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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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»Peligro. Er! Señor Peligro!«
    Pickering lachte und langte nach ihr. In heller Panik, ihn so nah zu sehen (es war, als hätte eine Packpresse plötzlich Hände bekommen), stieß sie ihn weg. Er hatte keine Gegenwehr erwartet, und er war immer noch außer Atem. Aber er fiel nicht hin, sondern taumelte mit verdutzt aufgerissenen Augen nur einen Schritt zurück. Und die Schere fiel ihm aus dem Hosenbund, wo er sie versteckt hatte. Einen Moment lang starrten sie alle drei auf das glänzende X im Sand. Die Brandung rauschte monoton. Innerhalb der wabernden Nebenschwaden schrien Vögel.

11
Dann rannte sie wieder los.
    Pickerings lässiges Grinsen – mit dem er so viele »Nichten« angelockt haben musste – kam wieder zum Vorschein. »Ich kann das erklären, aber dafür reicht mein Spanisch nicht aus. Lässt sich alles ganz vernünftig erklären, okay?« Er klopfte sich wie Tarzan an die Brust. »No Señor Loco, no Señor Peligro, okay? « Und vielleicht wäre er damit sogar durchgekommen. Aber dann deutete er, immer noch lächelnd, auf Em: »Ella es bobo perra.«
    Sie hatte keine Ahnung, was bobo perra heißen sollte, sah aber, wie Pickerings Miene sich veränderte, als er es sagte. Er kräuselte die Oberlippe und hob sie wie die Lefzen eines knurrenden Hundes. Der Mexikaner schob Em mit einer schnellen Armbewegung hinter sich zurück. Nicht ganz hinter sich, aber die Bedeutung der Geste war klar: Schutz. Dann bückte er sich und langte nach dem metallenen X im Sand.
    Wenn er danach gelangt hätte, bevor er Em zurückschob, hätte alles noch gutgehen können. Aber Pickering sah seine Felle davonschwimmen und bückte sich selbst nach der Schere. Er bekam sie als Erster zu fassen, fiel auf die Knie und stach sie dem Mexikaner in den sandigen Fuß. Der Mexikaner schrie mit schreckgeweiteten Augen auf.
    Er versuchte, Pickering zu packen, aber Pickering ließ sich zur Seite fallen, kam dann blitzartig wieder hoch ( immer noch so geschmeidig, dachte Em) und tänzelte ein paar Schritte zurück. Dann ging er zum Angriff über. Er umschlang die straffen Schultern des Mexikaners in einer kumpelhaften Umarmung und jagte ihm die Schere in die Brust. Der Mexikaner versuchte, sich ihm zu entwinden, aber Pickering hielt ihn fest und stach immer wieder zu. Keiner der Stiche drang tief ein – dafür ging Pickering zu hastig vor -, aber das Blut floss in Strömen.
    »Nein!«, schrie Emily. »Nein, aufhören!«
    Pickering drehte sich mit einem unsäglichen Glitzern in den Augen kurz nach ihr um, dann stach er dem Mexikaner so tief in den Mund, dass die Scherengriffe ihm gegen die Zähne schlugen. »Okay?«, sagte er. »Okay? Gut so? Hast du jetzt genug, du Scheißbohnenfresser?«
    Emily sah sich panisch nach irgendetwas um, einem Stück Treibholz etwa, mit dem sie zuschlagen könnte, aber da war nichts. Als sie wieder zurückschaute, ragte dem Mexikaner die Schere aus einem der Augen. Er knickte langsam ein, fast als wollte er sich verbeugen, und Pickering verbeugte sich mit ihm und mühte sich ab, die Schere wieder herauszuziehen.
    Schreiend stürzte Em sich auf ihn. Sie rammte ihm die Schulter in den Bauch und nahm dabei unwillkürlich wahr, dass es ein schlaffer Bauch war – eine Menge üppiger Mahlzeiten waren dort gelagert.
    Pickering kippte hintenüber, lag japsend im Sand und funkelte sie zornig an. Als sie zurückweichen wollte, packte er ihr linkes Bein und grub die Fingernägel hinein. Neben ihr lag der Mexikaner, zuckend und blutüberströmt, auf der Seite. Das Einzige, was sie an dem bis vor wenigen Sekunden so markanten Gesicht noch erkennen konnte, war die Nase.
    »Komm her, Lady Jane«, sagte Pickering und zog sie zu sich hin. »Let me entertain you, okay? Ein bisschen Unterhaltung gefällig, du unnütze Schlampe?« Er war stark, und obwohl sie sich in den Sand krallte, kam sie nicht gegen ihn an. Sie spürte heißen Atem an ihrem Fußballen, und dann grub er die Zähne tief in ihre Ferse.
    Der Schmerz war unermesslich; jedes Sandkorn am Strand sprang ihr plötzlich glasklar vor die aufgerissenen Augen. Em schrie auf und trat mit dem rechten Fuß zu. Durch pures Glück – von Zielen konnte längst keine Rede mehr sein – traf sie ihn, und zwar mit ziemlicher Wucht. Er brüllte heiser auf (es klang wie geknebelt), und der stechende Schmerz in ihrer linken Ferse hörte so plötzlich auf, wie er begonnen hatte, und hinterließ nur ein dumpfes Brennen. Irgendetwas war in Pickerings Gesicht zerborsten. Sie hatte es

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