Superhirn Sammelband
Henri packten zu, während Micha den heftig zappelnden Pudel bändigte.
»No-no-noch was?« fragte Prosper aufgeregt. Er reckte seinen ohnehin schon langen Hals und spähte in das Dienstboot, als vermute er darin mindestens einen Zentner weißer Melonen. Tat! verhielt sich still. Sie sah, daß Superhirn seinen grünen Campingbeutel wieder in den Gepäckhalter des Fahrrads geklemmt hatte: ganz offenbar täuschend aufgebauscht, denn den Inhalt – das weiße Päckchen – hatte er ja hinter dem Rücken des Hafenkapitäns ins Wasser geworfen. Der spindeldürre, flachshaarige junge schwang sich auf Schwarzbackes Schiff. Und schon drehte Kapitän Jordan ab.
Ein kurzes Hupsignal, ein vergnügtes Winken – das Dienstboot schoß davon. Die Geschwister und ihre Freunde bestürmten Superhirn mit Fragen.
»Willst du mit dem Rad auf Schwarzbackes Kahn die Tour de France gewinnen?« feixte Gérard. Superhirn berichtete kurz: »Ich war am Austernkanal von Brossac-Baie. Da hab ich ein paar Fotos geschossen.« Er tippte an das Etui, das er am Lederriemen um den Hals trug. »Schließlich fiel mir ein, daß ihr ja bald wieder in unserem Leuchtturm sein müßtet. Na ja – und weil's mit dem Rad von Baie bis zum Cap Felmy 'ne ziemliche Schlaucherei ist, nahm ich Pauls Angebot gern an, mich um die Landzunge zu schippern!«
Schwarzbacke brachte inzwischen seine »Perle« wieder auf Touren. Er blieb im Ruderhaus und steuerte die vorragende Felsküste an. Tati blickte in die Richtung, in der das Dienstboot verschwunden war.
»Superhirn«, fragte sie ernst, »was hast du da vorhin ins Wasser geworfen? Ich sah nichts mehr treiben, also muß es sofort untergegangen sein! Eine Melone war es jedenfalls nicht, soviel steht fest!«
Die fünf Jungen und das Mädchen saßen im Achterteil des Schiffes. Der Wind, der jetzt erfrischend vom offenen Atlantik blies, verwehte ihre Worte, so daß Schwarzbacke auf keinen Fall etwas hören konnte.
Superhirn starrte die anderen der Reihe nach an.
»Wie kommt Tati auf eine Melone?« fragte er.
»Alle hätten an eine Melone gedacht, wenn sie gesehen hätten, wie du das weiße Päckchen versenktest«, erklärte Henri. »Aber nur Tati und ich haben's bemerkt. Was also war's?«
»Ach«, Superhirn mußte lachen, »Zeitungen! Ausgelesene Zeitungen! In Brossac-Baie ist ein Kiosk, da hab ich mir ein paar Exemplare gekauft. Na, ihr wißt ja, wie schnell ich lesen kann. Da ich sie nicht mehr brauchte, warf ich sie ins Wasser!«
»Seit wa-wa-wann geht ein Papierklumpen unter?« rief Prosper herausfordernd. »Und weshalb hast du bei dem Wort Melone so komisch geguckt?«
Henri runzelte die Stirn: »Superhirn, bitte, mach uns nichts vor! Du weißt bestimmt seit Tagen etwas!
Du sonderst dich ab, schwirrst in der Gegend herum, als wärst du einem unsichtbaren Wald voller unsichtbarer Affen auf der Spur – und wir wissen nichts davon.«
»Dafür stolpern wir über einen verhexten Marktstand mit Geistermelonen und fassungslosen Verkäufern«, brummte Gérard, »und dann spielt Schwarzbacke beim Anblick einer gebleichten Melone verrückt…«
»… nachdem er uns mit weißen Kopf-und Barthaaren geschockt hat!« ereiferte sich Micha. »Jetzt wagt er sich nicht aus dem Steuerhaus, weil er dir ja noch einmal die Lügengeschichte herbeten müßte: daß er eigentlich schon lange schneeweiß ist, es nur immer nicht zeigen wollte, aber heute zum Färben zu faul war…«
Superhirn erfuhr sodann vom seltsamen Auftreten der Brüder Lothar und Edgar van Horn. Wie Schwarzbacke sie offenbar im ersten Schreck über die weiße Melone per Funk alarmiert habe und wie sie ihm mit dem aufgespießten Ding am Bootshaken in ihrem »Renner« nachgeprescht seien. Henri schilderte natürlich auch Schwarzbackes Hantieren mit der alten Mammutpistole und wie er selber den »Großadmiral« geblufft hatte.
Superhirn saß einen Moment wie ausgestopft. Alle beobachteten ihn mit äußerster Spannung. Was für einen Vers würde sich der scharfsinnige Junge auf dies alles machen? Noch immer trug er die dunklen Folien vor seinen Brillengläsern, so daß man seine Augen nicht sah. Plötzlich lockerte er sich, als wolle er etwas sagen…
Doch da rief Schwarzbacke aus dem Ruderhaus, aber so, daß man ihn nicht sah:
»Bevor wir Cap Felmy runden – kann einer von euch mal kurz das Lenkrad übernehmen? ich hab was aus der Kajüte zu holen!«
Gérard sprang auf. »Ablösung kommt!« meldete er eifrig.
Tati wandte sich indessen an Superhirn.
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