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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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Schilf
    Bei Sonnenaufgang aber erreichten sie die Furt am Jordan, wo Dymas sie übersetzen ließ.
    Und Nebelschwaden lagen auf dem Fluß und umflossen die Reiter. Und hüllten sie ein, als sie auf ihren Pferden vom Ufer herabzogen ins Wasser. Und der eine sah im Nebel kaum noch den Schweif des Pferdes des nächsten.
    Da kam ins Stocken der Zug mitten im Fluß.
    Sie waren aber geduldig, denn sie glaubten, Dymas habe gehalten, abzunehmen seinen Toten vom Pferd, ihn dort im Fluß einzutauchen. Denn so hatte er’s angekündigt.
    Schließlich aber fanden einige, die ausscherten aus der Reihe und weiterzogen durch die Schwaden, Pferde stehen im Fluß: reiterlos.
    Eines aber durchfahren von Lanzen, das trieb die Strömung hinab.
    Da ließ Joseph sich vom Pferd fallen ins Wasser. Und im Pfeilschwarm, den er hereinbrechen sah über sich – denn von beiden Ufern des Flusses aus standen die Überquerenden unter Beschuß –, schwamm er nach unten.
    Und eine Strecke lang hielt er sich unter Wasser.
    Tauchte dann wieder nach oben, nach Luft.
    Da schlugen Lanzen und Pfeile ein. Schossen hin durch den Nebel, drangen tief in die Wasser.
    Und Joseph sah keinen mehr, auch keinen zu Pferde.
    Und nochmals tauchte er unter, dem anderen Ufer zu.
    Da trieb vorbei unter Wasser der Tote, der Jesus.
    Die Schnüre des Tuchs aber, mit dem man ihn umwunden, hatten sich um den Oberkörper gelöst. So daß es aussah, als hielte offen der Tote zum Segel sein Tuch. Und als bliesen die Wasser der Strömung wie Winde darin.
    Joseph aber fand bis ins Schilf hinein des anderen Ufers. Und hielt dort aus eine Zeitlang. Denn er hörte Stimmen von hinter ihm – und her vom anderen Ufer. Und wagte nicht, die Uferböschung hinaufzusteigen.
    Die Stimmen aber riefen, man solle suchen im Fluß und durchkämmen die Ufer.
    Da wichen schon bald, mit steigender Sonne, die Nebel, die gelegen hatten über dem Fluß.
    Und Joseph suchte auszuweichen und zwängte sich am Boden kriechend durchs Uferschilf flußabwärts. Und er fand nicht, wo er sicher wäre.
    Und Joseph sah hin durchs Röhricht, daß sie Leichen fischten im Fluß.
    Darunter war auch der Leichnam des Jesus. Das Tuch aber, mit dem er umhüllt gewesen, hatte sich ganz enfaltet und hing vollgesogen vom Wasser um die Beine des Toten, daß dessen Füße waren umschlungen davon.
    Und Joseph sah einen Berittenen am anderen Ufer. Der scherte aus der Gruppe Bewaffneter und ritt auf und ab die Reihe der Leichen.
    Denn aus dem Fluß zogen sie währenddessen weitere, die sie hatten gefunden, von Pfeilen durchbohrt oder von Lanzen durchrissen. Wenige aber, in denen noch Leben war. Die wurden ebenfalls gelegt zu den Toten.
    Joseph aber konnte weder Gemas noch Dymas unter ihnen erkennen.
    Da sprang der Reiter am anderen Ufer im Satz vom Pferd. Und eilte die Uferböschung herab. Denn er hatte die Leiche Jesu erkannt.
    Und Joseph glaubte, es müsse Jakobus sein, der Erstgeborene des Dymas, der Bruder Jesu und Halbbruder Gemas’. Denn der Mann hatte laut aufgeschrien, als er sah die durchbrochen-blutige Seite des Toten, und kniete bei ihm. Und Joseph hörte sein Klagen vom anderen Ufer her.
    Joseph aber vernahm auch die Sucher im Schilf, die einander zurufend näher und näher ihm kamen.
    Und wich aus und kroch ans Wasser zurück, darin aus Not wieder unterzutauchen.
    Da sah er am Uferrand Schilfrohr, das war seitwärts zu Boden gedrängt. Denn ein verwundeter Packesel war zusammengebrochen dort und war seitwärts gefallen ins Schilf.
    Da kroch Joseph näher und sieht: Es ist seine Eselin. Ihre Hinterhufe aber lagen im Flußwasser noch.
    Und Joseph kroch um sie herum und zwängte seinen Körper ein in den Winkel unter die schilfgetragene Last des Tiers.
    Und es war still eine Zeit dort im Winkel.
    Nur das Strömen des Flusses zu hören.
    Das leise Ziehen und Reiben der Strömung am Schilf.
    Joseph aber roch durchs Schilf hin den Geruch des nassen Fells seiner Eselin.
    Da schloß er die Augen und lag nah ihr, lag müde, die Augen verschlossen im Haus Nazaret. So war es.
    Und hörte das leise Ziehen und Reiben der Strömung am Schilf strömen wie Regen ums eigene Haus und glaubte, wieder fließen zu hören die Wasser des Regens die Gasse herab vorm nächtlichen Haus in Nazaret.
    Und da er nah roch das Tier, das verströmte warmfeuchten Geruch seines Fells, war es, als habe der Schläfrige es noch eben aus dem Regen gezogen herein, unters Dach zu sich und den Seinen in Nazaret.
    Ja, da war es, als fühle Joseph durch die

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