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Sumpffieber

Sumpffieber

Titel: Sumpffieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicente Blasco Ibañez
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Verlobung erinnert.«
    Der Vater lächelte trüb. Er zweifelte nicht an Tonets Worten. Mehr als das, er hatte die Überzeugung, daß alles nur auf Verleumdungen beruhte. Doch er kannte das Leben.
    »Bis jetzt waren es nur Blicke; aber durch das ständige Zusammensein wird dieses gefährliche Spiel in Schande enden. Vergiß nicht, daß du der Sohn eines ehrenhaften Mannes bist, der wenig Glück in seinen Geschäften hat, dem indes niemand etwas Schlechtes vorwerfen kann. Cañamel ist dein Freund, und ihn zu betrügen wäre nicht allein Sünde, sondern eine Niederträchtigkeit, die eine Kugel verdiente.«
    Sein Ton wurde so gütig, so feierlich, daß er Eindruck auf Tonet machte. »Neleta ist reich, während du nichts hast. Also wird man glauben, daß du ihr nachstellst, um ohne Arbeit leben zu können. Und lieber will ich meinen einzigen Sohn tot sehen, als mit solcher Schande beladen.«
    Die Stimme des stets so selbstbeherrschten Mannes bebte vor Erregung.
    »Tonet! Mein Junge! ... Denk an deine Familie! Denk an die Palomas, deren Name alt ist wie Palmar. Arbeiter ohne Glück, aber unfähig, einen Verrat zu begehen! Laß uns ruhig unser Elend tragen, und wenn wir uns auf unserer letzten Fahrt bis zum Fuß von Gottes Thron hinaufgestakt haben, können wir dem Herrn aus Mangel an anderen Verdiensten unsere schwielenbedeckten Hände zeigen ... und eine Seele frei von jedem Verbrechen.«

 4.
    D er zweite Sonntag im Juli war für Palmar der wichtigste Tag des Jahres. Die Redolins, die Fischplätze der Albufera und ihrer Kanäle, wurden unter den Ortsangehörigen ausgelost – eine traditionelle Zeremonie, der ein Vertreter der Hacienda [Name des spanischen Finanzministeriums.] präsidierte, dieser mysteriösen Dame, die noch niemand zu Gesicht bekommen hatte, von der aber alles als der Herrin des Sees und der endlosen Pinienwälder der Dehesa mit abergläubischem Respekt sprach.
    Um sieben Uhr morgens hatte die kleine Kirchenglocke das ganze Dorf zur Messe eilen lassen. Sicherlich, die Feste zu Ehren des Jesuskindes nach Weihnachten waren prächtig, doch sie waren immerhin nichts als eineLustbarkeit, während bei der feierlichen Verlosung der Zufall über das Brot des Jahres entschied, ja, über die Möglichkeit, Ersparnisse zu machen.
    Daher hörte man die Messe dieses Sonntags mit ganz besonderer Andacht. Die Frauen brauchten nicht wie sonst ihre Männer durch Püffe zur Erfüllung ihrer religiösen Pflicht zu bringen: sämtliche Fischer saßen in der Kirche, versonnen, nachdenklich, denn ihre Gedanken waren mehr beim See als bei der Messe, und vor ihrer Phantasie defilierten die besten Plätze, mit denen sie das Glück vielleicht bedenken würde.
    Das Kirchlein mit den gekalkten Wänden und hohen, von grünen Gardinen verhangenen Fenstern konnte nicht alle Gläubigen fassen. Die Tür war sperrangelweit geöffnet, und viele knieten noch auf dem Kirchplatz, den Kopf unbedeckt trotz der Junisonne. Auf dem Altar zeigte das Jesuskind – Schutzherr des Dorfes – sein lächelndes Gesicht und sein bauschiges Röckchen. Die Statue war nicht höher als die Spanne einer Hand; aber ungeachtet ihrer Kleinheit vermochte sie in stürmischen Nächten die Kähne mit Aalen zu füllen und, wie die Frauen Palmars erzählten, noch andere verblüffende Wunder zu wirken.
    Von dem Weiß der Wände hoben sich einige alte, aus Klöstern stammende Gemälde ab, auf denen Engel im Schmuck bunter Papageienfedern Scharen von Verdammten – hochrot, als wären sie soeben gesotten – mit ihren flammenden Schwertern vor sich her trieben.
    Über dem Weihwasserbecken hing ein Schild, dessen gotische Lettern besagten:
    Wie dem Gesetz der Liebe
Verbrechen bleibet fern,
Darfst du auch nicht ausspei'n
Hier im Haus des Herrn.
    Es gab keinen Einwohner Palmars, der diese Verse nicht bewunderte, die nach Palomas Behauptung ein Vikar vor mehr als hundert Jahren verfaßt hatte. Während der zahllosen Messen ihres christlichen Lebens hatten alle die Inschrift entziffert, und obschon sie der Poesie ihre Anerkennung nicht versagten, befolgten sie das Gebot absolut nicht, sondern spuckten ohne Rücksicht auf das »Gesetz der Liebe« mit ihrer chronischen Heiserkeit fortwährend aus, so daß sich der Geistliche, wenn ihm das Krächzen zu arg wurde, zornigen Blicks umwandte.
    Noch nie hatte Palmar einen Pfarrer gehabt wie den »Pare Miquèl«. Man wollte wissen, daß die Ungnade seiner Vorgesetzten ihn hierher geschickt hatte, doch schien dieses Mißgeschick nach

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