Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
ist aus dem Garten getrieben. Ist gefallen vom Baum in die Grube herab, verharrend so überm Holz. Als falle es noch, wie’s gefallen. Es ist tot und lebendig, es ist salzig und süß. Und war bläuliche Nahrung des Baums.
Zu der reckte sich Joseph, gezogen. Und doch durfte er, so wußt er im Traum, noch nicht wagen, davon zu essen.
Und erwachend vom Schlaf, da war es noch früh, lag Joseph und blieb unbeweglich unter den Bildern, die er im Traume geschaut.
Und vermochte nicht, sich zu bewegen. Aber als wagte er’s nicht. Als wär der Traum nicht zu Ende geschaut.
Denn gegen Ende der Bilder, kurz vor Erwachen, fand Joseph nicht mehr die Leitern, daran er war in die Grube hinabgestiegen. Weder die zweite, die reichte herab auf den Grubengrund, noch die erste, die ihn hinabgeführt hatte zur zweiten.
Da, gefangen im Grab der Grube, wollte Joseph fliehen mit der einzigen Leiter, die blieb.
Wollte stemmen das mächtige Kreuz, über die Sprossen der Kreuzleiter hinauf zu entkommen der Grube.
Aber welcher Riese hätte’s ihm aufzustellen vermocht, das Kreuz dieser Grube?
Und erwachend, aber noch nicht erwacht, ist ihm: Er kniet neben dem liegenden Kreuz und vernimmt über sich, leise wie Wind, das Treiben gläsernen Meers. Da, auf dem Grund in der Stille, wägt Joseph die Rätsel, die ihm vor Augen gestellt:
Wer hier gegraben die Grube. Und wer hier gelegt solches Kreuz. Und ob zu vergraben war im Geheimen das Kreuz, es zu vergessen? Oder ob es jüngst ausgegraben war einem, der käme, es aufzurichten erinnernd.
Wer aber hatte gelegt, was kein Mensch aufrichten kann?
Da, Joseph endlich stand auf, umstanden von den Bildern des Traums.
Und die Schwachheit, die ihn in der Grube bedroht, die ließ ihn nicht los. Noch ließ ihn der Brand, der ihm rotstach die Finger, als er berührte den Holm. Noch das Salz, das er salzig mit Zunge und Lippen geschmeckt. Und die kreuzenden, querenden Stimmen der Holme und Sprossen, sie ließen ihn nicht.
Sondern schwer stand auf Joseph, erhob sich wie ein Beladener. Als müsse er lösungslos tragen, was er geschaut. Und rückentragen hinauf nach Jerusalem die Schwere der meerig-gläsernen Last.
Kapitel 33. Jerusalem
Als sie aber den Ort, wo sie genächtigt hatten, verließen, am Morgen des dritten Tages, kniete Joseph, ungesehn von den anderen, und legte zum Zeichen der Stelle, an der ihm geträumt, fünf Steine zum Kreuz. Benamte sie aber noch nicht.
Denn hier, dachte er, will ich beten bei meiner Rückkehr und nochmals mich lagern, daß Gott zu mir spreche und ich verstünde sein Zeichen.
Und Joseph zog weiter mit den Seinen, blieb aber für sich und ging wortlos mit ihnen.
Und als er sich südwärts näherte Beit-El, wo Gott einst dem einsamen Jakob den Traum der Verheißung gesandt und gesprochen hatte herab vom Haupte der Leiter zum nordwärts hin Flüchtigen: ›Ich will dich hüten, wo all hin du gehst‹, da verglich Joseph die Träume: den Jakobs vergangener Tage und den Josephs vergangener Nacht.
Und er fürchtete sich, denn den einen schien ER zu achten, den anderen nicht.
Denn wo Jakob, dem Stammvater, die GottStimme segnete Samen und Boden, beide im Segen vermehrend, da schien sie Verdammnis zu sprechen im Baumgrab, Qual im Holze des Kreuzstamms, mit Auslöschung zu drohen: den Seinen und Joseph.
Denn hatte Joseph im Traum nicht gesucht nach den Seinen und sie nicht mehr gefunden? An ihrer Statt aber die Grube? Und darin das Kreuz?
Und Joseph dachte bei sich: Droht mir das Kreuz? Ist das die Bedeutung des Traums? Denn wär ich als Retter des flüchtigen Sklaven entdeckt worden damals, sicherlich hätten sie mich gekreuzigt. Ist noch nicht vorüber diese Gefahr, daß mich Strafe ereilte und mich einer erkennt?
Und warum liegt das Kreuz in der Grube bei Schilo, dem Ort, den Gott einst hatte verlassen? Warum kam der Traum dort zu mir, daß ich mich sähe verlassen, am Kreuz kniend unten? Wozu beruft mich der Ort dieses Traums, an dem Samuel im Traum einst berufen wurde?
Denn gehe ich nicht, wie ich berufen bin, hinauf? Gehe ich nicht hinauf, das Pessach zu feiern unserer Befreiung von Qual? Und liege dennoch gefangen in der Grube des Traums. Denn abgezogen hatte einer die Leitern. Und die, die mir blieb, war zu mächtig, sie mir aufzurichten zur Rettung.
So dachte Joseph bei sich und sprach davon keinem.
Und an Beit-El zur Linken vorbei zogen sie, und ein wenig weiter nur, bei Beerot, sahen sie von den Höhen aus schon bis hierher, bis zu uns, die wir hier
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