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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Kampfeinsatz Angst hatten, während sie gefährliche Aufgaben erledigten, die in der Regel (aber nicht immer) gut ausgingen. Was sie nicht erwartet hatte, war die Schönheit.
    Der Nebel war über den Golf hereingezogen. Das Wasser war ein mattgrünes Phantom, das durch das wattige Weiß an die Küste schwappte. Dort draußen zog wohl ein Fischschwarm vorüber, jedenfalls taten sich die Pelikane wie an einem Allyou-can-eat-Büfett daran gütlich. Sie sah unzählige der Vögel als sausende Schatten mit angelegten Flügeln auf das Wasser niederstoßen. Ein paar andere schaukelten weiter vorn auf den Wellen, scheinbar so reglos wie Lockvögel, aber mit wachsamen Blicken. Draußen zu ihrer Linken war die Sonne eine kleine orangegelbe, matt schimmernde Münze.
    Sie hatte Angst, dass ihre Wade sich wieder verkrampfen würde – wenn das passierte, wäre alles aus. Aber es war eine Anstrengung, an die die Wade gewöhnt war, und sie fühlte sich locker genug an, wenn auch ein wenig zu warm. Ihr Kreuz machte ihr mehr Sorgen. Es zwickte bei jedem dritten oder vierten Schritt und sandte alle zwei Dutzend Schritte einen blitzartigen Schmerz aus.Aber sie beschwichtigte es im Stillen, versprach ihm heiße Bäder und Shiatsu-Massagen, wenn dies alles vorüber sei und das Ungeheuer hinter ihr endlich im Collier County Jail hinter Schloss und Riegel sitze. Es schien zu funktionieren. Oder vielleicht war auch das Laufen selbst eine Art Massage. Sie hatte allen Grund zu glauben, dass dem so war.
    Pickering brüllte noch zweimal, sie solle stehen bleiben, dann schwieg er und sparte sich den Atem für die Verfolgung. Sie sah sich kurz um und schätzte seinen Abstand auf etwa sechzig Meter; das Einzige an ihm, was in dem dunstigen Spätnachmittagslicht klar zu erkennen war, war sein rotes Golfhemd. Beim nächsten Blick trat er schon deutlicher hervor; sie konnte seine blutbefleckten Khakishorts erkennen. Nur noch fünfzig Meter Abstand. Aber er keuchte. Gut so. Keuchen war ein gutes Zeichen.
    Emily sprang über einen Haufen Treibholz. Ihre Shorts rutschten herab und drohten sie zum Straucheln zu bringen. Sie hatte keine Zeit, stehen zu bleiben und sie abzustreifen, also zerrte sie sie wütend hoch und wünschte sich, sie hätten eine Kordel im Bund, die sie zuziehen könnte, vielleicht sogar mit den Zähnen festhalten.
    Hinter ihr ertönte ein Schrei, in dem Angst und Zorn mitschwang. Es klang, als ob Pickering endlich merkte, dass es nicht so lief, wie er gedacht hatte. Sie riskierte noch einen hoffnungsvollen Blick zurück, und ihre Hoffnung wurde nicht betrogen. Er war über das Treibholz gestolpert und in die Knie gegangen. Seine neue Waffe lag vor ihm und bildete im Sand ein X. Eine Schere also. Eine große Geflügelschere, wie Köche sie benutzten, um Knorpel und Knochen zu durchtrennen. Er hob sie auf und rappelte sich hoch.
    Emily rannte weiter und erhöhte ihr Tempo zunehmend. Weder hatte sie es so geplant, noch glaubte sie, dass es ihr Körper war, der die Regie übernahm. Es war irgendetwas zwischen Körper und Geist, irgendeine Schnittstelle. Das war die Instanz, die jetzt die Führung übernehmen wollte, und Em ließ sie gewähren. Diese Instanz drängte sie, ganz unmerklich schneller zu werden, damit das Tier hinter ihr nicht mitbekam, was sie vorhatte. Diese Instanz wollte Pickering dazu anstacheln, das eigene Tempo zu erhöhen, um mit ihr mitzuhalten, vielleicht sogar den Abstand noch mehr zu verringern. Diese Instanz wollte ihn auspowern, ihn keuchen und schnaufen hören, vielleicht sogar husten, falls er Raucher war (obwohl sie sich da wohl zu viel erhoffte). Dann erst würde sie den Turbogang einlegen, den sie sich in letzter Zeit nur noch selten genehmigt hatte; so zu sprinten gab ihr immer das Gefühl, das Schicksal herauszufordern – als legte man an einem sonnigen Tag Wachsflügel an. Aber nun hatte sie keine Wahl mehr. Und falls sie das Schicksal herausgefordert haben sollte, dann war es in jenem Moment gewesen, als sie abbog, um einen Blick in die Einfahrt des Bunkers zu werfen.
    Aber was hatte ich denn noch für eine Wahl, sobald ich ihr Haar gesehen hatte? Vielleicht war es das Schicksal, das mich herausforderte.
    Sie rannte weiter und zeichnete mit ihren Füßen eine gleichmäßige Spur in den Sand. Sie blickte sich noch einmal um und sah Pickering nur noch vierzig Meter hinter sich, aber vierzig Meter war okay. In Anbetracht dessen, wie rot und abgekämpft sein Gesicht war, war vierzig Meter völlig okay.
    Im

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