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Sumpffieber

Sumpffieber

Titel: Sumpffieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicente Blasco Ibañez
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versetzt wie vor Jahren, als sein Sohn sich zum erstenmal der Landwirtschaft zuwandte.
    »Noch ein Attentat gegen die Albufera ... und von den Meinigen! Ah, diese Banditen! ...«
    Tonet begann mit dem momentanen Eifer aller willensschwachen Menschen. Am liebsten hätte er diesen Seewinkel, wo sein Vater Reichtum zu finden hoffte, auf einen einzigen Schlag ausgefüllt. Vor Tagesgrauen stakten er und Borda fort, um Erde zu suchen, die sie dann in einer Fahrt von mehr als einer Stunde zu der ausgedehnten Fläche toten Wassers brachten, deren Grenzen Schlammdämme andeuteten.
    Die Arbeit war hart, erdrückend – eine Aufgabe für Ameisen. Nur Toni, der unermüdliche Arbeitssklave, konnte es wagen, sich ihr ohne andere Hilfe als die Arme seiner Kinder zu unterziehen.
    Sie gelangten durch die breiten Kanäle, die in die Albufera münden, bis zu den Häfen von Catarroja und Saler, und wo es ging, rissen sie mit breiten Gabeln große Schlammklumpen vom Grund los, Stücke von gallertartigem Torf, der einen unerträglichen Geruch verbreitete. Diese Brocken ließen sie am Ufer trocknen, und wenn die Sonne alles in weißliche Schollen verwandelt hatte, beluden sie ihre Nachen, die zu einem Konvoi aneinandergebunden wurden: nach einer Stunde unaufhörlichen Stakens verschluckte die Lagune scheinbar ergebnislos den Berg so mühsam gesammelter Erde. Drei- oder viermal am Tage sahen die Fischer die geschäftige Familie wie Mücken über die blanke Oberfläche des Sees huschen. Tonets Energie jedoch entsprach nicht der Größe der Aufgabe. Nachdem der Enthusiasmus des ersten Moments verpufft war, sah er nur noch die Monotonie dieser Arbeit und kalkulierte mit Schrecken, wie viele Monate, vielleicht sogar Jahre, zur Vollendung des Werks notwendig sein mochten. Er dachte an die Mühe, die die Gewinnung jedes einzelnen Erdklumpens kostete, und bebte vor Ärger,wenn das nach dem Versenken der Ladung wieder klar gewordene Wasser stets denselben tiefen Grund zeigte, ohne den kleinsten Höcker, als entschlüpfte die ganze Erde durch irgendein verborgenes Loch.
    Und so begann er, dieser Fronarbeit den Rücken zu kehren. Das Wiederauftreten alter, aus dem Kriege stammender Leiden vorschützend, blieb er zu Hause. Aber sobald sein Vater und Borda fort waren, eilte er nach dem kühlen Winkel bei Cañamel, wo es niemals an Mitspielern zum Truque fehlte. Mehr als höchstens zwei Tage in der Woche arbeitete er nicht.
    Schon regten sich wieder die Lästerzungen angesichts der Pünktlichkeit, mit der Tonet sich in der Taverne einstellte. Stets setzte er sich der schönen Wirtin gegenüber. Neleta unterhielt sich zwar weniger mit ihm als mit den anderen Kunden; wenn sie jedoch von der Handarbeit in ihrem Schöße aufsah, suchte ihr Blick instinktiv den früheren Verlobten.
    Cañamels Schwägerin erörterte die Angelegenheit mit jedermann.
    »Die beiden sind einig, das merkt doch ein Blinder! Dieser Trottel von Cañamel! ... Das ganze von meiner Schwester zusammengekratzte Vermögen werden sie kleinkriegen.«
    Wenn skeptische Zuhörer einwandten, daß in einer Taverne, die ständig voll von Gästen sei, doch jede Gelegenheit zu einer Annäherung mangelte, zeterte die erboste Harpyie:
    »Gelegenheit? Die suchen sie sich außer dem Hause. Diese Neleta ist zu allem fähig, und Tonet ein Erzfaulpelz, dem es gerade paßt, sich aushalten zu lassen.«
    Der Schankwirt, der von diesen üblen Nachreden nichts wußte, behandelte Tonet wie seinen besten Freund. Er war stets bereit, mit ihm Karten zu spielen, und zankte seine Frau aus, wenn sie den Korporal nicht mit Wein traktierte. Nichts las er in Neletas seltsam glänzenden Augen, nichts in dem ironischen Blick, mit dem sie solchen Tadel aufnahm.
    Aber der Dorfklatsch sickerte durch bis zu Tonis Ohren, und eines Abends zog dieser seinen Sohn hinaus vor die Hütte, wo er mit der Resignation des vom Kampf gegen das Schicksal erschöpften Mannes auf ihn einsprach:
    »Du willst nicht arbeiten? ... Gut. Strafen kann ich dich nicht mehr wie früher. Also werde ich mein Werk allein fortsetzen, und wenn ich dabei krepieren sollte ... Doch ich bin nicht willens, ruhig zuzusehen, daß du Neleta nachstellst. Geh zu irgendeiner Taverne, aber nicht zu Cañamels!«
    Tonet protestierte heftig.
    »Lügen! Verleumdungen dieser bösartigen Samaruca, die Neleta mit ihrem Haß verfolgt. Bei dem Gedächtnis meiner Mutter: ich habe Neleta mit keinem Finger angerührt, sie nicht mit dem kleinsten Wörtchen an unsere frühere

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