Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Kleinstadt in Mississippi unweit des Pearl River besuchte. Eines Nachmittags pfiff er einer weißen Frau auf der Straße nach. Man sagte kein Wort zu ihm, doch noch in derselben Nacht entführten ihn zwei Mitglieder des Klu-Klux-Klan aus dem Haus der Verwandten, erschossen ihn, wickelten seine Leiche in ein mit Draht und Backsteinen beschwertes Netz und versenkten sie im Fluß.
Jeder in der Stadt wußte, wer es gewesen war. Zwei Anwälte vor Ort, geachtete Männer, die nichts mit dem Klan zu tun hatten, erklärten sich freiwillig bereit, die Mörder zu verteidigen. Die Geschworenen brauchten zwanzig Minuten, dann waren die beiden wieder frei. Der Sprecher der Geschworenen sagte, die Entscheidungsfindung habe so lange gedauert, weil die Geschworenen ihre Sitzung für eine Getränkepause unterbrochen hätten.
Es ist eine Geschichte aus einer anderen Zeit, einer Zeit voller Scham und kollektiver Angst, aber es geht dabei nicht um Rassendiskriminierung, sondern um das Schicksal derer, die das Kainsmal tragen.
Ein Jahr nach dem Tod des Jungen kam der Reporter einer landesweit verbreiteten Illustrierten in die Stadt am Pearl River, um das Schicksal der Mörder zu recherchieren. Zuerst hatte man sie geschnitten, war auf der Straße grußlos an ihnen vorbeigegangen, hatte sie in Geschäften behandelt wie Namenlose, dann war es mit ihren Geschäften bergab gegangen ... der eine machte mit seiner Tankstelle, der andere mit einem Düngergeschäft Pleite. Beide verließen die Stadt, und als man sich nach ihrem Verbleib erkundigte, schüttelten alte Nachbarn nur den Kopf, als seien die Killer Teil einer nebulösen und längst vergessenen Episode aus der Vergangenheit.
Die Stadt, die sich in ihrer Gesamtheit zu Komplizen der Mörder gemacht hatte, hatte die eigentlichen Täter ausgestoßen. Aber in St. Mary war niemand ausgestoßen worden. Warum? Was war der Unterschied zwischen dem Mord an dem schwarzen Teenager und Jack Flynn, die doch beide von einem Kollektiv getötet worden waren?
Die Antwort lautet: Die Mörder in Mississippi waren weißes Pack und vom wirtschaftlichen Standpunkt aus entbehrlich gewesen.
Am Sonntag nachmittag fand ich Archer Terrebonne auf der seitlichen Terrasse seines Hauses, wo er auf einem Glastisch eine Spinnrolle auseinandernahm. Er trug Slipper, eine weiße Hose und ein purpurfarbenes Hemd mit seinem Monogramm an der Brusttasche. Über ihm knatterten zwei Palmen mit grauer, weicher Rinde in einem stahlblauen Himmel. Terrebonne sah zu mir auf und konzentrierte sich, ohne unhöflich zu wirken, wieder auf seine Arbeit.
»Störe Sie ungern am Sonntag, aber ich schätze, Sie sind unter der Woche noch viel beschäftigter«, sagte ich.
»Von Störung kann keine Rede sein. Holen Sie sich einen Stuhl. Wollte Ihnen sowieso für die Hilfe danken, die Sie meiner Tochter zuteil werden ließen.«
Bei Terrebonne redete man nicht lange um den heißen Brei herum.
»Es ist erhebend, sie morgens wieder frisch und fröhlich zu sehen, unbeeindruckt von all den Schwierigkeiten, die sie hatte, all die Nächte in Krankenhäusern und die Besuche der Polizei«, sagte er.
»Ich habe ein Problem, Mr. Terrebonne. Ein Mann namens Harpo Scruggs wildert in unserem Revier, und wir kriegen ihn einfach nicht zu fassen.«
»Scruggs? Ah ja, der! Ein Original, der Bursche. Dachte, er sei tot.«
»Sein Onkel war ein Mann namens Harpo Delahoussey. Er war Sicherheitschef in Ihrer Dosenfabrik ... die ja abgebrannt ist.«
»Ja, ich erinnere mich.«
»Wir glauben, daß Harpo Scruggs versucht hat, einen Schwarzen namens Willie Broussard umzubringen, und Jack Flynns Tochter beinahe ertränkt hat.«
Er legte den winzigen Schraubenzieher und das Innenleben der Spinnrolle auf den Tisch. Die Spitzen seiner schmalen Finger glänzten von dem Maschinenöl. Der Wind blies ihm das weiße Haar aus der Stirn.
»Sie benutzen den Namen des Vaters, nicht der Tochter. Was darf ich denn daraus schließen, Sir? Daß wir, die wir über einen gewissen Wohlstand verfügen, uns wegen Jack Flynns Tod schuldig fühlen sollten?«
»Warum, glauben Sie, ist er ermordet worden?«
»Das ist Ihr Metier, Mr. Robicheaux, nicht meines. Aber wenn Sie mich fragen: Jack Flynn ist kein Held der Arbeiterklasse gewesen. Er war vielmehr ein übler Agitator, ein von Neid zerfressener Mann, der es nie verwunden hat, daß seine Familie durch eigene Dummheit ihr Vermögen verloren hatte. Irischer Adel erträgt es schlecht, wenn er sich plötzlich von gekochtem Kohl
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