigertails Ur-ur-urgroßvater gewesen.
    Als Gillian von dem Baum stieg, sagte sie: »Ich muss echt dringend baden.«
    »Viel Glück mit den sanitären Anlagen.«
    »Du hast gesagt, ich soll abhauen. Hast du das ernst gemeint? Ich merke nämlich, dass dir das alles nicht passt.«
    Wider besseres Wissen stellte Sammy Tigertail fest, dass es ihn faszinierte, wie sie in diesem Moment aussah, wie die Brise an ihrem Haar zupfte und das Sonnenlicht ihre Wangen färbte.
    »Ethan ist schon genug von der Rolle. Du solltest lieber gehen.«
    »Ich pfeife auf Ethan.«
    »Du verstehst nicht. Hier draußen könnte alles Mögliche passieren.«
    »Genau!«, erwiderte Gillian. »Davon rede ich ja.«
    Sammy Tigertail konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Wie wär’s damit?«, fragte sie. »Was ist, wenn ich dir sage, dass ich Gitarre spielen kann?«
    »Ich würde dir nicht glauben.«
    »Rühr dich nicht von der Stelle, Cochise.« Gillian rannte hinaus und kam mit der Gibson zurück. »Hat du ein Plektron?«
    »Ganz bestimmt nicht«, antwortete Sammy Tigertail neugierig.
    »Ist schon okay. Schau dir mal diese Fingernägel an.«
    Sie spielte. Er lauschte.
     
    An diesem Abend rief ein anderer Telemarketing-Verkäufer an und versuchte, Honey eine Risikolebensversicherung mit Umtauschrecht für 17 Dollar 50 im Monat aufzuschwatzen. Anstatt den Mann zur Schnecke zu machen, war sie erschreckend geduldig und höflich. »Gott segne Sie, Bruder«, sagte sie, bevor sie auflegte.
    Entgeistert ließ Fry seine Gabel in die Lasagne fallen. »Das erzähl ich auf jeden Fall Dad.«
    »Du wirst nichts dergleichen tun«, wies Honey ihn zurecht. »Mit mir ist alles in bester Ordnung.«
    »Mit dir ist überhaupt nicht alles in Ordnung, Mom, du wirst allmählich echt bipolar. Vielleicht sogar tripolar.«
    »Bloß weil ich am Telefon nett zu einem

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