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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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Tieren gesehen hatte, kam an Joseph vorbei, der gebunden da lag. Und es schien ihm, Joseph sei eingeschlafen.
    Da sprach Jesus zu Gemas: ›Glaubst du immer noch, daß er uns Glück bringt?‹
    Er sprach aber vom Stummen, den Gemas betrachtete. Und fuhr fort:
    ›Ich verstehe nicht unseren Vater. Er wittert Gefahr, ja, sendet Reiter aus und bekommt sie bestätigt. Und läßt uns hier sitzen. Die Höhle wäre leicht einzuschließen, dann aber kein Entkommen für uns. Ich ahne doch, wer ihm Sorgen bereitet.‹
    Und Gemas, der sich setzte zu Jesus, sprach: ›Der eine von uns, der zurückblieb in Jericho.‹
    Da sprach Jesus: ›Du sagst es. Und du hättest auf solche Sorge hin anders gehandelt. Hättest doch sicherlich heute noch weiterreiten lassen, wenn es ginge nach dir.‹
    Gemas aber antwortete: ›Selbst wenn uns einer unten in Jericho verriet, so weiß er doch nicht von der Höhle. Wir wußten ja selbst nicht davon. Heute nacht treffen sie nicht auf uns, sage ich.‹
    Da sprach Jesus: ›Wir wußten nicht von der Höhle – und fanden sie doch. Nein, ich sage dir, zu sehr fügst du dich dem, was er sagt und dein Vater dich anweist zu tun. Die Männer sagen zwar, längst hätte Dymas dir überlassen sollen die Führung. Andere aber meinen, du hättest das Zeug nicht dazu, gerade weil du ihm stets nach dem Munde redest.‹
    ›Das sagen sie?‹
    ›Du seist nur sein verlängerter Arm, sagen sie. Und wenn ich protestiere, gehen sie weiter noch und behaupten, ein Diener seist du dem Dymas, kaum mehr als der Sklave da hinten, der Stumme. Und einige behaupten, du wüßtest nicht, was du willst.‹
    Da sprach Gemas: ›Ich warte. Denn eines Tages, so hat er’s mir versichert, soll ich übernehmen und führen.‹
    ›Du wartest, Gemas. Denn unser Vater hat dich warten gelehrt. Glaubst du, er wird dir freiwillig lassen die Zügel? Dich lassen entscheiden – an ihm vorbei und wider seinen Willen? Solange er lebt, wirst du dich fügen, weil er dich warten lehrte.‹
    Da sprach Gemas: ›Was sagst du mir da?‹
    Und Jesus antwortete: ›Warte nicht auf den, der dir Zukunft verspricht. Auf keinen Vater warte, dessen Versprechung dich warten heißt. Auf keinen Messias warte, den sie erwarten, harrend seiner rettenden Ankunft, die sie sich zur Rettung erwarten. Auf keinen Gott warte, der Befreiung verspricht oder droht mit Bestrafung. Denn im Netz seiner Gesetze fängt Er die, die Er hoffen läßt – und läßt warten.
    Sondern, Gemas, nimm dir, was dein ist! Nimm es dir jetzt ! Und verdamme den, der dir Hilfe verspricht dereinst. Sprichst du zu Dymas: „Jetzt, gib mir jetzt das Versprochene. Laß mich jetzt führen, daß wir uns retten!“, was wird geschehn?
    ›Er wird kein Ohr dafür haben, nicht jetzt‹, sprach Gemas.
    Jesus aber fuhr fort: ›Denn dein Vater und Gott, die’s dir verheißen in Zukunft, längst vorübergezogen sind sie an dir. Du aber hängst am Abgrund, du wartest. Du wartest, daß das Versprochene kommt. In Zukunft doch käme!‹
    Da stöhnte Gemas, als habe der andere erraten, woran er schwer trug.
    Und nochmals sprach Jesus, drang in ihn: ›Nur Hier und Jetzt. Sonst gibt’s nichts, glaube mir. Nur diesen Abgrund verschlungener Stunden, verschlungener Tage, verschlungener Jahre, an dem wir hängen. Und wenn einer behauptet, er will’s dir einst lohnen – lohnen, daß du da hängst! –, so fordere: „J etzt , meinen Lohn, zieh mich herauf! Ausschütt ihn über mir jetzt !“ So schreist du am Abgrund nämlich, in den dieses dein „jetzt!“, kaum hast du’s ausgestoßen, wieder verschlungen wird. Denn es gibt sie nicht, die versprochene Zukunft. Sondern magst du auch schreien wie eine Gebärende, die ausstößt ihr „Jetzt!“, wirst du Stille nur hören, das ist aber: Sein Verschlingen. Und nichts geboren daraus. So wird der mächtige Vater satt an dir, und seine Zukunft ist mächtig nur leerer Worte.‹
    So hörte Joseph reden den Jesus zu Gemas.
    Bald darauf aber erhob sich Jesus und ging nach vorn zum Eingang der Höhle und trat seine Wache an.
    Und Joseph lauschte dem Regen und Donnern, das folgte den Blitzen. Und das Donnern kam näher dem Strahl, der zerriß den Nachthimmel und fuhr hell bis in die Tiefe der Höhlen.
    Da behielten die Männer ihre Waffen bei sich und fest im Griff das Heft ihrer Schwerter.
    Die meisten aber schliefen bald ein.
    Und Joseph, im Schein der ausgehenden Feuer, bemerkte an der Decke der Höhle, darunter sie lagerten, drei rötliche Kreise. Die waren

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