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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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rätselten, wer die Alte gewesen, die man absetzen sah das Bündel. Und fragten sich, wessen Kind es sei, das lag auf der Schwelle. Und hielten darüber das brennende Holz.
    Die Mutter aber erkannte es gleich. Und Jakob, der Vater des Joseph, war sicher, er ist’s, als er sah das kleine Mal links überm Höcker der Hüfte des Kinds und es nackt hielt unters Licht.
    So hatte es seine Mutter dem Joseph, dem Kind noch, erzählt. Und Joseph später gedacht: Weniger für sich aber hielt mein Vater das Mal unters Licht jenes brennenden Holzes. Sondern, daß es sähen an mir die andern. Manche aber der Umstehenden jener Nacht blieben unüberzeugt und fanden auch unterm Licht nicht mehr den sie aufgegeben für tot.
    Und bei erhobener Fackel, im Nachtgang zurück nach Jerusalem, war Joseph erinnert an jene Nacht und an die Worte der Mutter, die hatte ihm davon erzählt. Und Joseph hielt das brennende Holz, nicht zu fallen bei Nacht auf steinigem Weg. Da war’s ihm auch, als suche er am Boden, bei brennendem Holz, noch auf die Schwelle zu stoßen, wo wiedergegeben wäre der Sohn.
    ›Denn ohne ihn‹, sprach er zu sich, ›bin auch ich verloren.‹
    Und Maria rief nach ihm, ihrem Sohn, rief seinen Namen.
    Und immer wieder auch begannen die beiden, hin durch die Nacht, aufzubauen den vergangenen Morgen der Reise zurück.
    Wo hatte wer ihn sicher gesehen zum letzten Mal?
    Und Joseph sagte: ›Beim Tor Ephraim. Dort sah ich zuletzt ihn.‹
    Und Maria sagte: ›Beim Teich.‹ Und sagte: ›Er kam hinterher.‹ Und auch andere hätten später gesagt, sie hätten’s gesehen: ›Dein Sohn kam hinter uns her.‹
    Und Joseph sprach’s aus: ›Jemand muß ihn gehindert haben weiterzugehen. Mit uns weiterzugehen.‹ Und bei sich dachte er: Muß ihn mit Gewalt doch gehindert haben.
    Beide aber dachten: Welches Unheil droht uns?
    Da erreichten sie bei Morgengrauen Jerusalem, das Tor Ephraim.
    Und als sei es ein Tor ins Land ihres Elends, suchten sie dort und fanden ihn nicht.
    Kapitel 35. Kolonos
    Es roch aber zur Stunde bei Morgengrauen nach frischgebackenem Brot.
    Und doch vergaßen sie Hunger und Durst. Und begannen zu durchsuchen die Wege und Winkel und Gassen und Straßen der verfugten Stadt. Und gingen sie ab und fragten nach Jesus, ihrem Sohn, in der Oberstadt bei allen, die sie kannten.
    Und einer versprach ihnen Obdach für die Nacht, sollte es dunkel werden, bevor sie den Sohn gefunden.
    Da gingen sie, getrennt voneinander ihn suchen.
    Und Maria ging hin zum Markt, ob er dort säume, sich aufhalte bei anderen noch, zwischen den Ständen der Weber, der Händler und Tagelöhner. Und sie fürchtete sich.
    Und Joseph ging zum Tempel, dort zu suchen den Sohn. Und er durchsuchte die Hallen und Stände der Händler im Tempel und ging ab den Vorhof der Heiden und suchte in den Höfen hinter den Schranken.
    Und fand ihn nicht.
    Auf dem Weg aber zurück durchs eng bebaute Tal, hinauf zur Oberstadt, glaubt Joseph zu sehen zwei. Und denkt: der eine von ihnen ist Jesus.
    Und er ruft hinauf, ihm hinterher, sieht ihn aber nicht sich wenden, sondern die beiden sich ducken in eine Gasse.
    Und Joseph rennt hinterher, die Stufen hinauf, und findet die Gasse, in die sie sich duckten, und läuft sie verlangsamt hinab. Denn er sieht beide nicht mehr.
    Da öffnet sich die Gasse ein wenig, und Joseph glaubt, den einen Jungen noch verschwinden zu sehen in einem Käfig, der hüttengleich, einer von vielen, angelehnt steht einem größeren Holzbau.
    Durchs Lattengittergewirr hin des Käfigs sieht Joseph schattenstreifs huschen den einen, als seien die Hüttenkäfige untereinander verbunden. Und waren voller Gerümpel, gefüllt mit buntbemalten Gehängen, Gestänge und staubigen Kisten.
    Und nochmals ruft Joseph den Sohn.
    Und als der nicht hört, schlüpft Joseph selbst hinterher, wo er den einen zwischen die Latten sich zwängen gesehn. Und eilt bemüht, die beiden im Halbdunkel wiederzufinden.
    Und von über sich her, noch entfernt, hört Joseph Volk. Als versammelten sich welche über ihm im größeren Holzbau, um miteinander zu reden, dann aber wieder davonzugehen.
    Denn es war still geworden.
    Und unweit vor sich hört er die beiden, denen er nachgelaufen, den Sohn und den Freund des Sohns: flüstern und lachen und gleich darauf wieder schweigen, als versteckten sie sich.
    Nochmals ruft Joseph den Sohn und versteht nicht, warum der nicht hören will.
    Da hört Joseph, gedämpft, durch die Bretter der Käfige hin, eine griechische Stimme feierlich

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