Superhirn Sammelband
herumgeschnüffelt!«
»Einen schönen Gruß von Otello!« rief Superhirn kalt zurück. »Stichwort: Pik-As! Er kommt heut nacht mit dem Zugbegleiter auf ein Spielchen zu dritt!«
Der Werkbahner blieb keuchend stehen. »Pik-As?« fragte er verwirrt. »Was willst du damit sagen?
He! Dich kenn ich doch?! Warst du nicht gestern schon hier? Du bist der Sohn des Forschungsleiters!
Man nennt dich Superhirn!«
»Superhirn stimmt«, entgegnete der Junge. »Professor Kyber ist mein Patenonkel.«
»So? Und deshalb darfst du dreist und vorlaut sein? Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht – und du verhöhnst mich noch: Einen schönen Gruß von Otello!«
»Wer hat Otello denn zuletzt gesehen, und gesprochen, du oder ich?«
»Ich – im Stellwerk des Instituts, kurz vor der letzten Fahrt«, antwortete Superhirn.
»Und ich habe den SILBERBLITZ hier an die Verladerampe gelotst!« rief der Mann. »Ich, Franc Brasser!«
»Monsieur Brasser«, sagte Superhirn, »mein Freund Henri und ich möchten Ihnen helfen. Wir könnten gemeinsam etwas klären.«
»Klären!« Der Bahnmeister lachte bitter. »Und was klärt die Polizei? Kommissar Lenninger glaubte zuerst, der SILBERBLITZ sei hier irgendwo versteckt worden. Aber – bitte – wo …?«
Er kramte einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete eine Pforte im Zaun. »Kommt mit, überzeugt euch! Superhirn mag seinem Onkel getrost erzählen, daß Franc Brasser verrückt ist. Es macht mir nichts mehr aus!«
Die Jungen stapften mit dem Werkbahner über verrostete Normalgleise, die von Unkraut überwuchert waren. Geborstene Waggons, an ihren Bestimmungstafeln noch Reste von Kreidezeichen, dösten aus schiefen Lücken. Wie poliert wirkte dagegen der tadellos gebettete schmale Schienenstrang der SILBERBLITZ-Bahn. Er führte aus dem Schacht heraus, im Bogen um ein Dutzend verwitterter Prellböcke herum, an einer hohen Hecke entlang.
»Hinter dieser Hecke haben sie auch schon gesucht«, klagte Brasser. »Aber da ist nichts als ein vergammeltes Schiffshebewerk, über das die Fischer ihre Beute direkt an die Kühlwagen brachten – ja, ha: vor fünfzig Jahren! Läge der SILBERBLITZ da unten, würde man die Lok und alle Wagen Kopfstand machen sehen!«
Superhirn bückte sich und reckte den Hals nach links und rechts.
»Was ist?« fragte Henri.
»Die Hecke verläuft nicht durchgehend«, murmelte der Freund.
»Wegen des Windes«, erklärte Brasser-»Oder meinst du, der verschwundene Zug sei da durchgeflutscht? Junge, ich hab dir doch gesagt: Die Fahnder sind mit ihren Ideen allesamt auf dem Holzweg. Sie meinen jetzt sogar, der SILBERBLITZ sei nie hier angelangt! Sie suchen ihn 15 Kilometer entfernt im Meer!«
»Und sie haben ja die ersten Teile schon geborgen«, gab Henri zu bedenken. Was nun folgte, berührte die beiden Jungen gespenstisch. Brasser rannte auf den vergitterten Schacht zu und rüttelte an den Stäben. Er schrie in den dunklen Schlund hinein, und seine Stimme verhallte in der Grabesstille des langen, langen Tunnels:
»Wenn der SILBERBLITZ im Meer liegt, dann müßte er rückwärts durch dieses Gitter geschwebt sein wie eine Rauchwolke! Versteht ihr denn nicht? Will mich keiner verstehen? Das Gitter ist automatisch hinter ihm heruntergegangen, als der letzte Wagen aus dem Schacht heraus war!«
Der Bahnmeister wandte sich um und deutete mit bebender Hand auf das Rangiergelände: »Nach dort ist er gefahren, zur Rampe, wo der Entsorgungszug zur Übernahme der Giftladung wartete! Ich stand in der Tür meines Büros und sah seine Scheinwerfer! Kommt, wir gehen die Strecke entlang, die er in der Unglücksnacht gefahren ist, nachdem er den Schacht verlassen hatte!«
Brasser schwankte, vor Erregung zitternd, auf dem SILBERBLITZ-Gleis der Zielstation »Giftrampe« zu. Superhirn und Henri stapften links und rechts neben ihm her. Sie sahen eine einsame Signalampel, deren eingeschaltetes rotes Licht trotz der hellen Sonne deutlich zu erkennen war. Das Licht bedeutete »Halt!« – Halt für einen Zug, der nie mehr kommen würde, Halt auf einer Strecke, deren Zufahrt durch das Schachtgitter abgeblockt war. Der rote, runde Kreis wirkte wie das Auge eines weltvergessenen, träumenden Fabeltiers.
»Hier – an dieser Ampel – mußte der SILBERBLITZ immer halten«, erklärte Brasser. »Eiserne Vorschrift, obwohl ihn nichts hätte behindern können, denn seine Zufahrt war stets frei. Aber die Bahngesetze für Giftmülltransporte sind streng: Hier, in Buronne, werden
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