Super Sad True Love Story
angehen», sagte sie. «Mir wurde gerade das Herz gebrochen, schon vergessen?» Das überdachte sie kurz und hängte noch ein «Haha» dran.
«Hey, ich weiß, was wir machen können», sagte ich. «Das ist sozusagen meine Lieblingsbeschäftigung, wenn der Sommer kommt.»
Ich ging mit ihr zum Cedar Hill im Central Park. Sie wirkte leicht verstört angesichts der abgerissenen Siedlungsbewohner, die meinen Teil der Grand Street entlangschlurften oder -rollten , der alten Leute aus der Dominikanischen Republik, die sie begafften und
«Chinita!»
oder «Gib mal ein bisschen Geld aus, China-Maus!» hinter ihr herriefen, auf eine Weise, so hoffte ich, die nicht allzu bedrohlich war. Ich mied die Stelle, an der unser ortsansässiger Straßenscheißer immer sein Geschäft verrichtete.
«Wieso wohnst du hier?», fragte Eunice Park, die womöglich nicht begriff, dass Immobilien überall sonst inManhattan immer noch grotesk unbezahlbar waren, trotz der letzten Dollarentwertung (oder vielleicht auch gerade wegen ihr; ich verstehe einfach nicht, wie das mit der Währung funktioniert). Deshalb, als Wiedergutmachung für meine schlechte Wohnlage, zahlte ich an der Haltestelle der «F» jeweils zehn Dollar mehr für den Business-Class-Wagen. Wie Vish mir neulich Abend angetrunken erzählt hatte, wird der verkümmernde Nahverkehr unserer Stadt jetzt von einer der ARR nahestehenden Firmengruppe profitorientiert betrieben, unter dem Motto «Gemeinsam werden wir irgendwo hinkommen». In der Business Class hatten wir alle gemütlichen, schon leicht bräunlich gewordenen Sofas für uns, dazu die unförmigen, an einen Couchtisch geketteten Äppäräte, die von verschütteten Drinks und Fingerabdrücken schmuddelig waren. Schwerbewaffnete Nationalgardisten schirmten unseren Waggon von den unvermeidlichen singenden Schnorrern, Breakdancern und mittellosen Familien ab, die um Gesundheitsgutscheine bettelten, der zerlumpten Horde Vermögensschwacher Privatpersonen, die alle regulären Waggons in eine Bühne für ihre Talente und Beschwerden verwandelt hatte. In der Business Class wurden uns tausend diskrete Augenblicke unterirdischen Friedens geschenkt. Eunice überflog
The New York Lifestyle Times
und machte mich damit glücklich, denn auch wenn die
Times
nicht mehr das legendäre Qualitätsblatt früherer Tage ist, so ist die Website doch immer noch textlastiger als alle anderen, bieten das Display nur zur Hälfte füllende Berichte über bestimmte Produkte gelegentlich eine subtile Analyse der Welt im Allgemeinen, wirft ein Essay über einen neuen Kajalstift einen Absatz lang ein Schlaglicht auf die Intelligenzökonomie im indischen Bundesstaat Kerala. Es ließ sich nicht leugnen: Die Frau, in die ich mich verliebt hatte, war nachdenklich undklug. Ich konnte den Blick nicht von ihr abwenden, ihren sonnengebräunten, schmalen Armen, die über den aufgerufenen Daten schwebten, bereit zuzustoßen, wenn ein begehrter Konsumartikel sich auf dem Display auftat, das grüne «Kauf mich»-Icon unter ihren geschäftigen Zeigefingern flimmerte. Ich beobachtete sie so konzentriert, dass die grell beleuchteten Haltestellen bedeutungslos vor den Fenstern vorbeirauschten, wir die richtige verpassten und ein Stück zurückfahren mussten.
Cedar Hill. Hier beginne ich meine Spaziergänge im Central Park. Vor vielen Jahren ging ich nach einer heftigen Trennung von einer früheren Freundin (einer traurigen Russin, mit der ich aus einer Art perverser ethnischer Solidarität zusammen gewesen war) immer zu einer jungen, gerade erst akkredidierten Sozialtherapeutin, nur eine Straße weiter an der Madison Avenue. Für weniger als hundert Dollar die Woche kümmerte sich jemand hier in dieser Gegend um mich, auch wenn Janice Feingold mich trotz ihres Universitätsabschlusses am Ende nicht von meiner Nichtexistenzangst heilen konnte. Ihre Lieblingsfrage: «Wieso glauben Sie, Sie wären glücklicher, wenn Sie ewig leben könnten?»
Nach den Sitzungen bei ihr pflegte ich langsam Druck abzulassen, mit einem Buch oder einer Printausgabe einer Zeitung inmitten des leuchtenden Grüns des Cedar Hill. Ich versuchte, Ms. Feingolds therapeutische Einschätzung zu übernehmen, ich sei der Farbe und der Anmut des Lebens würdig, und dieser Abschnitt des Central Park unterstrich ihre freundlichen Bemühungen auf das schönste. Je nach Blickwinkel kann der Hügel wie ein Campusrasen in Neuengland oder wie ein dichter Nadelwald aussehen, graue Felsen ragen gletscherartig
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