Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
erstickte, stets wie zum Hohn den hellen Saum vor Augen, der ihn angelockt hatte.
Und so würden sie ihn finden, mit dem Kopf nach unten im Donnerbalken, den Arsch hochgereckt und die Beine gespreizt, die ekelhaft braunen Abdrücke der Sohlen seiner Turnschuhe an der Wand des verfluchten Klohäuschens, wo er sich mit letzter Kraft dagegengestemmt hatte. Und er hörte eine Stimme sagen – wahrscheinlich der Finanzbeamte auf der Jagd nach dem Arschloch: »Heilige Scheiße, dem muss aber echt was Wertvolles da reingefallen sein!«
Es war komisch, aber Curtis war nicht nach Lachen zumute.
Wie lange kniete er jetzt schon da und starrte in den Tank? Er konnte es nicht sagen – seine Armbanduhr lag neben dem Mauspad in seinem Arbeitszimmer. Aber so, wie ihm die Schenkel wehtaten, war es bereits eine ganze Weile. Und das Licht war deutlich heller geworden. Inzwischen war bestimmt schon die Sonne aufgegangen, und bald würde sich sein Gefängnis wieder in ein türkisches Bad verwandeln.
»Ich muss es tun«, sagte er und wischte sich mit den Handballen den Schweiß von den Wangen. »Es gibt keinen anderen Weg.« Aber er zögerte, weil ihm noch etwas anderes eingefallen war.
Was, wenn dort drin eine Schlange lauerte?
Was, wenn das Arschloch vorausgesehen hatte, was sein mit magischen Kräften begabter Gegenspieler versuchen könnte, und dort eine Schlange reingetan hatte? Einen Kupferkopf vielleicht, der die ganze Zeit in den menschlichen Exkrementen gedöst hatte? Wenn ihn ein Kupferkopf in den Arm biss, dann würde er einen langsamen und qualvollen Tod sterben; sein Arm würde anschwellen, noch während die Temperatur anstieg und sein Gefängnis sich in einen Brutkasten verwandelte. Der Biss einer Korallenotter würde ihn schneller töten, würde aber auch mehr wehtun – sein Herz würde rasen, aussetzen, dann wieder rasen und schließlich aufgeben.
Hier sind keine Schlangen. Insekten vielleicht, aber keine Schlangen. Du hast ihn gesehen, du hast ihn gehört. So weit hat er nicht vorausgeplant. Dazu war er zu krank, zu verrückt.
Vielleicht.Vielleicht aber auch nicht.Woher sollte man schon wissen, was in einem Verrückten vor sich ging? Da war alles möglich.
»Zweien und Buben, Männer mit Äxten, dem Gewinner gehört die Welt«, sagte Curtis laut. Das Tao des Arschlochs. Er wusste nur eines: Wenn er es nicht versuchen würde, dann würde er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hier drin sterben.Wenn ihn eine Schlange biss, ging vielleicht sogar alles schneller, was ein Segen sein konnte.
»Ich muss einfach«, sagte er und wischte sich wieder über die Wange. »Ich muss!«
Wenn er nur nicht auf halbem Wege stecken blieb. So wollte er nicht sterben.
»Du bleibst schon nicht stecken«, sagte er. »Schau doch, wie groß das ist. Das Ding wurde für die Ärsche von Hamburger fressenden Fernfahrern gebaut!«
Darüber musste er kichern. Es klang eher hysterisch als belustigt. Das Loch in der Bank sah gar nicht so groß aus; sondern sogar ziemlich klein. Geradezu winzig. Er wusste, dass er das nur so wahrnahm, weil er nervös war – Scheiße, er hatte Angst, gleich würde er vor Angst tot umfallen. Aber das half ihm auch nicht weiter.
»Ich muss das jetzt einfach durchziehen«, sagte er. »Mir bleibt nichts anderes übrig.«
Wahrscheinlich waren seine ganzen Hoffnungen umsonst … aber er bezweifelte, dass sich jemand die Mühe gemacht hatte, den Sammeltank mit Blech zu verkleiden, und das gab den Ausschlag.
»Lieber Gott, hilf mir«, sagte er. Sein erstes Gebet seit vierzig Jahren. »Lieber Gott, bitte mach, dass ich nicht da stecken bleibe.«
Er schob den rechten Arm in die Öffnung, und dann, nachdem er noch einmal tief Luft geholt hatte, den Kopf. Den linken Arm an die Seite gedrückt, schlängelte er sich durch das Loch. Die linke Schulter blieb hängen, aber bevor er in Panik geraten und den Rückzug antreten konnte – das war der entscheidende Augenblick, darüber war er sich im Klaren, danach gab es kein Zurück mehr -, wand er sich hindurch, als würde er einen Schütteltanz aufführen. Mit beiden Schultern im Tank zappelte er so lange, bis auch die Taille durch die Öffnung glitt. Plötzlich war es stockdunkel. Seine Hüften mochten schmal sein, aber sie waren doch so gut gepolstert, dass sie das Loch ausfüllten. Der Lichtsaum schien ihm direkt vor den Augen zu schweben und ihn zu verhöhnen.Wie eine Fata Morgana.
O Herr, bitte lass es kein Trugbild sein.
Der Tank war einen guten Meter
Weitere Kostenlose Bücher