Surf
blassgrüne Wasser; ich verschluckte mich und hustete. Blieb durch den Auftrieb meines Neoprenanzugs über Wasser und beobachtete die Spitze des Point: Schwalben kauerten sich in kleine Lehmlöcher, die sie sich unter losen Blöcken ausgehöhlt hatten; eine Stadt für eine Saison in einer rasch abbröckelnden Klippe. Niemandem muss noch gesagt werden, dass es im Frühling nur um Sex geht, aber irgendwie ist es doch ein Geschenk, wenn du das an einem Ort siehst, den du einen ganzen Winter über beobachtet hast: Wie ein Insektenschwarm schossen die Kliffschwalben von der Steilwand herab, wirbelten über die Gezeitenniederung, wichen einander aus, zankten sich und flogen im Schwarm wieder zurück. Flatternd stießen sie gegeneinander und drängelten in ihre kleinen Felslöcher. Als eine von ihnen mit dem Kopf voran in ein Loch stoßen wollte, bestieg eine andere sie von hinten, und beide fielen herunter. Verhakt in statischem Geschlechtsverkehr, flatterten sie nicht mit den Flügeln, sondern spreizten sie, formten einen organischen Hubschrauber, und das kopulierende Paar wirbelte hinab auf Sandsteinblöcke zu und trennte sich erst wenige Zentimeter vor dem Aufprall. Dann schossen die beiden zurück in die Wolke sexbesessener Vögel, das Männchen jagte das Weibchen, das sich in dem Riesenclan zu verdrücken suchte. Bald zog es ihn mit sich heraus aus der Gruppe und hoch über den tropfenden Seehafer der Küste; sie täuschten Angriffe vor, wichen einander aus, umflogen sich gegenseitig und schossen wieder auseinander. Als dann Flugbahn und Absichten synchroner wurden, verschlangen sich ihre Körper dreißig Meter über dem Riff ineinander. Und wieder rotierte der Hubschrauber, als sie durch die Luft glitten; tiefer und tiefer herab, und als der Zeitpunkt gekommen war, sich zu trennen und zum Schwarm zurückzukehren, wollten sie nicht. Es war zu spät, die Notbremse zu ziehen, und das Liebespaar knallte hart auf das Riff.
Benommen und verwirrt schüttelten sich die beiden unverletzten Vögel und untersuchten neugierig Muscheln und Seetang. Nicht gerade ein alltäglicher Futterplatz für sie. Dann flogen sie davon. Ich paddelte zu der Stelle, an der sie herabgefallen waren, und sah einen violetten Krebs, halb verschlungen von einer grünen Seeanemone. Eine Zange ragte noch aus dem Schlund heraus, öffnete und schloss sich reflexbedingt. Eine Möwe watschelte durch die seichten Lachen, im Schnabel einen sechzehnarmigen, violetten Seestern; eine unschöne Masse an kleinen, tentakelartigen Beinen baumelte aus dem schmalen Schnabel des Vogels. Die winzigen, durchsichtigen Tentakel an den Armen des Seesterns sind schlauchförmige Füßchen, durch die der Seestern saugen oder klebrigen Schleim ausscheiden kann, wenn er Muscheln und Seegurken auflauert. Es wird behauptet, dass Seeigel, eigentlich ortsfeste kleine Stachelkugeln, die Flucht ergreifen, wenn sich ein solcher Seestern nähert, dass sie übereinander krabbeln und gelegentlich von einem anderen Seeigel abgeworfen werden und direkt im klaffenden Maul einer hungrigen Seeanemone landen. Wenn der Seestern einen Seeigel zu fassen bekommt, verschlingt er ihn ganz und scheidet nur die Stacheln aus. Als ich in die Wellen zurückkehrte, legte sich ein sanftes Licht wie eine Haut über die Tiefe. Zahllose klare, kleine Wellenhügel: vom Kielwasser des Boards, den paddelnden Händen; Mikrokräuselungen, die über die zusammenfließende Rückströmung und die Dünung des Abendwinds liefen. Wenn man ihnen lange genug zusah, waren sie fast zu entziffern.
Nicht weit entfernt trieb der Otter im sich mehrenden Kelp und wurde in der überquellenden Fruchtbarkeit des Frühlings immer dicker; Nordwestwinde wühlten das Wasser auf und brachten massenhaft Nahrung aus der Tiefe zu Tage. Und auch er: Heute war ein anderer Otter bei ihm, ein hellerer und etwas kleinerer Spielgefährte. Sie tobten und rollten durch dicke Stränge Seetang, verloren Seeigel und Muscheln, die sie so mühsam zusammengeklaubt hatten. Bis heute hatte ich vermutet, dass der Bursche Weibchen mied, dachte, der ganze Zirkus um sie herum sei ihm zuwider. Das Werben dauerte nämlich Tage, dann muss das Männchen eine halbe Stunde lang eifrig ran (wenn sie ihn nicht beachtet, stiehlt er ihr wutentbrannt einen Seeigel). Aber heute war auch sie hinter ihm her, und kein eifersüchtiges Junges kam dazwischen. Ich sah, wie sie sich versteifte, mit dem Bauch oben schwamm. Er tauchte unter ihr durch, streckte die Arme aus und
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