Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
innen her.
Da ist es Joseph, als würde sein Kind nochmals geboren, aus dem bleichen Holz hervortreten des Baums.
Geboren aber wird es nicht gänzlich, sieht Joseph.
Nicht los kommt das Kind. Steht still die Geburt. Die Prägung von innen verharrt.
Kapitel 16. Das Mal
Auf den Wassern treibend entdeckt, wurde Joseph ins Boot gezogen.
Er schränkte beide Arme um etwas, das ihm die Frau – sie war nicht zurückzuhalten – sogleich entreißen wollte. Noch im Sturm, noch während sie Land erreichten, noch im Schutze der Felsen am Ufer, in den sie vorm Unwetter flohen: wie wahnsinnig drängte sie, ihrem Mann die Arme zu öffnen.
Zurücknehmen wollte die Mutter ihr Kind, das sie dem Mann noch eben gegeben hatte. Und rannte an gegen die Arme, die es nicht geben wollten. Und wiederholte ihr Rasen gegen ihn an, weil er die Arme verschränkt hielt. Und rasend schlug ihn, weil er nicht gab, was ihm augenblicklang übergeben gewesen, das Kind.
Die Fischer aber, die sie ans Ufer gerudert hatten, versuchten zu halten die Frau. Sie aber ließ es nicht zu. Da rissen zwei der Männer an Josephs Armen. Und die vermochten’s und öffneten die verschränkten und zogen auseinander die Arme Josephs.
Und die Fischer hielten die Frau, daß sie’s sehe.
Denn man hatte Joseph gefunden ohne das Kind.
Am nächsten Morgen aber, der Sturm vorübergezogen, baute Joseph mit Hilfe der Männer am Fuße des Felshügels – nahe der Stelle, wo sie Land erreicht hatten – ein Kenotaph, Leergrab und Denkmal für den Sohn des Nazoräers.
Und das Mal, das er baute, stand erinnernd an den nezer , das ist verdolmetscht ›Sprößling‹ und ›Sproß‹.
Denn es war prophezeit: Zerfetzt wird der Baum mit dem Eisen Gottes. Aus dem Wurzelstock aber Isais treibt ein Sproß, der wird bringen Frucht.
Nach nezer also, dem Sproß Isais, das ist David, der bringt die erlösende Frucht, nennen sie sich Nazoräer, die gleicherweise ihr Dorf Nazaret nennen, das ist: Sproß-Stätte, Niederlassung der Stammbrüder Josephs, die sind Söhne Davids.
Und aus Steinen baute Joseph das Grabmal dem verlorenen Sproß um die Zeit, da reifen sollte die Frucht.
Und schaffte auch einen Baum herbei, den der Sturm entwurzelt und gerissen vom Hügel und herabgestürzt hatte ans Ufer.
Und ließ entzweigen die Laubkrone und trennen den Stamm vom Wurzelstock. Und ließ den Stamm längsschnittig durchhauen, in drei lange Teile.
Und fügte die Teile in die Steinwand, daß sie standen aufrecht im Abstand zueinander. Das Teilstück aber des zugehauenen Baums, das aus der Mitte des Baums kam, war rindenlos und in die Mitte gestellt des Halbrunds, eingefügt zwischen die zwei dunkel berindeten Teile. Und es war glatt und bleich und leuchtete her. So daß sich im Halbrund hohl an den Felsrücken wölbte das Leergrab.
Und es glich einem übermannshohen kronlosen Stamm oder Turm, der halb aus dem Felsen ragte.
Da sah Joseph den Wurzelstock, den sie hatten abgeschlagen und liegengelassen.
Und er hieb ein und ordnete mit dem Eisen die Wirrnis der ragenden Wurzeln. Und er ließ umkehren den Stumpf, umwenden ihn, und umgewandt ließ ihn setzen zuoberst dem Mal. So daß die Wurzeln des Stocks aufwärts trieben, wie dunkel krönende Strahlen, die faßten Boden vom Himmel her.
Noch durch den Frühnebel des nächsten Tages, als sie das Boot wieder ins Wasser geschoben, sah Joseph herleuchten das Mal. Und Joseph schränkte die Arme um seine Frau und ließ sie vergraben ihr Weinen in seiner Schulter.
Er aber sah über die Schulter zurück.
Und nicht auf der Fahrt, nicht nach der Heimkehr ins Dorf, nicht in den Jahren darauf sprach Joseph ihr oder anderen je von den Dingen, die er gesehen im See.
Nicht vom Fluthgrab der Feinde, das er erblickt, nicht von Miriams Brunnen, der ihn verschlang, nicht vom Meer unterm Meer, in dessen Schwärze ein Hohlbaum noch trieb, blaßweiß leuchtend, von innen geprägt.
Denn er verstand sie nicht, diese Bilder, die ihm widerfahren. Versuchte sich aber an ihnen, ob er weiterkäme in ihnen, beharrend auf ihrem Sinn. Denn mit Zaummacht mächtig zogen die Bilder ihn an und ließen ihn so verharren.
Und sie bedenkend, bestreichend, innehaltend über den inneren, ließ er sie abermals zu, sah sie anwesen, die Bilder.
Da war’s ihm, als sei das Gesehene immer gewesen, von jeher wirklich und wirkend, sei jetzt.
Denn angezogen von ihnen, von der Zaumkraft des mächtig Gesehenen, schien es Joseph, als stürze der Feind immer noch hinter ihm her.
Als
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