Super Nova (German Edition)
ä chelte mit seinem vertrauten Hundeblick . Tommy erinnerte mich manchmal an einen Pudel. Seine braunen Augen waren lieb und treu. Dazu die braunen langen Locken, die ihm wild auf die Schu l tern und ins Gesicht fielen, und nicht zu vergessen seine Eige n schaften als guter Freund, auf den immer Verlass war, der mir stets zur Seite stand.
Ich war glücklich darüber, dass wir unsere Ausbildung zusammen machen konnten. Allerdings hatte Tommy den Status als Hahn im Korb. Er war der einzige männliche Erzieher an unserer Schule, aber dafür machte er seine Sache gut. Nun, als Ältester von sieben Geschwistern hatte er einen kleinen Vorteil im Umgang mit Ki n dern.
»Können wir in der Mittagspause weiter reden?«, wollte er wi s sen, als wir zehn Minuten später den Unterrichtsraum betraten.
»Klar, wir müssen doch den Pralinen zu Leibe rücken, es ist schließ lich Valentinstag! «
Zum Glück hatten wir am Vormittag praktische Übungen – Ba s teleien; so konnte ich für ihn noch einen kleinen Valentinsstrauß zusammenstellen, ohne dass er es bemerkte. Ich brauchte etwas länger für das Gesteck und kam zehn Minuten zu spät in die Cafet e ria. Diesmal erschien ich mit dem lilafarbenen Pralinenherz und dem künstlichen Blumenstrau ß aus Moosgummi, Tüll und Seide .
Tommy saß schon an unserem kleinen Stammtisch mit nur zwei Stühlen, ganz hinten im Raum. Er grinste über das ganze Gesicht, als er mich kommen sah.
» Touché !«, gab er neidlos zu , als er meinen Blumenstrauß erblic k te, und zeigte auf zwei große Tassen Cappuccino, in deren Mitte auf dem weißen Milchschaum zwei Schokoherzen schwammen.
»Nein, du hast gewonnen! Damit kann es mein Strauß nicht au f nehmen!«
»Von wegen! Der Cappuccino und die Pralinen sind nachher Vergangenheit, aber die hier«, sagte er und drückte sich meine Blumen ans Herz, »die bekommen einen Ehrenplatz in meinem Zimmer.«
»Ach, Tommy – wenn ich dich nicht hät te …« Wäre mein Leben trostlos, einsam, traurig und um einiges langweiliger, wollte ich ihm sagen. Ab er das wusste er mit Sicherheit – auch unausgesprochen. Schweigend setzte ich mich zu ihm an den Tisch und nippte von dem Kaffee. Mit sorgenvollem Blick griff er nach meinen Händen und schob mir den grauen Wollpulli über beide Handgelenke. Nach und nach wurde ein Teil meiner blauen Flecken sichtbar. Tommy wirkte schockiert und starrte mich mit offenem Mund an.
»Bitte nicht jetzt! Ich kenne die Hämatome und ich weiß, es ist schlimmer denn je. Aber ich möchte diese Nacht hinter mir lassen ! In ein paar Tagen sind die Blutergüsse wieder weg, also vergessen wir’s, okay?«
So leicht ließ sich Tommy diesmal nicht besänftigen.
»Stella, es ist schlimm! Es ist nicht nur ein blauer Fleck, oder zwei oder drei … wie sonst. Es sind deine beiden Handgelenke, rundh e rum, als hätte dich jemand gewaltsam festgehalten , ja, festgebu n den !«
»Hör auf, bitte!«, befahl ich in einem strengen Ton. »Wer um alles in der Welt soll mich denn mitten in der Nacht festhalten? Sag nichts mehr dazu! Nicht hier, nicht jetzt, nicht heute! Vergessen wir es einfach, diese Nacht ist vorbei! «
Tommy nickte. »Ja, diese, aber die nächste wird kommen «, hauchte er traurig und wickelte seelenruhig die Schachtel Pralinen aus. Unterwürfig schaute er mir in die Augen und hielt mir die Schokolade hin. »Ladies first .«
Ach, mein Tommy. Er war so lieb, ihm konnte man einfach nie böse sein. Einmal mehr war ich glücklich darüber, ihn an meiner Seite zu wissen, denn obwohl ich schon sechs Monate an dieser Schule war, hatte ich kaum freundschaftliche Bande geknüpft.
Ich hatte Tommy, das reichte voll und ganz. Und zu Hause hatte ich Rania, meine beste Freundin und Ersatzschwester. Zudem gab es noch meine alte Cliq ue aus der Abi-Zeit. Aber hier, a n dieser Schule für Gesundheit und Soziales , fühlte ich mich wie das schwa r ze Schaf. Außer Tommy gab es nur Mädchen und deren Thema Nummer eins waren Jungs, die Liebe und Sex. Thema Nummer zwei waren Mode, Designer und Kosmetik. Ich hatte an nichts von alledem Interesse. Daher ging mir sehr schnell der Gesprächsstoff aus, wenn ich mit den Mädels aus meinem Kurs etwas unternehmen sollte. Plötzlich riss mich Tommy aus meinen Gedanken.
»Wo steckt eigentlich dein Valentinsschatz?«
» Sehr w itzig!«
Er wusste genauso gut wie ich, dass es da niemanden gab.
»Du kennst mein Leben, meinen Alltag und meine Gefühle. Er s tens habe ich so viel um die Ohren,
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