Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
lallend, weil ihre Unterlippe anschwoll. Sie fühlte, wie ihr das Blut das Kinn hinabrann. Aber trotz der Schmerzen und der Angst schwoll ihr Verstand noch nicht an. Sie wusste, dass ihre einzige Überlebenschance darin lag, diesen Mann glauben zu machen, er würde geschnappt werden, wenn er sie tötete. Natürlich würde er auch geschnappt werden, wenn er sie freiließ, aber damit würde sie sich später befassen. Ein Alptraum nach dem anderen. »Je’e Menge Leu’e!«, lallte sie trotzig noch einmal.
    Er schoss wieder zurück zur Spüle, und als er wiederkam, hatte er ein Messer in der Hand. Ein kleines. Vermutlich das, das das tote Mädchen aus der Socke gezogen hatte. Er setzte die Spitze auf Ems unteres Augenlid und zog es herab. In dem Moment ließ ihre Blase los und entleerte sich in einem einzigen Schwall.
    Ein Ausdruck von irgendwie zimperlichem Widerwillen verkniff momentan Pickerings Miene, doch zugleich schien er auch erfreut zu sein. Em wunderte sich unwillkürlich, wie jemand gleichzeitig zwei so unvereinbare Regungen empfinden konnte. Er trat einen halben Schritt zurück, aber die Spitze des Messers schwankte nicht. Sie grub sich immer noch in ihre Haut, zog ihr das Lid herab und drückte den Augapfel in seiner Höhle sanft empor.
    »Nett«, sagte er. »Noch eine Schweinerei zum Aufwischen. Kam allerdings nicht unerwartet. Das nicht. Und wie es so schön heißt, draußen ist mehr Platz als drinnen.« Er lachte auf, ein kurzes Kläffen, dann beugte er sich vor, und seine leuchtend blauen Augen starrten in ihre braunen. »Nenn mir eine Person, die weiß, dass du hier bist. Ohne Zögern. Ohne das geringste Zögern. Wenn du zögerst, weiß ich, dass du mir was vormachst, und dann heb ich dir das Auge aus der Höhle und schnipp es in die Spüle. Das bring ich fertig. Also raus mit der Sprache. Jetzt. «
    »Deke Hollis«, sagte sie. Das war wie Petzen, mieses Petzen, aber es war auch purer Reflex. Sie wollte ihr Auge nicht verlieren.
    »Wer noch?«
    Ihr fiel kein Name ein – in ihrem Kopf herrschte gellende Leere -, und sie glaubte ihm, dass ein Zögern sie das linke Auge kosten würde. »Niemand, okay?«, schrie sie. Und bestimmt würde Deke reichen. Bestimmt würde eine einzige Person reichen, es sei denn, er war so verrückt, dass …
    Er zog das Messer weg, und obwohl ihre räumliche Sicht nicht ganz bis dorthin reichte, fühlte sie an der Stelle eine kleine Blutperle hervorquellen. Es war ihr egal. Sie war froh, überhaupt noch räumliche Sicht zu haben.
    »Okay«, sagte Pickering. »Okay, okay, gut, okay.« Er ging zurück zur Spüle und warf das kleine Messer hinein. Sie fühlte sich schon erleichtert, da zog er eine Schublade neben der Spüle auf und holte ein größeres heraus: ein langes, spitzes Fleischermesser.
    »Okay.« Er kam zu ihr zurück. Sie konnte nirgends Blut an ihm sehen, nicht den geringsten Fleck. Wie war das möglich? Wie lange war sie ohnmächtig gewesen?
    »Okay, okay.« Er fuhr sich mit der freien Hand durch seinen kurzen, sicher absurd teuren Designer-Haarschnitt. Die Frisur lag im gleichen Moment wieder perfekt in Form. »Wer ist Deke Hollis?«
    »Der Brückenwärter«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte. »Wir haben von Ihnen gesprochen. Deswegen hab ich ja hier reingeschaut.« Sie hatte eine plötzliche Eingebung. »Er hat das Mädchen gesehen! Hat sie als Ihre Nichte bezeichnet!«
    »Jaja, die Mädchen werden immer per Boot zurückgebracht, das ist alles, was er weiß. Was sind die Leute doch neugierig! Wo steht dein Wagen? Antworte jetzt, oder du kriegst die neue Spezialbehandlung, eine Brustamputation. Schnell, aber nicht schmerzlos.«
    »Die Grashütte!« Mehr fiel ihr nicht ein.
    »Was soll das sein?«
    »Das kleine Muschelhaus am Ende der Insel. Es gehört meinem Vater.« Sie hatte noch eine Eingebung. »Er weiß, dass ich hier bin!«
    »Jaja.« Pickering schien das nicht zu interessieren. »Ja, okay. Heißt das, du wohnst hier?«
    »Ja …«
    Er sah auf ihre Shorts hinab, die jetzt von dunklerem Blau waren. »Läuferin, wie?« Sie antwortete nicht, was Pickering nicht zu stören schien. »Ja, klar bist du’ne Läuferin, schau dir bloß diese Beine an.« Unglaublich, er verbeugte sich – wie vor einem Mitglied des Königshauses – und pflanzte dicht unter dem Saum der Shorts einen lauten Schmatz auf ihren Schenkel. Als er sich aufrichtete, sah sie mit sinkendem Mut, dass seine Hose vorn ausgebeult war. Gar nicht gut.
    »Du läufst hin und her, hin und her.« Er

Weitere Kostenlose Bücher