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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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Dymas ihn hält, diesen Stummen, ihn immer noch mit uns führt. Ich sage: Wenige Zeit nachdem ihr zu uns gekommen wart, da war sich – ihr beide habt es sicher bemerkt – der Vater keineswegs sicher, ob er nicht einen Fehler gemacht, euch aus Sepphoris zur Bande zu holen.
    Denn damals, du erinnerst dich, wart ihr nur immer gram dem Vater, wütend, daß er eure Mutter verlassen und später euch, wie Verwaiste, ließ ohne Nachricht von sich.
    Und Dymas erwog, ihr habt es geahnt, euch abermals aufzugeben. Euch fortzusenden und zu verlassen.
    Da war’s eine kleine Gruppe von uns, die – erinnerst du dich? – jenem Stummen begegnete. Du selbst warst dabei, dein Bruder Jakobus aber mit anderen fern in unserem Versteck in den Bergen. Erinnerst du nun?‹
    Da sprach Jesus: ›Keine Ahnung, wovon du sprichst.‹
    Und Gemas antwortete:
    ›Wir zogen den Berghügel abwärts auf Pferden, auf engem Pfade war’s. Da kamen entgegen uns Vater und Sohn, die hinterherzogen eine Eselin. Die beiden aber wollten an uns vorbei. „Auf dem Berge zu opfern“, so hieß es.
    Es war aber jener Stumme, waren er und sein Sohn. Denn Dymas erkannte ihn wieder.
    Damals nahmst du das Lamm, das sie auf ihr Tier hatten gebunden, trugst es Dymas zu. Da fiel dich der Sohn an und will’s dir nicht lassen, das Tier. Denn es sei ja ihr Opfertier, schrie der Sohn.‹
    Jesus unterbrach Gemas abermals und sprach:
    ›Ich erinnere mich dunkel. Nur, warum erzählst du das alles, schaffst es herauf? Es sei denn, du behauptest – was ich immer heimlich vermutet habe –, daß der Stumme nur spielt. Denn damals war er nicht stumm gewesen, sondern schrie lauthals zu Dymas hinauf um sein Leben!‹
    Da antwortete Gemas dem Jesus:
    ›Dann erinnerst du also! Aber erinnerst nicht das Entscheidende. Daß er Dymas nämlich nicht um sein Leben bat, sondern um das seines Sohnes. Dessen Name aber war deinem gleich: Jesus. War also „Jesus“ der Name, den er Dymas hinaufschrie.
    Und Dymas merkte auf, als er hörte den Namen und sah, wie der Vater sich hergab, seinen „Jesus“ zu retten. Zeichen schien’s Dymas, nicht nachzugeben den eigenen Zweifeln. Sondern dich, Jesus, und deinen Bruder Jakobus nicht aufzugeben.
    Da hatte der, der jetzt stumm ist und dir unnütz erscheint und gefährlich, um dich geschrien zum Vater, ohne’s zu wissen. Und dich gerettet, ohne’s zu wissen. Aber auch du wußtest es nicht, wie ich sehe.‹
    Da schwieg Jesus, stand auf und entfernte sich.
    Auch sprachen die andern kein Wort mehr, das Joseph im Winkel vernahm.
    Kapitel 75. Der Losgeschnittene
    Nun kam zur Nacht einer, als Joseph schlief, der durchschnitt ihm die Fesseln und schlich sich davon.
    Joseph erwachte, vermochte aber nicht zu erkennen, wer es gewesen war. Sondern mit freien Händen wandte er sich um und sah, daß alle schliefen und ihn, wo er lag, niemand beachtete. Und Joseph dachte: Vielleicht war es Gemas, der sich meiner erbarmt.
    Sogleich aber fiel ihm auch Jesus ein. Der allerdings hätte ihn losgeschnitten aus anderem Grund.
    Und Joseph fühlte: Jesus lauert auf mich – wie die lauerten, von denen Jesus erzählt hatte, die lauerten auf den Sturz des Sündenbocks am Tag der Versöhnung.
    Denn er will mich fangen als einen, der flieht, wie Jesus es den andern vorausgesagt. Will den gefährlich Flüchtigen hindern, Verfolgern den Weg zu weisen. Will vor den andern also erscheinen als Jesus, der rettet und schützt vor Gefahr, sie unnützer Last aber entledigt.
    Erheb ich mich also jetzt, ihnen davonzulaufen, so fällt Jesus mich an und sticht mich nieder. Und würde ihnen bestätigen, was er vor Stunden beim Mahle vorausgesagt.
    So dachte Joseph bei sich.
    Da bewegte sich Joseph nicht von der Stelle, sondern stellte sich schlafend. Und darüber schlief nochmals ein.
    Dymas aber wurde am Morgen gezeigt, daß der Gefangene lag mit aufgeschnittenen Fesseln und war nicht davongelaufen.
    Da trat Dymas hin und besah sich die Fesseln, wo sie aufgeschnitten waren. Und er wandte sich um zu den Leuten und sprach:
    ›Ich will mich euch fügen. Ihr braucht aber dem Stummen nicht heimlich des Nachts die Freiheit zu schenken. Soll er frei davonziehen bei Tag!‹
    Das aber sagte Dymas, weil er ahnte, wer es getan und in welcher Absicht.
    Da protestierten Dymas’ Leute, es sei zu gefährlich, den Stummen gehen zu lassen. Er könnte anderen verraten, wohin sie zögen.
    Und Dymas wandte sich an die Leute:
    ›Aber ihr behauptet doch, selbst ich wisse nicht, wohin es gehe, und

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