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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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zöge ziellos umher. Sagt ihr nicht so? Wie sollte der Stumme da anderen sagen, wohin es morgen gehn wird?‹
    Sie aber wollten, daß der Gefangene nicht freigelassen werde, und behaupteten, keiner von ihnen habe ihn losgeschnitten. Und wollten, daß Dymas ihn töte, die unnütze Last ihnen vom Halse zu schaffen.
    Da sprach Dymas:
    ›Ihr habt ihn losgeschnitten – einer von euch. Prüft nach, wer es war. Solange wir’s aber nicht wissen, entscheide ich: Der Stumme soll ungefesselt tagsüber sich nützlich machen. Soll euch zur Hand gehen, uns wieder dienen, zum Nutzen aller. Nachtsüber aber soll er sicher gefesselt werden, zur Sicherheit eines jeden.‹
    Da wußten sie nicht, wie ihm zu widersprechen wäre, und fügten sich Dymas’ Urteil.
    Kapitel 76. Das Salzmeer
    Tags darauf stiegen sie hinab bis zum Rande des Salzmeers und kamen an eine große Oase und tranken.
    Dymas aber ließ sie nicht ruhen, nicht nächtigen dort. Sondern hieß sie füllen die Schläuche und Krüge und tränken die Tiere.
    Und zog weiter mit ihnen. Er wandte sich aber gen Mitternacht, wie Gemas vermutet hatte.
    Da ritten sie längs der Steilklippen am Salzmeer und hatten zur Rechten das Meer und eng zur Linken die Klippen.
    Und es war beim Ort, wohin David sich barg auf der Flucht vor Saul bei Engedi.
    Sie ritten aber im Dunst, bis Dymas absteigen ließ. Und nächtigten in einer Schlucht zwischen den Klippen.
    Da fesselte man Joseph wieder an Händen und Füßen. Und sie legten ihn nah bei der Wache, die Dymas bestimmte, damit der Gefesselte unter Aufsicht bliebe. Denn sie hatten unter sich nicht gefunden, der ihm die Fesseln durchschnitten.
    Da träumte Joseph des Nachts, daß nochmals sich näherte, der ihm die Fesseln durchschnitten.
    Und Joseph fürchtete sich im Traum. Denn er hörte ihn heimlich nahen im Rücken und spürte die Messerspitze, aber nicht seine Schneide.
    Da fühlte Joseph im Riß der Schneide zerreißen die Fessel.
    Und fühlte den Griff des Fremden an seiner Schulter, der ihn umwenden will. Auf daß ich sähe, wer mich erstechen will, dachte Joseph im Traum. Und, starr, wagte nicht nachzugeben der Hand, die wollte wenden den Starren.
    Da riß ihn gewaltsam herum die Hand. Und Joseph erkannte den, der ihm saß im Rücken.
    Und als der beiseite legte das Messer, war’s Dymas, den Joseph erkannte.
    Da bedeutete Dymas dem Joseph im Traum, Joseph werde nicht bei ihnen bleiben, und sprach:
    ›Nicht unter uns lange mehr wirst du sein, Joseph. Denn dein Schicksal ist ein anderes. Befreit sehe ich dich, zum hohen Herrn werden, mit großem Haus und vielen Dienern. Und eine Frau wird dir Kinder gebären. Deren Nachfahren aber werden so zahlreich sein wie die Fische im Meer.‹
    Und Joseph sah hinaus auf das Salzmeer, dahin Dymas gedeutet, auf das Meer, das da tot lag und darin nichts überlebte.
    Und sah’s glänzen, denn von dort her kam Glanz der Fischgarne, die waren aufgespannt längs der Ufer in Vielzahl.
    Denn im Wüstenmeer, darin nichts gelebt hatte, sah Joseph Fische springen in Vielzahl und aller Art. Und waren Fische so zahlreich wie die Fische im großen Meer. Und Joseph sah sie in der Größe lichtesten Traums und bestaunte, was ihm Dymas da wies.
    Und als er’s sah, fühlte glühen Joseph sein Angesicht.
    Da, als Joseph sich wandte zurück, sprach Dymas nochmals zu ihm:
    ›Dann denke an mich, wenn du frei bist und dein Gott dich am großen Tische läßt sitzen inmitten des Hauses und läßt deine Nachfahren dir reichen Speise und Trank alle Tage.‹
    Da klang sie ihm mutlos, die Stimme des Dymas. Und war wie die Stimme eines, der glaubt, nie gerufen zu werden im Ruf, nie je anzukommen in Ankunft. Sondern glaubt, ohne den andern, der für ihn bitte und sich seiner erinnere, sei er nichts. Und wäre nie etwas, weil er nichts war. Nichts als ziellos umhertreibender Menschenstaub, hierhin und dorthin gestoßen, zerstoßen, vergessen, keinem erinnerbar.
    Und Joseph, als er die Stimme vernahm, schlug ihm sein Herz. Und er zog zu sich und umarmte den Dymas und hielt seine Mutlosigkeit in den Armen.
    Und Josephs Hände, die hielten den Mann, fühlten, daß Dymas am Leib trug, was der Stumme getragen: die Lumpen, das schmutzige Leichengewand, das Joseph sonst trug.
    Joseph aber schloß ihn nur fester an sich.
    Da erwachte er am Morgen, von der Wache getreten. Und man band Joseph los, zu dienen den andern und zur Hand ihnen zu gehen beim Essenbereiten und beim Beladen der Tiere.
    Unwillkürlich aber sah er sich bei

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