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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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Unschuldig wußten sie sich – nicht wie Jona. Und beteten doch alle im Boot, daß Gott sie verschone im Sturm.
    Da gab die Mutter, die sich sichern wollte im wellenüberschlagenen Boot, Joseph kurze Zeit nur das Kind, ihren Säugling, den Jesus.
    Gab ihm das Kind, sich zu sichern am Seil, daß sie von den Wogen nicht würde weggerissen.
    Das Kind aber schrie. Und kaum übergeben dem Vater, will es zurück, aus Josephs Händen zurück in die Hände der Mutter.
    Und Joseph sieht, es ist Zeit, ihr’s zu geben.
    Schon ist sie dabei, die Arme zu strecken nach ihm. Und Joseph, schon reicht er’s zurück.
    Da: die Welle –
    Schlägt und erschüttert im Stand ihn.
    Entreißt über Bord seinen Säugling.
    Ins Aufgewühlte der Wasser hinab.
    Erstarrt Joseph.
    Im Schrei seiner Frau – alles soll stocken, stillestehn alles, aufbäumend erstarren die Welle, Erde, Sonne, Sterne und Winde stockstill ungeschöpft stehn, bis wiedergebäre der Schrei den Verlorenen! – erstarrt er.
    Leerer Hand hört er den Schrei.
    In ihm noch springt er ins Meer, taucht nach dem Kind.
    Und da:
    Er sieht’s unter Wasser.
    Schwach zwar im Dunkeln
    erkennt er’s.
    Eine Menschenlänge nur
    unter ihm.
    Und stößt nach
    stößt
    tiefer.
    Erkennt:
    das Kind
    fallend unter
    ihm
    abwärts
    fällt
    rasch
    außer
    Reichweite
    von tieferer Strömung
    erfaßt.
    Und wie wahnsinnig
    greift
    er
    nach
    unten
    stößt
    nach und
    nach
    und
    abermal
    nach
    mit
    immer wilderen
    Zügen.
    Kapitel 15. Das Meer unterm Meer
    Da war es Joseph, als erreiche er mit den nächsten Stößen eine Region, die vom Grund des Sees nicht mehr fern war.
    Und er sah hinab.
    Und sah den Grund übersät mit gebrochenen Rädern, mit Lanzen und algenumwundenen Streitwagen. Und stieß hinab zu den Leichen der Krieger im Meergras und den Kadavern der Angeschirrten. Da waren übereinandergetürmt oder quer zueinander gerissen, an Korallenbänken zerschlagen: die ägyptischen Verfolger Israels, die pharaonischen Rosselenker und ziellosen Bogenschützen. Und sie lagen im Korridor unter ihm ausgeschüttet, ertrunken im mosebefohlenen Fluthgrab.
    Und dahinab, zwischen die Leichen der Streiter, sieht er fallen sein Kind.
    Und taucht her hinter ihm. Und sucht es dort, längshin in wirrgefalteten Gassen, die sich die Strömung gegraben, hin zwischen Waffen und Leibern.
    Und wie er vorbeitaucht hindurch, da sieht sein Auge doch einen, in dem er, Momente lang, den Ägypter glaubt zu erkennen. An den Sklaven, den er vom Baum geschnitten, erinnert der ihn.
    Dessen Rücken war morsch von Wasserlast, und der Kopf, eingesenkt, sah herab. Und er hing am Korallenhügel, an einem steilen Schaft, von der eigenen Lanze durchbohrt. Mit der Rechten schien er sie noch umfassen zu wollen, mit der Linken – die aus dem Gelenk gebrochen über Algen hintrieb und her – wies er unsicheren Weg ins Dunkel.
    In die Richtung aber, in die er wies, lag versunken Miriams Brunnen, der Brunnen der Schwester Moses.
    Am Erinnerer vorbei taucht Joseph.
    Und da: sieht sein Kind.
    Auf dem Grund des Meers ist es zu liegen gekommen und lag auf dem Schlußstein des versunkenen Brunnens der Miriam, der Schwester Moses.
    Joseph aber, hastig, reckt den Arm an den Schlußstein, will heben das Kind, will’s – greifen.
    Da bricht ein der mächtige Schlußstein des Brunnens, bricht entzwei, als läg er belastet von schwerster Last.
    Und darunter quillt’s schwarz, Meer unterm Meer. Rachengleich bricht der Stein auf, verschlingt den Sohn Josephs ins Dunkel.
    Joseph aber stößt nach.
    Stößt hinterher und ist
    mitverschlungen.
    Da, von unterhalb Josephs, treibt aufrecht durchs Dunkel ein riesiger Baumstamm. Dessen Äste sind abgenommen, dessen Rinde geschält. Bleich glänzend treibt er zu Joseph durchs Dunkel herauf.
    Und Joseph, schwebend darüber, sieht: Er ist hohl. Und ausgehöhlt treibt er dahin.
    Und da: In den hohlen Stamm sieht Joseph fallen das Kind. Der Säugling verschwindet darin, aufgenommen, als fände er Zuflucht.
    Und Joseph zieht sich heran und zieht zu sich den Stamm und hält daran fest.
    Da hört er ein Pochen von innen her, aus dem Hohlen des Baums. Und sieht, ihm unter Augen, langsam und ächzend – wie Holz, wenn es ächzend im Bogen gespannt wird zum Ziel – von innen durchs Holz sich langsam herpressen, herprägen: ein Antlitz. Dem folgt die hölzerne Form eines Körpers. Entsteht so am Holze das Abbild des Kinds.
    So daß Jesus, das Kind, ausgeprägt am Stamm ihm erscheint, sich abbildend darin von

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