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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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den Hügel des Gartens, eilt durchs aufsteigende Schreien wimmelnder Aasvögel dort. Findet aber den Sohn nicht im Hügel.
    Da dringt Joseph im Traum zurück in die Gassen. Und nochmals erriecht sich den Brotgeruch, schnaufend und ansaugend die Luft, so daß er stärker ihn roch. Und es roch wie von frisch Gebackenem her.
    Und weiter zieht Joseph, weiter, eilt in Verzweiflung, durchsucht die Winkel der Unterstadt.
    Und vom Teich Schiloach an, nordwärts, als sende der Teich ihn aus an das Ziel, verdichtet der Brotgeruch stärker sich noch.
    So daß Joseph ahnt – nein, jetzt weiß er’s:
    Alle Feuer, alle Feuer im Land: sie beheizen einen riesigen Ofen.
    Aber da, Joseph erschrickt, als er zu stehen kommt und erkennt, daß der riesige Ofen vor ihm steht.
    Es der Tempel ist.
    Und Joseph sieht Priester, die suchen zu ziehen aus dem Eingang des Ofens heraus: riesig verkohlten Laib.
    Und entsetzt wirft sich Joseph zu Boden.
    Und die Treppen herab eilt einer der Priester, kommt an Joseph vorbei, der mit Becken, Brust, Stirn auf den Boden gepreßt liegt.
    Und der Priester ruft Joseph zu: »Schon der Teig war verdorben!«
    So träumte es Joseph im Traum.
    Tief bedrückt erwachte Joseph am Morgen.
    Denn ihm schien, der Traum bedeute, daß alles, was er im Leben gefertigt, nichtig war in den Augen Gottes. Hingeworfen ins Feuer.
    Und grauenhaft lastete auf ihm – noch bei der Suche nach Jesus, die sie abermals aufnahmen am Morgen –, die Traumlast des Anfangs: Daß er nicht wußte, wie er erregt hatte Seinen Zorn. Und warum ihm Sein Traum solches zeigte.
    ›Denn worin handle ich nicht Dir gerecht, Herr?‹ sprach Joseph bei sich. Und sprach:
    ›Herr, gib mir Antwort, daß ich mich richte.‹
    Denn er wußte nicht, wohin, es IHM richtig zu machen. Und dachte:
    Aber selbst wenn ich wüßte die Richtung, die IHM gefiele, könnt ich noch abwenden das Grauen, das mich in Träumen bedrängt? Und weiß ich denn, ob nicht eben das, was mir graut, mir auch zugewiesen ist? Und daher die Richtung ist, die ER weist? Will ER denn auslöschen mich? Und verlorengehen lassen den Sohn durch meine Schuld? Daß ER auf mich deute, spräche: ›Denn achtlos hast du gelassen den Sohn, den ich dir auszutragen einst anbefahl.‹ Wenn ER so spräche zu mir … – oder, dachte Joseph, spricht ER schon so? Spricht ER nicht hier – mich suchen lassend meinen Verlorenen –, spricht ER nicht: ›Genommen hab ich ihn dir. Denn du und deine Werke waren nicht würdig, ihn aufzunehmen‹?
    So dachte Joseph bei sich. Sprach aber nicht davon der Maria, die vor Kummer am zweiten Abend, als sie den Sohn nirgends gefunden hatten, zusammenbrach.
    Und Joseph saß bei ihr. Da lag Maria im Fieber, und man kümmerte sich um sie, daß sie sich stärke und wieder genese.
    Kapitel 36. Das verlorene Buch
    Am Morgen früh des dritten Tages aber ging Joseph auf die Suche, Maria lag noch im Schlaf.
    Und Joseph ging durchs Tal hinab zum Tempelberg, wo er Jesus gesucht hatte in den Hallen schon am ersten Tag.
    Und so sprach er bei sich und flüsterte:
    ›Behüte die Frau mir und behüte den Sohn, Herr, ich flehe Dich an, nimm sie mir nicht! Daß Du nicht sagst: „Wie Joseph verlor seinen ersten Sohn, der ertrank, und schuldig war auch am Tod seiner Frau, die den Tod des Ertrunkenen nicht überlebte, so wird er nun abermals schuldig.“
    Sage es nicht und laß es nicht zu! Sondern verschone sie, überspringe sie, Herr, wie einst. Und zeige mir, Herr, wohin ich mich richten soll, zu finden den Sohn, und wohin ich mich richten soll, in Deinen Augen wieder zu werden gerecht.‹
    Und als er’s geflüstert hatte, da fügt er hinzu:
    ›Aber nicht gerecht bin ich in Deinen Augen, kann es nicht sein, Herr, denn ich bin nur ein Mensch. So handle gerecht an mir, wenn ich achtlos und blind zu Dir rufe nach Richtung. Gerecht werden kann ich doch nur, wenn Du’s zuläßt.‹
    Und als er kam vor die Hulda-Tore des Tempels, roch es ihm in der Nase nach Brot, wie nach frischgebackenen Fladen.
    So daß er anhielt und der Traum ihm wieder vor Augen stand. Und es hinter ihm lärmte, als stünde alles in Brand.
    Da sah Joseph hinauf zu den Toren des Tempels und erklomm eilends die Stufen, den Eingang hinauf zum Vorhof der Heiden.
    Und immer noch roch den Geruch.
    Und ging hinüber, hinter die Säulen der Halle des Salomo, die zum Aufgang hin liegt. Und schritt sie hinab, riechend nach dem Geruch, den er roch.
    Da, zwischen zwei Säulen, auf der Höhe des Goldenen Tors, sah er sitzen den

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